Pfaffenhofen
Leader im Kreis Pfaffenhofen: Vom Kriegsschiff bis zum Klimaschutztag

Vier private Initiativen können per Förderung über den Bürgerengagement-Topf in die Tat umgesetzt werden

17.11.2022 | Stand 19.09.2023, 5:10 Uhr

Die Vielfalt kennt beim Leader-Bürgerengagement kaum Grenzen: Oliver Stoll (von links) und Anton Gruber mit einer Kriegsschiff-Miniatur, die Teil der Militärhafen-Ausstellung werden soll. Fotos: Ermert

Pfaffenhofen – Ein Kriegsschiff aus Papperdeckel, Kunstobjekte aus eingesammeltem Müll, ein Alterssimulationsanzug und sogar ein ganzer Klimaschutztag in der Turmberghalle: Die Vorstellungsrunde der neuesten Bürgerengagement-Projekte der Leader-Aktionsgruppe Landkreis Pfaffenhofen entpuppte sich am Dienstag als illustre Runde spezieller Ideen. Deren Umsetzung ist nun mit Hilfe von EU-Fördergeldern gesichert. „Und der Topf ist immer noch gut gefüllt“, erklärte Leader-Managerin Julia Rinne im Beisein von Landrat Albert Gürtner (FW), die allen Engagierten volle Unterstützung signalisierten. Bereits im Februar 2023 ist die nächste Runde „Bürgerengagement“ geplant, bei der die LAG allen erdenklichen privaten Initiativen eine schnelle und unkomplizierte Anschubfinanzierung gewähren kann.

Als „Reise in die Vergangenheit“ deklariert Oliver Stoll seine Militärhafen-Ausstellung aus Papier. Der 65-jährige Gambacher ist seit seiner Kindheit passionierter Bastler von Miniaturen – und neben seinem Hauptberuf als Fahrer eines Öltanklasters auch noch als VHS-Dozent für Militärgeschichte aktiv. Hunderte Kriegsschiffe, Lokomotiven, Waggons, Festungen und nicht zuletzt Soldaten lagern bei ihm. Diverse Ausstellungen in Deutschland und Österreich hat er mit seinen Modellen bereits bespielt, jetzt plant er „zum Abschluss und als Krönung seiner Karriere“, wie Stoll selbst sagt, „noch einmal einen Riesen-Weltrekord, den keiner mehr brechen kann“.

Dazu sucht er für seine Modelle eine große Halle – angedacht ist laut Julia Rinne die Pfaffenhofener Kunsthalle. Diese möchte er „irgendwann im kommenden Jahr“ für längere Zeit in einen gewaltigen Militärhafen samt diverser Zuganbindungen verwandeln. Zur Seite steht im „als Kompagnon und Handlanger“, wie er sich selbst bezeichnet, Anton Gruber. Die beiden sind Seite an Seite im Deutschen Reservistenverband aktiv – und zwar in der Reservisten-Arbeitsgemeinschaft Militärgeschichte. Stoll sagt selbst, dass er langsam sein Alter spürt und merkt, wie ihm das filigrane Basteln der Modelle zunehmend schwer fällt. Daher arbeitet der Gambacher ab sofort ganz aktiv auf das Finale seiner Bastlerkarriere hin – und wird dabei über das Leader-Programm mit 2500 Euro unterstützt.

Einen eigenen Klimaschutztag stellt Korbinian Pöppel in Rohrbach auf die Beine. Die Idee zu der Infomesse in der Turmberghalle ist dem Rohrbacher SPD-Gemeinderat im Rahmen seiner ehrenamtlichen Arbeit im Bürgerarbeitskreis Energie und als Mitglied des Rohrbacher Energie- und Solarvereins gekommen. Als Termin peilt er Ende März 2023 an. Den genauen Tag samt Uhrzeit und genauen Inhalten will Pöppel aber erst noch festzurren – und dann bekanntgeben. „Rohrbach ist halt noch bei Weitem nicht klimaneutral“, startet er seine Ausführungen im Grunde mit einer Kritik am Status quo. Pöppel will die Menschen – sowohl bei der Gemeindeverwaltung, als auch im privaten Raum – zu mehr Einsatz im Rahmen der Energiewende bewegen. Als zentrale Aspekte schweben ihm der Ausbau erneuerbarer Energien, bessere Dämmungen von Gebäuden, intelligentes Heizen per Wärmepumpe und nachhaltige Mobilität vor. „Ich will die Menschen motivieren, informieren und vernetzen. Und das am besten weit über Rohrbach hinaus“, umreißt er seine Vision kurz. Als Startkapital gewährt ihm Leader dafür 2500 Euro.

Das „Alter verstehen und leben“ ist das Motto, das der Idee von Sandra Moll zugrunde liegt. Sie lebt zwar selbst nicht im Landkreis, ist aber als Mitarbeiterin der Gemeindecaritas – also der Schnittstelle des Caritas-Sozialverbands mit der einzelnen Kirchengemeinden und somit den Nachbarschaftshilfen − beruflich in Pfaffenhofen aktiv. Um das Verständnis in der Bevölkerung für die Belange und das Handeln von Senioren zu fördern, will sie einen Alterssimulationsanzug (Modell GERT) anschaffen. Er beantwortet jenen, die ihn anziehen und testen, diverse Fragen: Wie sieht man mit einem grauen oder grünen Star? Was hört ein 80-Jähriger eigentlich noch? Wie lebt es sich mit ständigem Zittern, mit einer Lähmung oder wenn das Knie bei jedem Schritt sticht? „So ein Experiment fördert das Verständnis“, meint Moll. Ihre „Zeitreise ins Alter“ möchte sie im Rahmen ihrer Arbeit neben Schulklassen und Firmgruppen auch Firmen näherbringen. Für den Kauf des Anzugs erhält sie daher aus Leader-Mitteln eine Anschubfinanzierung von 1500 Euro.

Der Ästhetik des Abfalls hat sich Claudia Wastl verschrieben. Die Mitarbeiter der Offenen Hilfen von Regens Wagner stammt aus Junkenhofen – und sie nutzt ihre Zeit häufig dazu, um öffentliche Plätze von Müll zu befreien. Statt ihre Fundstücke jedoch einfach in die Tonne zu werfen, verwandelt sie viel davon in kreative Kunstobjekte. ARTcycling nennt sie diese Herangehensweise – abgeleitet vom englischen Wirt für Kunst und der bekannten Müll-Aufbereitung per Upcycling. „Ich möchte integrativ Kinder mit Behinderungen, aber auch Menschen jeden Alters ohne Einschränkungen zusammenbringen“, beschreibt sie ihren Antrieb. Wastl möchte mit dem Vorhaben mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: die Natur sauberhalten, ein künstlerische Betätigungsfeld schaffen sowie den Blick der Teilnehmer schärfen und Menschen inklusiv zusammenbringen. Dazu plant sie unter anderem offene Treffs, aber auch Workshops, um ihr ARTcycling unters Volk zu bringen. Dabei mithelfen sollen immerhin 700 Euro aus der Leader-Förderung. Einen Fan hat sie offenbar schon gewonnen. Denn Julia Rinne ergänzt mit Blick auf die Kunstwerke auf Wastls Tisch abschließend: „Eine Ausstellung wäre auch schön.“

PK