Ingolstadt
In der Krise läuft's

Viele Menschen entdecken in Corona-Zeiten den Sport für sich - und bereichern damit Körper und Psyche

06.05.2020 | Stand 23.09.2023, 11:56 Uhr
Der Lauf-Hotspot der Ingolstädter: Am Baggersee sieht man derzeit jede Menge Jogger. Die 5,3 Kilometer lange Strecke lockt die Sportler nicht nur zu Corona-Zeiten durch das tolle Ambiente an. −Foto: Eberl

Ingolstadt - Der Halbmarathon ist verschoben, der Tennisplatz noch gesperrt, das Fitnessstudio dicht, und die bayerischen Amateurfußballer pausieren bis September: In der Corona-Krise sind die meisten sportlichen Aktivitäten nicht möglich.

 

Doch gerade jetzt zieht es viele Menschen nach draußen, um Körper und Geist fit zu halten. Wir nehmen die neue Lust an der Bewegung genauer unter die Lupe.

Selbst Christian Drosten empfiehlt, die Laufschuhe anzuziehen und ein paar Runden zu drehen. Zum Joggen rauszugehen sei "vollkommen ungefährlich", sagte der Chefvirologe der Berliner Charité in seinem NDR-Podcast. "Es ist ja auch total wichtig, dass die Leute Sport machen können. Viele werden das sogar jetzt für sich entdecken. "

Alle Folgen: Neue Lust an der Bewegung

In der Krise läuft's

"Wichtig sind Respekt und Rücksicht"

"Das ist dann wie Zähneputzen"

Fit in den eigenen vier Wänden

"Das ist die schönste Strecke Bayerns"

Laufrunden statt Fitnesskurse

Laufen als Balsam für die Seele

"Unendlich viele Möglichkeiten"

#laufenmachtglücklich

Digitale Laufkontrolle

Tatsächlich sieht man seit Beginn der Corona-Krise viel mehr Menschen um Seen laufen, durch Parks spazieren oder entlang der Donau radeln. Die Leute treibt es nach draußen, raus aus dem Home Office, rein in die Natur. Aber auch Home Work-outs sind stark im Trend, auf YouTube beispielsweise haben Videos mit entsprechenden Fitnessübungen für zu Hause Hochkonjunktur, solange die Fitnessstudios weiter geschlossen haben. Wegen der Corona-Pandemie waren zuletzt nur noch Individualsportarten möglich - doch die werden in Deutschland fleißig ausgeübt. Eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Deutschen Presseagentur ergab, dass immerhin zwölf Prozent der Befragten sich seit der Krise sogar mehr bewegen als zuvor.

"In Zeiten von Corona, wenn jeder viel zu Hause ist und viele Leute Home Office machen, ist es unglaublich wichtig, dass man seinen Geist und seinen Körper in Verbindung hält und aktiv ist", sagt Maritta Becker. Die Fitnesstrainerin des ERC Ingolstadt ist selbst ein Muskelpaket, doch das sei gar nicht mal notwenig. "Es muss nicht sein, dass man ein extremes Training absolviert, es reichen auch Spaziergänge. Aber es ist extrem wichtig, dass man sich bewegt, um psychisch, physisch und vital aktiv zu bleiben", erklärt die ehemalige Eishockey-Nationalspielerin und dreifache Olympia-Teilnehmerin.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt 150 bis 300 Minuten Bewegung pro Woche. Die einfachste Methode, um diese Vorgabe zu erfüllen, ist das Laufen. "Du ziehst einfach deine Schuhe an und los. Man braucht keine besondere Ausrüstung dazu", sagt der Ingolstädter Laufexperte Benjamin Ziegaus. Laufen ist zudem problemlos alleine möglich. Wer außerdem an der frischen Luft sportelt, sammelt Vitamin D, was sich positiv auf die Gesundheit auswirkt.

Doch es gibt noch viel mehr Gründe, weshalb Laufen für den Körper gerade jetzt eine gute Idee ist. Man stärkt dabei Muskulatur und Herz-Kreislauf-System, verbessert das Immunsystem und maximiert die Lungenleistung. "Laufen ist gut für die Belüftung der Lunge. Die Atmung wird angestrengt, das Herz schlägt schneller", erklärt der Ingolstädter Orthopäde Thomas Roßberg. Wer sich bewegt, beugt auch Krankheiten wie Bluthochdruck und Diabetes oder Schlaganfälle vor - also Vorerkrankungen, die bei einer Virusinfektion zusätzlich belasten.

Auch der Psyche kann es Stabilität verleihen, sich die Turnschuhe anzuziehen und eine halbe Stunde durch den Park zu rennen. "Es ist natürlich wahnsinnig gut für die Psyche, wenn man sich draußen bewegt oder überhaupt Sport macht", findet Roßberg. "Und zum Stressabbau hilft es auch, weil wir etwas für uns selber tun. " Tatsächlich ist die derzeitige ungewisse Situation für viele Menschen nichts anderes als purer Stress. Da helfen körperliche Aktivitäten durchaus, um den Kopf freizubekommen, um Struktur in unseren Alltag zu bringen, um die Stimmung zu verbessern. Sport als Anker im Sturm. "Wenn man Sport gemacht und sich angestrengt hat, werden Endorphine freigesetzt, die einem ein Gefühl der Befriedigung geben", erklärt Roßberg. "Man schlägt also damit mehrere Fliegen mit einer Klappe. "

Ziegaus geht sogar noch einen Schritt weiter: "Wenn man das Laufen gewohnt ist, ist es schon fast im Bereich der Meditation, weil man dabei komplett abschalten kann", erklärt der Laufexperte. "Das gelingt mir auch. Man spricht dann ja immer davon, dass man in einen Flow gerät. Das kann sich ein Anfänger nur noch nicht so vorstellen, weil es am Anfang ein Kampf ist. "

Damit es kein Kampf bleibt, gibt Ziegaus in unserer nächsten Folge allen Laufanfängern Tipps - von den passenden Schuhen über das richtige Maß an Einheiten bis hin zur geeigneten Musik.

Die Baggerseen sind voller Jogger, zu Hause ist Home Work-out angesagt: Die Corona-Krise bringt viele Menschen zum Sport. In unserer Serie "Neue Lust an der Bewegung" erklären wir, worauf Anfänger und Wiedereinsteiger achten sollten.

DK

 

Julia Pickl