Wolnzach
Ukrainehelfer haben nur einen Wunsch: „Dass der Krieg endlich aufhört“

Ihor Matushevskyy aus Lemberg und Brigitte Weber aus Wolnzach danken Spendern und Unterstützern

08.08.2022 | Stand 22.09.2023, 7:06 Uhr

Direkt nach der Ankunft in Lemberg werden die sauber verpackten Spenden verladen und verteilt. Foto: privat

Von Karin Trouboukis

Wolnzach – Die Ukrainehilfe bestimmt das Leben der Familie Weber aus Wolnzach. Seit Jahrzehnten schon. Was mit der Unterstützung ursprünglich eines Kinderheims angefangen hat, bekam nun durch den russischen Angriffskrieg ganz andere Dimensionen: Praktisch rund um die Uhr sind Brigitte Weber und ihr Mann Peter im Einsatz, telefonieren, mailen, planen, trösten – und weinen.

Es gibt auch Todesnachrichten. Sterbebilder, die Vertraute der Wolnzacher Ukrainehilfe schicken. Von Angehörigen, für die sie gebetet haben. Wenn Brigitte Weber ihren Rechner einschaltet, kann sie nicht anders, sie muss auch diese Bilder immer wieder anschauen. „Schlimm“, ist das Einzige, was sie dazu sagen kann, wenn sie in das Gesicht eines jungen Mannes in Tarnkleidung schaut. „Sein letztes Foto“, sagt sie. Kurz darauf sei er gefallen, irgendwo im Kugelhagel.

Dass Brigitte Weber seit über 30 Jahren die zentrale Figur der Wolnzacher Ukrainehilfe ist, das wissen mittlerweile viele Menschen. Nicht nur aus Wolnzach, sondern aus dem ganzen Landkreis Pfaffenhofen und darüber hinaus. Sie vertrauen ihrer Organisation, weil sie ihnen die Sicherheit gibt, dass all das, was sie geben, sicher ankommt. Und zwar zuverlässig bei denen, die es am nötigsten brauchen.

Das Handy klingelt bei Brigitte Weber. Ihr Mann Peter reicht es weiter, ein Videoanruf aus Lemberg. Das Gesicht Ihor Matushevksyys erscheint auf dem Display. Er lächelt und freut sich, weil er jetzt direkt Gelegenheit hat, etwas zu sagen, was ihm so sehr am Herzen liegt: „Ich möchte allen Menschen sehr danken“, sagt er. „Diese Hilfe, die wir bekommen, ist so wertvoll.“ Und der direkte Kontakt nach Wolnzach sei für ihn wie ein Anker in einer Zeit, in der nichts mehr so ist, wie es einmal war.

„Wir sind seit 160 Tagen in vollem Krieg“, erzählt Ihor. Erst gestern gab es in Lemberg wieder Luftalarm. Wenn die Sirenen heulen und die Raketen ihre Ziele suchen, dann solle man am besten in den Keller oder in den Bunker. Den haben aber nicht alle. Ihor weiß, was dann zu tun ist, weil es mittlerweile für ihn und viele andere Alltag ist: „Dann soll man am besten in einen Gang gehen, also zwischen zwei Wände. Oder ins Badezimmer.“ Alles andere sei zu gefährlich. Eigentlich sei der Wolodymyr Fonds, die Organisation, für die Ihor sich einsetzt und mit der die Wolnzacher Ukrainehilfe seit Jahrzehnten zusammenarbeitet, gegründet, um Kindergärten, Schulen und junge Menschen in der Ausbildung zu unterstützen sowie caritative Hilfe zu leisten. Der russische Angriffskrieg habe viel verändert, jetzt gehe es um Notversorgung, um Medikamente, Verbandsmaterial, Krücken, Decken. Was immer akut gebraucht wird, wird per E-Mail an die Webers geschickt – und entsprechend gesammelt. „Was auch immer wir gebraucht haben, die Leute haben es sofort gegeben. Das ist Wahnsinn“, sagt Brigitte Weber.

Beispiele? 2500 Decken, Schlafsäcke und Isomatten, rund 150 Krücken wurden gebracht, kaum, dass der Spendenaufruf raus war. Dazu acht gebrauchte Krankenbetten, medizinische Liegen, Toilettenstühle, Rollatoren, Plüschtiere als Tröster für die Kinder, Spielsachen, Kinderwägen. Oder Stiefel für die Feuerwehr. Nicht zu vergessen mittlerweile rund 200000 Euro an Geldspenden, von denen alleine 100000 Euro gezielt für medizinische Ausstattung, Ampullen, Medikamente – fachlich betreut und organisiert von einem Wolnzacher Arzt, der eng mit der Ukrainehilfe zusammenarbeitet – ausgegeben wurden, Transporte finanziert werden. Und immer geht auch ein Teil des Geldes auf ein polnisches Konto zur sofortigen Verfügbarkeit von Ihor und seinen Vertrauten. Sieben Transporte haben Wolnzach seit Beginn des Angriffskriegs verlassen, immer wurden sie in Lemberg entladen, mit Kleinbussen werden die Sachen dann direkt verteilt.

Auch Brigitte Weber möchte Danke sagen: „Für die vielen Geld- und Sachspenden, an alle, die uns in irgendeiner Weise immer unterstützen.“ Ende August soll wieder ein Transport starten, der achte seit Kriegsbeginn. Wieder wird er sehnsüchtig in Lemberg erwartet werden. Noch sehnsüchtiger aber warten alle auf eines. Ihor sagt es in einfachen Worten so: „Dass der Krieg endlich aufhört.“

WZKonto der Ukrainehilfe Wolnzach; Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte eG; Iban DE89 7216 0818 0006 6228 87.WZ