Serie: Eishockey in Europa
Kris Sparre und Stefan Wagner über Corona und die österreichische Liga

Serie "Eishockey in Europa", Folge 3

25.10.2020 | Stand 23.09.2023, 14:59 Uhr
Kris Sparre hat nur ein Ziel: Das 4:3 in der 49. Minute. −Foto: Oliver Strisch

Die Corona-Krise hat das deutsche Eishockey lahmgelegt – doch andernorts wird wieder gespielt: In der nächsten Folge unserer Serie über die Lage im europäischen Eishockey berichten Kris Sparre, ehemaliger Spieler des ERC Ingolstadt, und Stefan Wagner, einst Sportmanager und Geschäftsführer bei den Panthern, über die Situation in der österreichischen ICE-Hockey-League.

Der Mannschaftsbus war bereits auf dem Weg nach Bratislava, als die Testergebnisse eintrafen – und sich die Befürchtungen bestätigten. Fünf Spieler des HCB Südtirol, darunter Ex-ERC-Stürmer Brett Findlay, waren positiv auf das Corona-Virus getestet worden. Der Bus kehrte zurück nach Bozen, die komplette Mannschaft wurde in Quarantäne geschickt. Dabei hätten die „Foxes“ die neue Saison der ICE-Hockey-League am letzten Septemberwochenende gegen die Bratislava Capitals eröffnen sollen. Nun schien das wacklige Gerüst, auf dem der Spielbetrieb in der grenzüberschreitenden Liga stand, einzustürzen.

Doch davon abbringen hatte sich in der Liga niemand lassen – allen Unwägbarkeiten, Fragezeichen und Risiken zum Trotz. „Sie wollten von Beginn an spielen, es gab nie Zweifel an einem Saisonstart“, sagt Kris Sparre, Co-Trainer bei Red Bull Salzburg: „Und sie haben ein richtig gutes Konzept ausgearbeitet, um in den Spielbetrieb zurückkehren zu können.“ Bisher durften 1500 Zuschauer mit Mund-Nasen-Schutz in die Arenen, am Montag beschränkte die österreichische Regierung die Zuschauerzahl als Reaktion auf die steigenden Corona-Zahlen auf 1000 Fans. Essen und Trinken sind nicht mehr erlaubt. „Die Unterstützung der Fans war bisher großartig“, so Sparre.

Alle Folgen "Eishockey in Europa"

Ex-ERC-Profi Koistinen über die Corona-Situation in der finnischen Liiga

ERC-Meistertrainer Sundblad über Corona und die schwedische Liga

Kris Sparre und Stefan Wagner über Corona und die österreichische Liga

ERC-Nachwuchschef Bares über Corona und die tschechische Extraliga

Ex-Nationalspieler Reto Kobach über den Corona-Spielbetrieb im Schweizer Eishockey

So düster steht es um das europäische Eishockey

Auch die Regeln auf dem Eis wurden verschärft; für Spucken etwa können die Profis bis zu fünf Spiele gesperrt werden. Eine Partie findet statt, solange ein Team zehn Feldspieler und einen Torhüter stellen kann. Um Zeit für Nachholspiele zu haben, wurde die Saison früh gestartet. Sollte sie am Ende nicht reichen, wird die Meisterschaft angepasst: Die Zwischenrunde könnte gestrichen, die Play-off-Phase reduziert werden. „Wir schauen Schritt für Schritt, dass wir so viel Eishockey wie möglich vor so vielen Zuschauern wie möglich haben”, so Liga-Geschäftsführer Christian Feichtinger. Die „International Central European Hockey League“, wie die frühere EBEL nun heißt, bringt als besondere Herausforderung mit sich: Neben den acht österreichischen Teams ist je ein Klub aus der Slowakei, Italien und Ungarn teil.

„Das ist schon in Zeiten ohne Corona nicht einfach und sehr aufwändig zu organisieren“, sagt Stefan Wagner, der bis vor Kurzem als Manager in Salzburg arbeitete. Hinzu kommen nun unterschiedliche Länderverordnungen zu Corona oder mögliche Reisebeschränkungen. „Klar wäre es einfacher, wenn jeder in einem Land spielen würde, denn natürlich bringt diese Konstellation Herausforderungen mit sich – grundsätzlich und besonders in dieser Saison“, erklärt Sparre: „Aber das macht es auch einzigartig – und cool.“ Um Kosten zu sparen, setzen die Klubs auf Nachwuchsspieler. Neue Stars wurden kaum verpflichtet, Spieler aus dem Ausland gibt es weniger.

Dafür sind einige Eishockey-Cracks aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) oder der zweitklassigen American Hockey League (AHL) ausgeliehen, solange ihre Ligen pausieren. Die meisten ICEHL-Klubs spielen in ursprünglichen Eishallen, die im Vergleich zu den Multifunktionsarenen in der DEL viel weniger Kosten kreieren. Von staatlicher Seite werden Österreichs Profisportligen 2020 und 2021 aber auch mit jeweils 35 Millionen Euro unterstützt, die Summe wird unter den rund 80 Top-Vereinen aus dem Covid-19-Förderprogramm aufgeteilt. Bis auf den verpatzten Saisonstart geht das Konzept bisher auf. Zwar mussten am vergangenen Sonntag zwei weitere Spiele verschoben werden. Doch eingestürzt ist das Gerüst noch lange nicht.

Zur Person

Kris Sparre (33) stürmte von 2011 bis 2013 beim ERC Ingolstadt. Seit dem Karriereende ist der Deutsch-Kanadier Co-Trainer, seit 2019 bei Red Bull Salzburg. Stefan Wagner war von 2002 bis 2007 ERC-Sportmanager und zeitweise Geschäftsführer. Im Mai musste der 47-Jährige die Salzburger nach sieben Jahren als Managing Director Sports verlassen.

Weitere Episoden

Folge 1: Ex-ERC-Profi Koistinen über die Corona-Situation in der finnischen Liiga.

Folge 2: ERC-Meistertrainer Sundblad über Corona und die schwedische Liga.

Julia Pickl