Orientierungslauf
Wildes Tüten sammeln am Hauptplatz

Bei den bayerischen Meisterschaften im Orientierungslauf wusste nicht jeder Beobachter, um was es geht

22.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:51 Uhr

Keine Scheu vor dem Wasser zeigt hier die D16-Zweite Lena Baath (TSV Jetzendorf). Kein Wunder, es herrschte eine Tropenhitze in der Pfaffenhofener Innenstadt. Foto: OL-Verband Bayern

Von Horst Kramer

Pfaffenhofen – Einige Spaziergänger wirkten am vergangenen Sonntagvormittag sehr verwundert, als erst einer und dann weitere Läuferinnen und Läufer auf dem Hauptplatz an ihnen vorbeieilten. Jeder und jede für sich, alle schienen auf der Suche zu sein.

Die Paare und Passanten, die in einem der Cafés verweilten und Zeit hatten, das seltsame Treiben zu beobachten, konnten zumindest erahnen, um was es ging: Die Sportler waren auf der Suche nach orange-weißen Tüten, die an einigen Stellen in der Innenstadt aufgehängt waren. Etwa an einem Holzgestell, das mitten zwischen die Wasserfontänen aufgestellt war. Dass diese seltsamen Aktiven sich nicht daran störten, nass zu werden, war nicht verwunderlich: Denn auch an diesem Tag war es tropisch heiß in der Stadt.

Des Rätsels Lösung lautete: Diese Menschen waren Orientierungsläufer, eine interessante Sportart (abgekürzt: OL), die vor rund 20 Jahren aus Skandinavien nach Deutschland kam. Dabei geht es darum, die erwähnten Tüten mithilfe einer Karte und eines Kompasses zu finden, sogenannte „Posten“, und das Auffinden durch ein Signal zu bestätigen. Allerdings muss man die Posten in einer vorgegebenen Reihenfolge anlaufen. Massenstarts verbieten sich daher, dann würden alle dem Führenden einfach hinterher laufen. Also wird in Zeitabständen gestartet.

In Pfaffenhofen waren nicht irgendwelche OL-Aktive, sondern die besten Bayerns. Die sehr engagierte OL-Abteilung des TSV Jetzendorf richtete die Meisterschaft aus.

Tatsächlich strauchelten gleich zwei der Favoriten: Der H19-Elite-Junior (wie U19 beim Fußball) Philipp Schwarck (OLG Regensburg) hatte den Posten P9 vergessen und wurde später disqualifiziert. „Er wäre wahrscheinlich Sieger geworden“, kommentierte der Organisationschef Veikko Bath. Ähnlich erging es Blandine Ehrl (OC München), die D35-Favoritin (wie W35 bei Läufen und Leichtathletik): Sie rannte zwei Posten in der falschen Reihenfolge an.

Auch einer der Jetzendorfer Lokalmatadoren hatte Probleme: Der H16-Athlet Ole Baath (Sohn des Orgachefs), ein Mitglied des Nationalkaders, hatte mit einer Erkältung zu kämpfen. Er wurde nur Zweiter und musste am Nachmittag auf eine Staffelteilnahme verzichten. Dafür holte sich seine Schwester Fina ihren ersten bayerischen Meistertitel in der Altersklasse D14. Conny Holz wurde Dritte bei den D16-Juniorinnen sowie auch James Ebert bei den H12-Jungen. Die beste Jetzendorfer Platzierung bei den Erwachsenen-Altersklassen errang Josephine Ebert als D35-Vierte.

Die meisten Titel räumten die Regensburger ab (13), darunter auch beim Staffelrennen. Das Trio TSV Jetzendorf 1 wurde Elfter unter 34 Teams.

Nicht alle Innenstadt-Besucher reagierten verwundert auf das Geschehen. Als die Helfer des TSV Jetzendorf nach der Veranstaltung ihre Posten einräumen wollten, intervenierte ein Anwohner leidenschaftlich: „Nein, lasst das hängen. Das gehört zu einer Sportveranstaltung.“ Zumindest dieser Mann war gut informiert.

PK