Mit 900 PS unterwegs
Pfaffenhofener bei Vilshofener Drag-Race

18.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:42 Uhr
Erhard Wallenäffer

Qualmende Reifen und röhrende Motoren haben die Drag-Rennen auf dem Flugplatz bei Vilshofen geprägt. Zu sehen waren nicht nur US-Klassiker wie der Chevrolet Camaro (links) oder der Dodge Challenger Hellcat (rechts), sondern auch unscheinbare VW-Busse, die in Sekunden einen Turbostart hinlegten. Fotos: Wallenäffer

Von Erhard Wallenäffer

Pfaffenhofen/Vilshofen – „Ilmmünster gegen Pfaffenhofen“, das war das Duell am Himmelfahrtstag, auf dem Rollfeld zwischen Deggendorf und Passau. In der Tat klingt das kurios, jedoch fuhren Christoph Oberleiter und Michael Wildgruber in Vilshofen um die Wette, auf dem dortigen Flugplatz am Donauufer nämlich. Das Spektakel hieß „Race at Airport“, dabei schossen an die 150 Rennfahrer mit ihren Autos und Motorrädern über die 402 Meter lange Strecke innerhalb der Start- und Landebahn. „Es gibt was auf die Ohren und auf die Augen“, kündigten die Ausrichter schon vorher an. Sie behielten recht: Die Massen an Fans waren begeistert, Oberleiter und Wildgruber stellten neue persönliche Rekorde auf.

Fotografieren, filmen, durch das Fahrerlager spazieren, einen Blick auf die Cockpits der Autos werfen und vielleicht sogar Probesitzen. Beim Drag-Race auf dem Vilshofener Flugplatz war das nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht. Der Streckensprecher forderte die wohl nahezu 10000 Fans immer wieder dazu auf: „Geht’s hin zu den Piloten, schaut’s euch die Renner an und lasst’s euch alles erklären!“ Mehr Motorsport zum anfassen geht ja gar nicht mehr. Jedenfalls waren Jung und Alt entflammt, wenn beispielsweise ein ausgemergelter VW-Bus an der Startampel stand und unversehens im Stil einer Rakete auf die Viertelmeile schoss.

Man wäre halt bei so manchem unscheinbaren Gefährt nie auf die Idee gekommen, dass da unter dem Blech ein gigantisches Triebwerk werkelt. Auch immer wieder zu finden: Die Lachgasflasche auf dem Beifahrersitz oder im Kofferraum. Das Distickstoffmonoxid gibt im Brennraum eine Extraportion Sauerstoff frei, wodurch die ohnehin schon unfassbar starken Aggregate noch mehr Schub liefern. Dann qualmen beim Start die Reifen, die Flammen lodern aus den Endrohren, die Trommelfelle bersten fast und das Bier sprudelt in den Bechern.

Christoph Oberleiter lässt das kalt: Der 42-Jährige kennt schließlich die Leistungsmerkmale der Königsklasse Top Fuel (TF), die in Vilshofen nicht auf dem Programm stand: „Dabei wird Nitromethan in die Brennräume eingespritzt und die Motoren leisten über 8000 PS. Bis zu 500 Kilometer pro Stunde wird es dann schnell.“ Für Oberleiter mit seinem Dodge Challenger Hellcat nicht zu schaffen, aber in Vilshofen gehörte der Ilmmünsterer zu den Schnellsten. Auf 11,536 Sekunden drückte er seinen persönlichen Bestwert – rund sechs Hundertstelsekunden schneller war das, als bei seiner bisherigen Rekordfahrt. „Das hört sich wenig an, aber beim Drag-Race ist das eine Welt“, stellt Oberleiter klar.

Heuer hat er seiner Hellcat ein neues Kühlsystem spendiert, welches in Niederbayern erstmals tadellos funktionierte. Das „Mega-Eisenschwein“ – so betitelt Oberleiter seine 900 PS-Kompressor-Maschine – war immer zu heiß geworden, wodurch Leistung verloren ging. Aber am Montag passte die Temperatur, weshalb am Ende Platz zwei in der Klasse Sieben (US-Cars) heraussprang. Nur Sam Pelkonen aus Ulm war mit seinem Chevrolet Nova um Nuancen schneller.

Außerdem schaffte es noch ein Pfaffenhofener auf das Podium: Auch Michael Wildgruber katapultierte seinen Chevrolet Camaro so schnell wie noch nie über die 402-Meter-Strecke. Exakt 11,62 Sekunden zeigte das Display auf der ausgebrannten Wiese neben der Start- und Landebahn an. Seit 2009 optimiert der 39-Jährige ständig sein „Hausfrauenauto“, denn als solches habe er den schwarzen Camaro bekommen, wie er berichtet: „Damals habe ich das Fahrzeug aus Kalifornien importieren lassen, drüben wurde der Renner aber nur halbherzig im Drag-Racing eingesetzt.“ Mittlerweile kann Wildgruber den Schub von 700 PS nutzen, um nach neuen Bestzeiten zu jagen. Dafür brauchte es ein Sieben-Liter-V8-Triebwerk, welches der Maschinenbau-Ingenieur selber gebaut hat, wie er beteuert: „Da ist nichts von der Stange. Außerdem vertragen das Getriebe und die Hinterachse die Belastungen von rund 1000 PS.“ Auch im direkten Duell traten Oberleiter und Wildgruber auf der Vilshofener Highspeed-Piste an, da kündigte der Streckensprecher launig an: „Jetzt haben wir den Kampf: Altes US-Eisen gegen neues US-Eisen.“ Mit alt war Wildgrubers Camaro gemeint, welcher Baujahr 1968 ist, und mit neu Oberleiters Hellcat aus der Gegenwart. Am Ende konnte sich der Dodge knapp durchsetzen.

PK