Jugendfußball
Hier schießt jeder ein Tor

TSV Burgheim beteiligt sich am „Tag des Kinderfußballs“ – Kids üben neue Regeln ein und haben Spaß

26.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:16 Uhr

Los, dem Ball hinterher! Wer ist der Schnellste? Die Kinder hatten großen Spaß am Turnier in Burgheim. Foto: Bartenschlager

Burgheim – Florian hat sich den Ball geschnappt, dribbelt auf das Tor zu und zieht ab. Siegessicher reckt der Siebenjährige die rechte Faust in die Höhe, aber da – Peter wirft sich dazwischen, rutscht auf den Ball zu und kickt ihn mit solcher Wucht weg, dass das Spielgerät zwischen der metallenen Bande und dem Rasen eingeklemmt wird. Mit Mühe und mit Hilfe eines Erwachsenen bekommen die jungen Spieler ihren Ball wieder frei – und das Match kann weitergehen.

Der Bayerische Fußballverband (BFV) hat am Wochenende den „Tag des Kinderfußballs“ ausgerufen. In allen 22 Fußballkreisen des Freistaates fanden Festivals für die G- und F-Jugend statt, mehr als 130 an der Zahl, unter anderem auf dem Gelände des TSV Burgheim. Scharen von Kindern tummeln sich auf dem Fußballplatz, der in sechs Spielfelder je 20 auf 25 Meter aufgeteilt ist. Gespielt wird im Modus Drei gegen Drei ohne Torwart – und auch sonst gibt es einige Besonderheiten.

Dieses System, das gravierend vom bisherigen Sieben gegen Sieben abweicht, ist nicht mehr brandneu, eingeführt wurde es 2018, aber bei etlichen Vereinen ist es noch nicht angekommen. Auch die Burgheimer Jüngsten spielen im Ligabetrieb nach den alten Regeln. Die aber werden nicht mehr allzulange gelten: Ab der Saison 2024/25 sind die neuen verpflichtend.

Munteres Spiel

Auf dem Rasen geht es munter zu. Die F1-Jugend ist am Zug. „Johann, drauf! Die brauchen dich, so viele seid ihr ja nicht“, feuert Regina Lindner aus Oberhausen ihren Sprössling an. Da immer nur ein Trio eine Mannschaft bildet, ist jeder gefordert und auf jeden Einzelnen kommt es an. „Hier spielen alle“, hebt Thomas Künzel diesen Vorteil heraus. Der Vorsitzende des BFV-Kreises Augsburg und stellvertretende Bezirksvorsitzende, beobachtet das Geschehen. „In einer Siebener-Mannschaft kann man sich auch mal verstecken, hier nicht“, erklärt er und nennt einen weiteren Pluspunkt: „Manche Kinder sind etwas schwächer und die klassischen Ersatzspieler. Sie bekommen nur wenige Minuten zugestanden. Da können sie sich natürlich nicht weiterentwickeln.“ Hier sei das anders.

Obwohl: Ein vierter Spieler steht durchaus bereit. In Johanns Mannschaft greift er jetzt ein. Die Gegner vom Team Ober-/Unterhausen sind alle einen halben Kopf größer und kräftiger und haben sich in schneller Folge drei Tore Vorsprung erarbeitet. Der vierte Spieler soll ein Patt zwischen dem unterlegenen und dem stärkeren Team erzeugen. Beträgt der Unterschied nur noch zwei Tore, verlässt er wieder das Feld. „Ein Spiel soll nicht mit 10:0 ausgehen“, erklärt Künzel. Die Kleinen sollen Freude am Spiel entwickeln, nicht Frust. Und: Jeder soll Tore schießen. Das gelingt hier auch. „Ich hab’ schon zwei“, reckt ein Dreikäsehoch die Finger empor und signalisiert den stolzen Eltern seinen Erfolg.

Zwei Tore auf jeder Seite

Apropos zwei Tore: Auf jeder Seite stehen zwei der kleinen Kästen. Jedes ist 1,20 Meter breit und 80 Zentimeter hoch. Viel Auswahl für die Kicker, die dadurch lernen, räumlich zu denken, Lücken zu erkennen und ihre Chancen auszurechnen. Gerade ist der Ball wieder im Tor gelandet. Johann war einen Tick zu langsam. Jetzt holt er das Spielgerät heraus. Das nutzt ein Gegner und in einem unbeobachteten Moment schiebt er die 290 Gramm schwere Kugel erneut ein. So geht das aber nicht! Johann und seine Freunde protestieren vernehmlich. Nach kurzer Diskussion ist alles klar. Das Tor zählt nicht. Auch das ist eine der Neuerungen. Die jungen Kicker sollen sich untereinander, ohne Schiedsrichter, einigen. Das klappt recht reibungslos. Zu Streitereien kommt es an diesem Tag nicht. Wenn keine Einigung erzielt würde, sieht das Reglement eine kuriose Lösung vor. Die Kinder spielen „Schnick, Schnack, Schnuck“. Wer hier gewinnt, hat Recht.

Künzel räumt ein, dass es unter Erwachsenen öfter Vorbehalte gegen diese Spielform gibt. „Bei den Kids gar nicht, und wer sich von den Erwachsenen einmal damit ernsthaft befasst hat, ist in der Regel angetan.“ Der Kreisvorsitzende weist auf eine lineare Entwicklung hin: Zunächst das Spiel Drei gegen Drei, dann Fünf gegen Fünf mit Torwart, später das Sieben gegen Sieben, das Neun gegen Neun und schließlich stehen sich zweimal elf Spieler gegenüber. Das mache das Ganze spannender für die Kinder, findet Künzel. Vereine, die sich auf dieses System einlassen, verzeichnen einen großen Andrang beim Nachwuchs, versichert der Kreisvorsitzende. Er kennt aber auch den Gegenwind. Das sei gar kein richtiger Fußball, heiße es dann. Künzel teilt diese Meinung nicht. Es sei ein kindgerechter Fußball, für die vier- bis sechsjährigen G-Jugendlichen und die Sieben- bis Achtjährigen bei der F-Jugend.

Aus dem Lautsprecher dringt „Thunderstruck“ von ACDC. Die letzten 60 Sekunden der sieben Minuten dauernden Matches legt Roger Bergmüller Musik auf, um den Kindern zu signalisieren, dass das Spiel bald zu Ende geht. Bergmüller ist als Kleinfeld-Jugendleiter des TSV Burgheim für den reibungslosen Ablauf verantwortlich. Von seinem Vorgänger Helmut Meier wird er dabei unterstützt – und von 35 Helfern, die sich um die Organisation, die Verpflegung und die Ausrüstung kümmern. Die Hälfte der Tore hat der Verein selbst, die andere Hälfte hat der BFV mitgebracht. Der Verband hat auch die kleinen Fußbälle der Größe 3 gestiftet.

Hoher Aufwand bei der Organisation

Die Felder müssen hergerichtet und abgesteckt sein, die Tore platziert, die Kinder auf die richtigen Plätze eingewiesen werden, der Aufwand ist groß. Aber er hat sich gelohnt. „Cool, das Tore schießen“, findet Maxi Lehmeier vom SV Grasheim. Und er selbst? „Geht, so, drei oder vier.“

Auch Regina Lindner ist angetan: „Ich find’s gut, dass es so viele Spiele gibt, so geringe Wege und so viel Ballkontakt“, sagt sie. Schade findet sie nur eines: „Dass es keine richtige Siegerehrung gibt.“ Aber auch das ist Absicht: Jeder soll sich als Sieger fühlen.

Im Fußballkreis Augsburg soll der „Tag des Jugendfußballs“ keine Eintagsfliege bleiben. „Wir werden jedes Wochenende ein solches Turnier anbieten, immer bei einem anderen Verein“, versichert Sandra Künzel, die Mini-Fußball-Beauftragte des Kreises.

DK