Stockschiessen
Das Hamstern von Titeln geht weiter

Veronika Filgertshofer und ihr Team vom TSV Kühbach sind heuer wieder die Nummer eins in Deutschland

19.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:31 Uhr

Die Deutschen Meisterinnen 2022 im Eisstockschießen auf Sommerbahnen: (hinten, v. l.) Franziska Schwertfirm, Irmgard Baumgartner, Heidi Baumgartner sowie (vorne, v. l.) Jessica Gamböck und Veronika Filgertshofer vom TSV Kühbach. Foto: privat

Von Roland Kaufmann

Schaftlach/ Kühbach/Sattelberg – Was der FC Bayern München in Sachen Herrenfußball ist, das stellt der TSV Kühbach nun beim Stockschießen der Damen dar. Ja, seit dem vergangenen Wochenende darf auch er sich als deutscher Rekordmeister in seiner Sportart bezeichnen. Zwar nicht allein, sondern gemeinsam mit drei weiteren Klubs (EC Passau-Neustift, SV Mehring, RSV Büblingshausen) – aber immerhin.

Jeweils acht Titel hat jeder dieser Vereine mittlerweile eingesammelt – eine stolze Zahl. Und bei den Kühbacherinnen immer mit dabei war Veronika Filgertshofer. Es gibt tatsächlich nichts mehr, was der Ausnahme-Athletin aus Sattelberg noch fehlt in Sachen Erfolgen. So wurde die mittlerweile 39-Jährige bereits Weltmeisterin (2008) sowie zweifache Europameisterin (2003, 2006) mit dem deutschen Zielteam, ergatterte bei internationalen Titelkämpfen immer wieder eifrig Edelmetall, holte mit ihrem TSV den Europacup – und so weiter, und so weiter.

„Eine Routine beim Siegen, das ist völliger Quatsch“

Das jetzt, an diesem Wochenende, in Schaftlach (Landkreis Miesbach) ihr zehnter DM-Titel hinzukam – neben den acht mit dem Team hatte sie ja auch schon zwei im Einzel gewonnen: Filgertshofer freut sich darüber, als wäre es ihr allererster Triumph bei einem großen Wettbewerb gewesen. „Dass man so etwas wie eine Routine beim Siegen bekommen kann, das halte ich für völligen Quatsch. Für mich ist jeder Erfolg aufs Neue wunderschön – und daran wird sich auch nie etwas ändern.“

Das Besondere am jüngsten: Die Kühbacherinnen haben dadurch nicht nur den DM-Titel 2022 auf Sommerbahnen gewonnen – sie dürfen sich nun zudem als Titelverteidigerinnen bezeichnen. Dass sie als Gejagte in das Finalturnier gingen, dass ihnen alle Kontrahenten liebend gerne ein Bein gestellt hätten – hiermit konnten Jessica Gamböck, Heidi Baumgartner, Irmgard Baumgartner, Franziska Schwertfirm sowie eben Filgertshofer von Beginn an bestens umgehen. Oder, um es mit nackten Zahlen darzustellen: Von ihren zwölf Vorrundenpartien gewannen die TSV-Damen elf, ihre herausragende Stocknote von 3,554 spricht ebenfalls Bände. Lediglich im siebten Spiel, gegen die Vertretung des TSV Hartpenning, setzte es eine knappe 11:13-Niederlage.

„Unser ursprüngliches Ziel war es, zumindest unter die besten Vier zu kommen und um eine Medaille mitzuspielen“, erinnert sich Filgertshofer: „Von vornherein von der Titelverteidigung zu sprechen, das wäre zu weit gegangen. Denn es waren so viele andere Topteams am Start – da musste wirklich alles passen, um am Ende erneut ganz oben auf dem Treppchen stehen zu dürfen.“ Ob’s dann an dieser bescheidenen Grundeinstellung lag, dass das Kühbacher Quintett so dermaßen überlegen durch die Vorrunde marschierte? Von Partie zu Partie wuchs jedenfalls der Glaube ans eigene Können an – beziehungsweise an die Möglichkeit, heuer erneut etwas ganz Großes erreichen zu können.

Mit der Schwester, aber diesmal ohne die Mutter

Und das aus Filgertshofers Sicht sogar ohne die Mutter: Marianne Weigl, die ansonsten ebenfalls schon mehrmals zum TSV-Erfolgsteam gehört hatte, musste diesmal krankheitsbedingt passen. „Keine Frage, am Ende haben wir ein Stück weit auch für sie den Titel geholt“, sagt Tochter Veronika – womit sie Franziska Schwertfirm wohl aus der Seele spricht. Jene ist ja Filgertshofers Schwester, also ebenfalls Weigls Tochter – und stammt auch aus Sattelberg. Eine solche Ansammlung an Top-Stockschützinnen in einer Familie ist in Deutschland wohl einzigartig.

Aber nun zurück zum Titelkampf in Schaftlach. Als Vorrundenerster genügte dem Kühbacher Quintett bereits ein Unentschieden in der ersten Qualifikationsrunde gegen den EC Passau-Neustift, um vorzeitig ins große Finale einzuziehen – und siehe da, mit einem taktisch klug herausgespielten 13:13 gelang dies tatsächlich. Der TSV Hartpenning musste dagegen schon zwei Qualifikationsrunden (28:8 gegen den EC Untertraubenbach, 14:3 gegen Passau-Neustift) bestreiten, um ebenfalls ins Endspiel zu kommen.

Aber da war ja noch die Sache aus der Vorrunde: Spukt den Kühbacherinnen die Niederlage aus Partie Nummer sieben noch negativ durch den Kopf – oder wollen sie zum Abschluss erst recht die große Revanche dafür? Nach vier Kehren war das große Finale noch komplett ausgeglichen (10:10), ehe Filgertshofer und Co. in Kehre fünf doch vorentscheidend mit 17:10 davonzogen. Am Ende stand’s offiziell sogar 20:10 für sie: Was für ein außergewöhnlicher Triumph!

„Uns ist an diesem Tag einfach alles rausgegangen“, sagt Filgertshofer: „Unsere Leistungen waren top, und das nötige Glück befand sich diesmal ebenfalls auf unserer Seite.“ Letzteres ging sogar so weit, dass am Abend ganz zufällig auch die Saisonabschlussfeier der Kühbacher Stockschützen in der heimischen Wettkampfhalle stattfand. Somit konnte dem erfolgreichen Damenquintett sofort nach dessen Rückkehr ein rauschender Empfang bereitet werden – inklusive Partybeleuchtung und herzlicher Gratulation durch den Kühbacher Bürgermeister Karl-Heinz Kerscher.

Auch 2023 wieder Eintrag ins Goldene Buch

„Jener fiebert immer sehr leidenschaftlich mit uns mit, drückt uns stets fest die Daumen“, berichtet Filgertshofer über das Gemeinde-Oberhaupt. Prompt stehe nach dem erneuten DM-Triumph schon jetzt fest, dass sich die TSV-Stockschützinnen auch im nächsten Jahr wieder in das Goldene Buch von Kühbach eintragen dürfen – exakt so, wie bereits heuer wegen des im Jahr 2021 gewonnenen Deutschen Meistertitels geschehen. „Insgesamt hatte ich schon dreimal die Ehre, das zu tun – und ich werde es immer wieder als riesengroße Auszeichnung für mich empfinden“, betont Filgertshofer stolz.

Aber grundsätzlich ist das doch eher zweitrangig für sie. In erster Linie ist die Sattelbergerin deswegen Stockschützin, weil ihr die Sportart an sich Riesenspaß macht. „Daran hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nichts geändert – und daran wird sich hoffentlich auch so schnell nichts ändern“, erklärt die 39-Jährige. Ihre einzigartige Erfolgsgeschichte könnte also noch ein schönes Stückchen weitergehen – oder? „Schaun mer einfach mal, was noch so kommt“, sagt Filgertshofer hierzu mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

SZ