Etappensiegerin
„Es ist unglaublich“: Ricarda Bauernfeind aus Eichstätt rast bei Tour de France allen davon

27.07.2023 | Stand 13.09.2023, 4:08 Uhr

Der größte Moment in ihrem Sportlerleben: Ricarda Bauernfeind aus Eichstätt gewinnt mit 23 Jahren eine Etappe bei der Tour de France. Foto: Pachoud, afp

Was für ein Tag für Ricarda Bauernfeind aus Eichstätt! Tour-Etappensiegerin! Und das in ihrem ersten Jahr bei den Elite-Frauen des Radsports und ihrer ersten Teilnahme an der Frankreich-Rundfahrt.



Ungläubig schlägt Ricarda Bauernfeind ihre Hand vor das Gesicht, als sie die Ziellinie der fünften Etappe der Tour de France in Albi als Erste überquert hat. Die Eichstätterin vergewisserte sich auf den letzten Metern noch einmal, ob ihr gut 30 Kilometer langer Solo-Ritt wirklich in einem Etappensieg bei der prestigeträchtigsten Rundfahrt im Radsport gipfelt. Etwa eine Minute später klopften ihre Teamkolleginnen von Canyon-Sram Bauernfeind auf die Schulter, umarmten die 23-Jährige und feierten mit ihr den größten Erfolg ihrer Karriere – und das bei ihrer ersten Tour de France-Teilnahme.

Bauernfeind nun neunte in der Gesamtwertung

„Erst nach der Ziellinie“, antwortete Bauernfeind lachend auf die Frage, wann sie gemerkt habe, dass sie nicht mehr eingeholt wird. Durch diesen Sieg und die insgesamt 16 Bonussekunden, die die Lehramtsstudentin auf dem Weg dorthin einfuhr, liegt Bauernfeind nach der fünften Etappe auf Rang neun in der Gesamtwertung – einen Platz hinter ihrer Nationalmannschaftskollegin Liane Lippert (Moviestar). Sie hat noch einen Rückstand von 1:38 Minuten auf die Trägerin des Gelben Trikots, Lotte Kopecky (SD-Worx).

Dabei kam ihr das Streckenlayout am Donnerstag eigentlich nicht sonderlich entgegen. Wie Bauernfeind schon häufig erwähnt hat, fühlt sie sich an gleichmäßigen Steigungen am wohlsten. Es gab zwar immer wieder Anstiege, aber besonders auf den letzten 20 Kilometern ging es eher über flaches Terrain. Die entscheidende Attacke setzte die nun jüngste Tour de France-Etappensiegerin der noch jungen Geschichte (es läuft aktuell die zweite Auflage) allerdings in ihrer Lieblingsdisziplin. Kurz vor dem längsten Anstieg der Etappe bekam Bauernfeind von ihrem Sportdirektor und ehemaligen Radprofi Magnus Bäckstedt die gewinnbringende Ansage aufs Ohr: „Bring dich in Position und dann attackierst du. Der Berg liegt dir.“ Gesagt, getan: Die 23-Jährige verschärfte das Tempo, nur eine Fahrerin aus dem Hauptfeld folgte ihr. Kurz nach der Vergabe der Bonussekunden an der Bergkuppe des Castelfadèze (Bauernfeind strich die vollen sechs Sekunden ein) schüttelte sie auch ihre letzte Konkurrentin ab und versuchte ihr Glück in der Flucht.

Erfolgreiche Ausreißerin

„Es lag dann an mir. Ich habe es versucht, und es hat geklappt“, sagte die Eichstätterin nach dem Rennen weiterhin fast ungläubig, ob ihrer Leistung. Sie baute ihre Führung auf das Hauptfeld auf etwa 1:40 Minuten aus, was im Vergleich zu anderen Ausreißerinnen bei dieser Tour eher ein geringes Polster war. Und wie zu erwarten war, schmolz ihr Vorsprung etwas zusammen. Er sollte aber nie unter die 20-Sekunden-Grenze fallen. Lediglich die erste deutsche Etappensiegerin Lippert (Moviestar) und die Schweizerin Marlen Reusser von SD Worx versuchten, Bauernfeind auf den letzten Kilometern noch zu stellen. Aber auch sie konnten im Zielsprint nur noch Platz zwei ausfahren, den sich Reusser knapp sicherte. „Ich habe eigentlich nur noch gewartet, bis die ankommen. Weil am Dienstag eine Ausreißerin auch erst auf den letzten Metern eingeholt wurde“, sagte Bauernfeind zu ihren Gedanken auf der Zielgraden. So war es also die Eichstätterin, die ganz unkonventionell – ohne die Hände vom Lenkrad in die Höhe zu reißen – ihren ersten Etappensieg bei der Radsport-Elite feierte.