Königsmoos
Vielseitige Panzerbeere

Als Herbstdekoration und Nahrungsmittel feiert der Kürbis nicht nur im Donaumoos Erfolge

01.11.2022 | Stand 22.09.2023, 3:53 Uhr

Mit 94 Kilogramm ist das der schwerste Zierkürbis im Jahr 2022, den die Familie Hüßner in Stengelheim im Donaumoos in diesem Jahr geerntet hat. Seit ein paar Jahren baut der Landwirtschaftsbetrieb auch Speisekürbisse an, nach denen die Nachfrage stetig steigt. Foto: Wagener

Von Maja Wagener

Königsmoos – Orangefarben leuchtet der riesige Kürbis an der Neuburger Straße in Stengelheim. 94 Kilogramm wiegt das gute Stück, das der Zierde dient. „Das ist der größte Kürbis in diesem Jahr“, sagt Christina Hüßner.

Extra für große Kürbisse hätten sie Samen gesetzt, berichtet die 26-Jährige weiter. Sie ist in dem Familienbetrieb für die Zierkürbisse zuständig. Übernommen hat sie den Anbau von ihrer Mutter. „Farben und Formen finde ich einfach schön“, sagt Christina Hüßner.

Grün, gelb, orange und weiß sind die bunten Kugeln und sich windenden Ziergemüseschlangen, die an mehreren Stellen im Kreis in Körben an den Straßen zum Verkauf stehen oder Türen, Einfahrten und, ja, auch Gräber auf den Friedhöfen zieren.

Dafür sind sie auch gedacht, denn im Gegensatz zu ihren essbaren Verwandten enthalten die für den Menschen giftigen Schönheiten den Bitterstoff Cucurbitacin. Der kann Übelkeit und Durchfall auslösen.

Botanisch gesehen eine Panzerbeere

Botanisch gesehen, ist ein Kürbis eine Beere. „Beeren sind Früchte, die aus einem Fruchtknoten entstehen und Samen ausbilden, die von einer saftigen, fleischigen Wand umgeben sind“, erklärt Ernst Krach im Gespräch. Der Botaniker aus Zuchering präzisiert: „Bei den Kürbisgewächsen spricht man von Panzerbeeren, weil sie keine dünne Haut haben, sondern eine dicke, ledrige Außenschicht.“

Dank dieser können Kürbisse gut ausgehöhlt werden. Kinder schnitzen Laternen daraus, inzwischen nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland. Halloween ist auch im Donaumoos ein von Jahr zu Jahr größeres Thema. „Unsere Halloween-Kürbisse waren schon in der Woche vor Allerheiligen ausverkauft“, berichten die Hüßners.

Der Brauch an sich ist den Menschen aus dem Donaumoos nicht unbekannt. Hier stahlen die Kinder während des Ersten Weltkriegs Futterrüben von den Feldern und schnitzten daraus Rübengeister. Aus dem Inneren wurde in ärmeren Zeiten Rübensuppe gekocht. Doch auch in den 80er- und mancherorts in den 90er-Jahren waren die Rübengeister vor dem Häusern zu sehen – vielleicht tun sie das sogar noch heute irgendwo?

Zurück zum Kürbis, der seit einigen Jahren einen Siegeszug durch die Republik feiert. Für 2021 meldete das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gerade mit 99100 Tonnen eine Rekordernte von Speise-Kürbissen in Deutschland.

2022 fällt die Ernte wegen der langanhaltenden Hitze nicht ganz so gut aus. „Ich würde da von nichts Dramatischem sprechen“, relativiert Alexander Hüßner. Sicher hätten die Pflanzen weniger Früchte angesetzt und seien nicht so groß geworden, sagt er. „Aber das ist nicht so schlimm, wie 2021, als alles überschwemmt war“, resümiert der 29-Jährige.

Denn auch im Donaumoos werden Speisekürbisse angebaut. Etwa drei Fußballfelder Fläche sei bei ihnen für Kürbisse vorgesehen, berichtet Alexander Hüßner. Insgesamt werden 1040 Hektar in Bayern mit der einjährigen Nutzpflanze belegt. Damit ist der Freistaat das größte Kürbis-Anbaugebiet in Deutschland. „Seit zwei, drei Jahren merkt man mehr Nachfrage“, weiß auch Christina Hüßner.

Neben den beliebten Hokkaidos, die ihren Ursprung in Japan haben, gibt es auf dem Hof der Hüßners Butternuss- und Spaghettikürbisse. Als regionaler Anbieter beliefert der Hof die umliegenden Supermärkte, aber auch Restaurants wie den Landgasthof Vogelsang in Weichering. Dort gibt es zum Beispiel Salat mit Kürbisspalten im Bierteig (Rezept siehe Kasten) aus dem regionalen Fruchtgemüse aus dem Donaumoos, wie Wirtin Christine Hammer verrät. Speisekürbisse sind vielseitig. Sie werden wie Gemüse verwendet, gehören aber eher zum Obst und werden deshalb auch Fruchtgemüse genannt.

Daraus können Mus und Chutneys, Gebäck, Aufläufe und Marmeladen entstehen. Mit Ingwer und Curry asiatisch als Suppe serviert oder in Honig und Chiliflocken im Backofen gegart, sind die Verwandten der Zucchini kein Arme-Leute-Essen mehr und alles andere als langweilig.

Das halbe Alphabet der Vitamine

Dazu sind die orangen Kugeln gesund. So enthalten Kürbisse viel Beta-Carotin, eine Vorstufe von Vitamin A, das beim Menschen entzündungshemmend wirkt. Vitamin C, Kalium und der im Verhältnis hohe Gehalt an Zink macht die große Beere zu einem wertvollen Nahrungsmittel. Dazu ist das Fruchtgemüse kalorienarm. Selbst ihre Kerne bieten das halbe Alphabet der Gesundheit: Linolsäure, Kalium, Phosphor, Magnesium, Kalzium, Eisen, Kupfer, Mangan, Selen, Zink und die Vitamine A, B1, B2, B6, C, D und E sind in dem enthalten, was bei vielen auf dem Kompost oder im Biomüll landet. Als Kürbiskernöl oder geröstet werden auch die Beerensamen zur Delikatesse. Wer jetzt einen Kürbis kauft, muss ihn nicht sofort verzehren, weiß Markus Goldau, der als Freund von Christina Hüßner seit elf Jahren im Betrieb hilft. „Ohne Beschädigung hält ein Halloween-Kürbis zwei Monate, wenn man ihn kühl, dunkel und trocken lagert, Speisekürbisse länger.“

DK