"Für die Bayernliga geht es nicht besser"

06.03.2020 | Stand 23.09.2023, 11:04 Uhr
Die heiligen Hallen des ECP: Die Eishogs bereiten sich auf das letzte Spiel der Abstiegsrunde gegen Schweinfurt vor. −Foto: Stolle

Die Umkleidekabine ist für Sportler mehr als der Ort, an dem man Straßenklamotten gegen Trikot tauscht. Hier werden zusammengewürfelte Athleten zu Mannschaften, hier kann Anspannung förmlich aus der stickigen Luft geschnitten werden, hier werden Trauer geteilt und Siege gefeiert. Teil 1 der PK-Serie "Kabinengeheimnisse" öffnet die Tür zu den heiligen Hallen der Bayernliga-Eishockeyspieler des EC Pfaffenhofen

 

 

Für sportlichen Erfolg braucht eine Mannschaft ein intaktes Binnenverhältnis. Der Ort, an dem sich das Abschneiden einer Saison entscheidet ist also die Kabine. Da der EC Pfaffenhofen mit dem Erreichen der Pre-Play-offs eine erfolgreiche Spielzeit durchlebt, scheint es in der Kabine zu stimmen. Abteilungsleiter Alexander Dost und Vize-Kapitän Nick Endreß berichten darüber, für was man besonders viel in die Mannschaftskasse zahlen muss und über Hierarchien, Rituale sowie abergläubische Musikauswahl.

Ausstattung

"Sorry, aber für die Bayernliga geht es nicht besser." ECP-Topscorer Endreß antwortet schnell auf die Frage, ob sich die Mannschaft irgendetwas wünschen würde für Kabine. Die Eishogs fühlen sich so wohl in den Katakomben der Stadtwerke-Arena, dass sie hier von Zeit zu Zeit auch Kabinenfeste feiern. Für dieses Wohlfühl-Klima sorgt Katharina Heinzinger, die Betreuerin der Eishogs. Bei ihr holen die Spieler das Tape, von ihr kommt das Obst, das die Eishogs vor dem Spiel oder in den Drittelpausen essen. "Wenn du ein Twix oder sowas willst, musst du zur Katha gehen", sagte Endreß. Was die Verpflegung betrifft, ist auch Kaffee ein großes Thema. Ein Großteil führt sich vor dem Spiel gerne Koffein zu, der 22-jährige Endreß bevorzugt die kalte Variante. "Ich trinke immer Red Bull vor dem Spiel." Nach Heimspielen isst die Mannschaft gemeinsam im stadioneigenen Restaurant. Was es nicht gibt: Die Möglichkeit, sich massieren zu lassen. "Eine Massagebank wäre da", sagt Abteilungsleiter Dost und lacht. "Nur der Physio fehlt." Dafür müsse man eben höherklassig spielen, ergänzt Endreß.

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Eishockey: "Für die Bayernliga geht es nicht besser"

Spitzentennis ohne Aberglaube und Musik

Musik

Aktuell darf Quirin "Quicky" Oexler die Playlist in der Kabine gestalten. Also läuft seit etwa fünf Wochen viel Rock. Davor war Jake Fardoe der Kabinen-DJ - ein Amt, das weniger an Expertise denn an Siegesserien gekoppelt ist. "Das ist der totale Aberglaube", sagt Dost. "Aber das ist gut so." Unabhängig vom Erfolg der vergangenen Partien ist das letzte Lied, bevor es aufs Eis geht, in dieser Saison immer "Moskau" von Rammstein. "Du siehst in den Gesichtern der Spieler, wie es auf einmal den Schalter umlegt", sagt Dost. "Sie hören das Lied und wissen, jetzt haben sie noch drei Minuten." Topscorer Endreß selbst steht vor Spielen eher auf "chillige Songs". Auf Auswärtsfahrten hat der Stürmer deswegen meist Kopfhörer auf, um runterzukommen. Nach Siegen muss aber natürlich niemand runterkommen. Sobald die Spieler vom Eis zurück in die Kabine kommen, läuft immer "All I Do Is Win" von DJ Khaled.

Rituale

"Das ist im Eishockey ein großes Thema", sagt Endreß. Es kapriziert sich vor allem auf die Spieltage. Ein ehemaliger Mitspieler von Endreß habe beispielsweise vor Spielen kein einziges Wort gesprochen. Die Bandbreite der Rituale beginnt bei sinnvollen Abläufen wie Spazierengehen am Spieltag oder speziellen Rhythmen beim Warm-Up. "Wenn das Aufwärmen vorbei ist, passt Jake (Fardoe, d. Red.) zweimal zu mir und ich schieße, dann machen wir es umgekehrt", sagt Endreß. Und das Spektrum endet bei Bräuchen, deren Wirkung nicht über den Placebo-Effekt hinausgeht. Der eine tapt seinen Schläger immer in derselben Richtung, Endreß schlüpft seit Kindheitstagen immer zuerst in den rechten Schlittschuh. Natürlich gibt es auch gesamtmannschaftliche Prozesse, die immer gleich ablaufen. Dominik Thebing schreit in der Kabine immer "Pfaff-Town Go!". Dann geht es aufs Eis. Dort versammeln sich die Eishogs vor dem Tor, wo Fardoe das Team noch einmal motiviert. Nach Siegen wartet immer Coach Chris Heid in der Umkleidekabine und klatscht mit jedem ab. Ist es soweit gekommen, haben alle Rituale ihre optimale Wirkung entfaltet.

Aufgaben

Natürlich gibt es auch beim ECP gewisse Aufgaben und Rollen, die Altersstruktur lässt ein großes Hierarchiegefälle aber nicht richtig zu. "Im Eishockey ist es meistens so, dass die jungen Spieler nach dem Training die Scheiben machen müssen", sagt Endreß. "Aber wir sind ja so ein junges Team, dass das fast jeder machen müsste." Mit seinen 22 Jahren zählt Endreß schon "fast zu den Ältesten und Erfahrensten", sagt er und schmunzelt. Mit Andreas Pielmeier und John Lawrence sind nur zwei Spieler im Kader 28 Jahre oder älter. Sie sitzen gemeinsam mit Endreß, Fardoe und Robert Gebhardt im Mannschaftsrat. Oexler verwaltet die Manschaftskasse. Für seine Ausrüstung ist in Pfaffenhofen jeder Spieler selbst verantwortlich. "Es ist nicht so, dass die Youngster die Plätze der anderen Spieler aufräumen", sagt Dost. Und wenn die beiden jüngsten Eishogs Leo Uhl und Maxi Scheib nach dem Training die Scheiben und die Tore aufräumen, dann helfen ihnen oft die älteren Spieler. Flache Hierarchien eben.

Strafenkatalog

Sanktioniert werden beim ECP mannschaftsintern vor allem Disziplinvergehen und große Strafen. Weil Stürmer Endreß im vorletzten Spiel der Abstiegsrunde eine Spieldauerstrafe kassierte, musste er 50 Euro bezahlen. Dadurch stieg er zum Spitzen-Investor der Mannschaftskasse auf. Ansonsten werden Vergehen wie Zu-spät-kommen, Handyklingeln bei der Teamansprache oder Pinkeln in der Dusche geahndet. Und es gibt auch Einträge, mit dem Namen Primadonna. "Wenn man gegen den Coach redet, kostet das 150 Euro", sagt Endreß. Teuer sei es auch, Ausrüstungsgegenstände bei Auswärtsspielen zu vergessen. Bei manchen Vergehen legt der Mannschaftsrat den Betrag auch individuell fest. Kassier Oexler sammelt das Geld ein - und nach der Saison gibt es eine Abschlussfahrt. Dieses Jahr könnte der Termin aber mit Spiel fünf des Play-off-Halbfinales kollidieren. "Aber die Jungs haben versprochen, wenn wir es ins Halbfinale schaffen, dann gewinnen sie die Best-of-Five-Serie in drei Spielen, damit sie fahren können", sagt Dost und lacht.

PK

 

Christian Missy