„Es kann gar nicht genug regnen“
Rennfahrer Daniel Nadelstumpf hat eine grandiose Saison hinter sich – auch, weil die Fahrbahn oft nass war

23.11.2023 | Stand 23.11.2023, 6:00 Uhr
Erhard Wallenäffer

Stolze Pokalsammlung: (von links) Philipp Weiß, Lukas Pramsohler, Daniel Nadelstumpf und Moritz Held präsentieren die Trophäen, die Nadelstumpf in diesem Jahr mit seinem Renault Clio beim Norddeutschen ADAC Börde Tourenwagencup gewonnen hat. Foto: Wallenäffer

Die NATC-Rennsaison (Norddeutscher ADAC Börde Tourenwagencup) ist zu Ende. Bei allen Wettfahrten dabei war Daniel Nadelstumpf. Der Pfaffenhofener Tourenwagen-Pilot überzeugte heuer wie nie zuvor: Innerhalb seiner Klasse (bis 1750ccm) wurde er Gesamtzweiter und unter allen knapp 50 Rennfahrern stand letztlich Platz fünf zu Buche. Im Interview berichtet der 37-Jährige von seinen letzten beiden Rennwochenenden in Oschersleben und blickt voraus auf das Jahr 2024.

Herr Nadelstumpf, nach 14 Wochen Rennpause griffen Sie am letzten Oktober-Wochenende erstmals wieder in das Lenkrad Ihres Renault Clio 4 Cup. Verlernt haben sie das Gas geben aber scheinbar nicht?
Daniel Nadelstumpf: (lacht) Natürlich nicht. Das Rennen am Samstagvormittag lief ganz ordentlich, ich wurde Klassenzweiter. Mein Problem war aber, dass es trocken war. Der Ford Fiesta meines Hauptkonkurrenten Ingo Wirtz ist mit 50 PS mehr Leistung ausgestattet. Wenn kein Wasser auf der Strecke ist, fliegt der auf der Geraden an mir vorbei und ich kann nur hinterher schauen.

Regen wäre Ihnen also lieber gewesen?
Nadelstumpf: So ist es – für mich kann gar nicht genug herunter kommen. Bei strömendem Regen sind mir heuer Dinge gelungen, über die ich selber staunen musste. So wie an diesem Tag nach der Mittagspause: Endlich hat es geschüttet und ich schaffte es prompt auf Platz vier im Qualifying. Vor mir waren nur noch ein Ferrari, ein BMW M4 und ein Audi R8 – also wesentlich leistungsstärkere Autos. Das war einfach brutal, ich konnte innerhalb meiner Klasse locker gewinnen und bin Gesamtfünfter im 26er-Feld geworden.
Demnach, wenn man Ihre Sonntagsergebnisse deutet, dürfte der Regen über Nacht aufgehört haben?
Nadelstumpf: In der Tat: „Keine Chance – weil trocken“, fällt mir als Fazit ein. Immerhin konnte ich mich im Gesamtfeld mit den Plätzen neun und sieben ganz ordentlich platzieren. Gegen meinen Hauptgegner Wirtz war ich aber machtlos.

Stichwort „Ingo Wirtz“: Dieser Name kommt von Ihnen ständig, wenn sie über Ihre Rennen berichten. Das lässt eine spezielle Rivalität vermuten?
Nadelstumpf: Unserem Dauerduell könnte man den Titel „Nord gegen Süd“ verpassen. Ingo kommt aus Schleswig Holstein und wir haben längst ein freundschaftliches Verhältnis. Da wird schon mal in seinem LKW bei einer Tasse Kaffee gefrotzelt. Er ist ein fairer Sportsmann und nimmt es locker, wenn ich ihn immer mal wieder im Regen abhänge (lacht).

Am zweiten November-Wochenende sahen sie sich wieder, wer hänselte dann wen?
Nadelstumpf: Am Freitagvormittag war gar nichts mit hänseln: Wir hatten beide massive technische Probleme und unsere Wettfahrt lief unter dem Motto „Not gegen Elend“ ab. Bei mir brach eine Felge und bei Ingo bahnte sich ein Totalschaden an der Antriebswelle an. Wir plagten uns beide ins Ziel, wobei ich vorne blieb. Am Nachmittag besiegte mich Ingo aber wieder.

Dann schauen wir auf das Ergebnis von Samstag-Vormittag: Nadelstumpf vor Wirtz – wurde es wieder nass?
Nadelstumpf: Strömender Regen! Das konnte ich ausnutzen, indem ich ein mega Zeittraining gefahren bin. Ich war noch einmal 1,5 Sekunden schneller als beim Regen-Qualifying zwei Wochen zuvor. Mein persönliches Highlight: Zwei Audi R8 waren hinter mir, in welchen Motoren werkeln, die das Dreifache an Leistung generieren – im Vergleich zu meinem Clio. Den Klassensieg holte ich anschließend locker. Aber am Nachmittag war Ingo wieder vorne, denn es hörte auf zu regnen.

Damit war die Saison beendet, wie fällt Ihr Fazit aus?
Nadelstumpf: Es war ein grandioses Jahr. Mit Abstand das beste, seitdem ich Rennen fahre. In der Gesamtwertung der NATC-Sprints wurde ich von 49 Teilnehmern Fünfter und in der Wertung meiner Klasse Zweiter. Ich hatte keine größere Schäden und keinen heftigen Abflug. Darüber, wie es heuer gelaufen ist, bin ich total glücklich.

Dann muss auch Ihr Auto zuverlässig funktioniert haben. Wer hat sich neben Ihnen darum gekümmert?
Nadelstumpf: Ganz richtig: Ich konnte mich das ganze Jahr über voll auf meine Mechaniker verlassen: Moritz Held, Philipp Weiß, Philipp Dreischl und Lukas Pramsohler haben sensationell mitgewirkt, dafür bin ich sehr dankbar. Ich musste in der Box nur in meinen Anzug schlüpfen und mich ins Auto setzen, alles andere haben sie für mich erledigt. Endlich habe ich auch einen Reifen gefunden, der bei mir perfekt funktioniert. Der Tipp kam von einem Rennfahrerkollegen.

Das klingt durchaus euphorisch – auch in Bezug auf die nächste Saison. Oder anders gefragt: Gibt es schon Pläne für 2024?
Nadelstumpf: Auf alle Fälle werde ich auch nächstes Jahr die NATC-Sprintserie bestreiten. Darüber hinaus habe ich aber noch andere Pläne: Ein Gaststart bei einem Rennen im Beiprogramm vom 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring ist auf dem Radar. Es handelt sich hierbei um einen Lauf der Cup- und Tourenwagen Trophy (CTC). Und mit meinem langjährigen Kollegen Dirk Lauth möchte ich ein Langstreckenrennen bestreiten. Sollte das alles klappen, werde ich also noch mehr unterwegs sein als bisher.

Das Gespräch führte
Erhard Wallenäffer