Marvin Jike von „Fans“ übel beleidigt
Rassismus-Eklat beim Spiel des FC Pipinsried in Aschaffenburg

07.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:53 Uhr

Musste sich am Donnerstagabend üble Dinge anhören: FCP-Angreifer Marvin Jike (vorne). Foto: M. Schalk (Archiv)

Normalerweise sollte es bei einem Fußballspiel in der Regionalliga Bayern vorrangig um das nackte Ergebnis gehen – und hier stand am Gründonnerstagabend ein klares 4:1 (1:0) für den SV Viktoria Aschaffenburg gegen den FC Pipinsried. Ob der Ereignisse, die sich im Laufe der ersten Halbzeit im Stadion am Schönbusch zugetragen haben, rückt das aber nun doch ein bisschen in den Hintergrund. Da nämlich war Gäste-Akteur Marvin Jike von einigen „Fans“ der Hausherren massivst rassistisch beleidigt worden.

Überlegungen beim FCP, den Platz komplett zu verlassen

„Ein paar wenige Idioten gibt es leider überall. Diese zahlen Eintritt, dann ist noch eine Menge Alkohol im Spiel – und schon glauben sie, sich wirklich alles erlauben zu können“, so Tarik Sarisakal, der Sportliche Leiter des FCP. Seine Gefühlslage hierbei: eine Mischung aus Wut und Trauer. „Ich bin nach diesen Vorkommnissen sofort zur Bank der Aschaffenburger gegangen, habe mit Jochen Seitz (Cheftrainer des SV Viktoria; Anm. d Red.) darüber gesprochen“, berichtet der 50-Jährige: „ Meine Botschaft in diesem Moment war unmissverständlich: „Wenn die Beleidigungen nicht aufhören, geht unsere Mannschaft geschlossen vom Platz.“

Und das seien keine leeren Worte gewesen. „Wir hätten das Ganze knallhart durchgezogen“, betont Sarisakal. Aber zum Glück musste es nicht dazu kommen – weil plötzlich doch Schluss mit den verbalen Entgleisungen von den Rängen war. Was zuvor ganz genau von dort gerufen worden war – der Sportliche Leiter der Gelbblauen möchte es lieber nicht wiederholen. Nur so viel: „Es ging massiv unter die Gürtellinie – und es tat ausgesprochen weh, so etwas hören zu müssen.“

Gastgebender SV Viktoria „hat top reagiert“

Dass die Lage nicht vollends eskalierte, dass es also zu keinem Spielabbruch kam – dies sei laut Sarisakal nicht zuletzt am gastgebenden Verein gelegen. „Seitz hat sofort top reagiert und sofort eine knallharte Stadiondurchsage initiiert, die Ordner haben sofort top reagiert und für Ruhe auf der betroffenen Tribüne gesorgt“, berichtet der Sportliche Leiter der Pipinsrieder: „Wirklich großen Respekt vor der Viktoria, wie sie in dieser Situation ganz allgemein top reagiert hat.“

Andererseits, und auch das betont Sarisakal immer wieder: „Bei diesem Thema gibt es nullkommanull Toleranzgrenze, solche rassistischen Beleidigungen gehen überhaupt nicht. Und wenn sie nicht aufgehört hätten, hätten wir wirklich nicht mehr weitergespielt.“

Im Abschluss fehlt erneut die notige Qualität

Apropos spielen: Die Partie an sich verlief zu weiten Teilen so wie die jüngsten FCP-Matches – nämlich irgendwie zwar gut anzusehen, von Seiten der Gelbblauen aber ohne die nötige Qualität im Abschluss. Sarisakal bringt es auf den Punkt: „Den Aufwand, den wir betreiben müssen, um ein Tor zu erzielen, steht in keinem Verhältnis zu dem unserer Gegner.“ Wenn jene dann auch noch so brutal effizient sind wie vor rund einer Woche der 1. FC Nürnberg II (0:3) oder jetzt der SV Viktoria Aschaffenburg, dann ist es eben schnell um die Pipinsrieder geschehen. „Aschaffenburg hat gefühltermaßen fünfmal auf unser Tor geschossen – und viermal war der Ball drin“, so Sarisakal kopfschüttelnd.

„Wenn du vorne nicht triffst, dann kassierst du hinten“

„Ich kann meinem Team, wie bereits in den vorherigen drei Partien, keinerlei Vorwurf machen. Wir sind super ins Spiel gekommen, haben uns Chancen erarbeitet, hauten uns in die Zweikämpfe, machten Meter, waren in der Luft präsent – aber am Ende des Tages kannst du dir davon nichts kaufen“, fasst FCP-Trainer Enver Maltas die 90 Minuten zusammen: „So schlägst du dich irgendwie auch selbst. Es ist leider ein Fußballgesetz: Wenn du vorne nicht triffst, dann kassierst du hinten.“

Verdienter Ehrentreffer durch Halit Yilmaz

Um es etwas konkreter auszudrücken: Bereits in der zweiten Minute hatte Halit Yilmaz Pech, dass Aschaffenburgs Verteidiger Luca Dähn seinen 14-Meter-Schuss gerade noch irgendwie von der Torlinie schlug – und ein weiterer Versuch des 19-Jährigen, dann aus rund 18 Metern Entfernung, zischte nur um wenige Zentimeter am linken Pfosten vorbei (16.).

Ganz anders die Hausherren, ihnen gelang bereits bei ihrer ersten Chance des Abends die Führung: Keeper Daniel Witetschek konnte einen Schuss von Clay Verkaj nur nach vorne abklatschen – und Nicolas Hebisch staubte erfolgreich ab (31.). „Mit diesem 1:0 gingen wir fast schon glücklich in die Halbzeitpause“, gibt Viktoria-Coach Seitz ehrlich zu.

Das 2:0 der Heimischen durch Niklas Meyer im Anschluss an einen Konter (49.) zog dem FCP „komplett den Stecker“, wie es Sarisakal ausdrückt. Zwei Kunstschüsse von Verkaj jeweils ins linke Eck (63./88.) sorgten dann endgültig für einen (viel zu) hohen Aschaffenburger Heimerfolg. Yilmaz erzielte zwischenzeitlich den verdienten Pipinsrieder Ehrentreffer (70.).

Am Montag kommt die SpVgg Unterhaching

Mittlerweile sind es nur noch acht Partien, die der FCP in der laufenden Saison bestreiten darf, sein Abstand zum ersten Relegationsrang beträgt weiterhin zehn Punkte. „Ich bin niemand, der gerne Durchhalteparolen raushaut “, so Sarisakal: „Aber dass unsere Mannschaft weiterhin nichts herschenkt, dass sie weiterhin mit voller Leidenschaft und vollem Engagement bei der Sache ist, das stimmt mich schon positiv.“

Bereits am Ostermontag (Anstoß um 17 Uhr) kommt die SpVgg Unterhaching nach Pipinsried – also der souveräne Tabellenführer. „Unsere Jungs sollen da einfach um ihre Ehre spielen. Dann schauen wir mal, was hierbei herauskommt“, sagt der Sportliche Leiter.

Ganz zum Schluss noch eine positive Nachricht aus dem Lager der Gelbblauen: Mit dem 25-jährigen Mittelfeldakteur Kevin Gutia vom TSV Rain hat der FCP nun seinen ersten Neuzugang für die Saison 2023/24 verpflichtet. „Er ist ein Wunschspieler von Verein und Trainerteam. Wir freuen uns sehr über seine Zusage“, erklärt Sarisakal.

SZ