Radsport
Simulierte Höhe im Trainingslager: Ricarda Bauernfeind bereitet sich auf ihre neue Rolle vor

03.02.2024 | Stand 03.02.2024, 15:00 Uhr

Freut sich auf die kommenden Aufgaben: Ricarda Bauernfeind startet in dieser Saison nicht mehr als Edel-Helferin. Foto: Maheux

Es war ein Höhentrainingslager der modernen Art, das die Eichstätter Radsportlerin Ricarda Bauernfeind in Denia erleben durfte. Obwohl der Ort an der spanischen Ostküste (knapp 100 Kilometer südlich von Valencia) nur 22 Meter über dem Meeresspiegel liegt, erfuhr die Tour de France-Etappensiegerin zumindest im Hotelzimmer Bedingungen, die auf 2300 Metern Höhe herrschen. Zum Vergleich: Der Col du Tourmalet ist mit 2115 Metern die höchste Bergankunft im vergangenen Jahr bei der Tour de France der Frauen gewesen.

In den hypoxischen Räumen kann der Sauerstoffgehalt und der Luftdruck gesteuert werden. Die simulierte Höhe stellte Bauernfeind vor einige, teils ungewöhnliche Herausforderungen. „Wir mussten 16 bis 17 Stunden täglich im Zimmer sein, damit es überhaupt etwas bringt. Und wir durften natürlich nicht die Fenster öffnen und damit den Luftdruck verändern“, beschreibt die 23-Jährige die ungewohnte Situation und ergänzt, dass selbst das Schlafen anstrengend gewesen sei. Der Körper müsse sich erst an die Bedingungen gewöhnen.

Die Trainingseinheiten fanden allerdings nicht im Hotelzimmer statt, sondern ganz normal auf der Straße. Insgesamt war Bauernfeind 18 Tage in Spanien und bereitete sich ohne Ablenkungen auf die für sie bald startende Saison vor. „Weil wir schon im September die medizinischen Untersuchungen, Sponsoren- und Medientermine hatten, konnte ich mich voll aufs Training konzentrieren“, sagt die Eichstätterin, die am vergangenen Sonntag aus Denia in die Heimat zurückkehrte, am Montag eine Uni-Klausur schrieb und für die es am kommenden Dienstag in die Vereinigten Arabischen Emirate geht.

Erster Wettkampf in Arabien

Dort ist Bauernfeind vom 8. bis 11. Februar wieder im Wettkampfmodus. Auch wenn die Streckenlayouts mit drei flachen Etappen und lediglich einer Bergankunft nicht ideal zu ihr passen, will sie für ihre neuen Aufgaben im Top-Team von Canyon-Sram weitere Erfahrungen sammeln. „Der Wind wird ein Faktor sein. Im letzten Jahr habe ich oft das falsche Hinterrad erwischt und musste dann gegen die Windkante ankämpfen“, weiß Bauernfeind, wo sie sich noch weiter verbessern kann.

In dieser Saison soll sie neben Teamkollegin Kasia Niewadoma ebenfalls als Klassement-Fahrerin eingesetzt werden und bei den großen Rundfahrten um Spitzenpositionen in der Gesamtwertung kämpfen. „Wir wollen zweigleisig fahren. Der Fokus liegt auf der Vuelta (Spanien-Rundfahrt, d. Red.) und auf der Tour de France“, sagt die Eichstätterin, die im vergangenen Jahr noch eine wichtige Helferin für ihr Team Canyon-Sram war. Ihre Erfolge – insbesondere ihre Abschlussplatzierungen bei den Rundfahrten (5. bei der Vuelta, 9. bei der Tour de France, 7. in Skandinavien und 6. in der Schweiz) – lassen aber vermuten, dass sie sich noch steigern könnte.

Bauernfeind nun Klassement-Fahrerin

Mit Bauernfeinds neuer Rolle verändert sich auch ihre Saisonplanung. Sie sagt: „Ich habe jetzt meine Highlights. Die einzelnen Rennen sind Vorbereitung und auch das Training ist nur auf die Highlights ausgerichtet.“ Nach den vier Etappen am persischen Golf geht es für das Eichstätter Radsport-Aushängeschild am 2. März in Italien weiter. Dort fährt sie erst die Strade Bianche, bevor sie am 17. März beim Trofeo Alfredo Binda (Norditalien) in die Pedale tritt. Danach folgt ein Trainingsblock ohne Wettkämpfe, was so viel heißt, dass Bauernfeind vermutlich nicht an den Ardennenklassikern in Belgien und den Niederlanden teilnehmen wird. Ein Hintertürchen bleibt aber offen. Denn eine Woche vor ihrem ersten Saisonhighlight, der Vuelta (vom 29. April bis 5. Mai), könnte sie das Ein-Tages-Rennen Liege-Bastogne-Liege als Generalprobe bestreiten.

Neben den prestigeträchtigen Rundfahrten im Trikot von Canyon-Sram könnte für Bauernfeind mit den Olympischen Spielen in Paris ein weiterer Saisonhöhepunkt im National-Dress hinzukommen.

EK