Zehn-Minuten-Strafe
Zurückhaltung beim Thema Zeitstrafe

In der Region gehen die Meinungen bei der neu eingeführten Zehn-Minuten-Strafe auseinander – Klare Zustimmung ist selten

26.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:40 Uhr

Die Karte kann ab sofort auch mal in der Hosentasche bleiben – stattdessen können die Schiedsrichter die Zeitstrafe verhängen. Foto: Traub

Von Christoph Enzmann

Ingolstadt – Ab der kommenden Saison bekommen Schiedsrichter im Amateurfußball ein weiteres Instrument an die Hand, um für mehr Disziplin auf den Plätzen zu sorgen: Die Zehn-Minuten-Strafe feiert ihr Comeback. Für eine kurze Erprobungsphase konnte sie von den Unparteiischen bereits in den Testspielen angewandt werden.

Nachdem Verbands-Schiedsrichter-Chef Sven Laumer von dem neuen Instrument geschwärmt hat, begrüßt auch Ludwig Schmidt die Neuerung. Der Spielleiter des Fußballkreises Donau/Isar weiß genau um ihre Vorzüge, schließlich hat er sie als Unparteiischer von 1979 bis 1994 hautnah miterlebt und auf dem Platz auch regelmäßig ausgesprochen. „Damals gab es allerdings die Gelb-Rote Karte noch nicht“, sagt Schmidt. Diese wurde anschließend eingeführt, die Zeitstrafe dafür gestrichen.

Ab jetzt stehen dem Referee also beide Mittel zur Wahl. „Bevor ich als Schiedsrichter einen Platzverweis ausspreche, sehe ich die Zeitstrafe als gutes Mittel, um dem Spieler für entsprechend hartes oder unsportliches Vergehen klar zu machen, dass es so nicht geht. Er kann draußen abkühlen und über seine Disziplinlosigkeit nachdenken und bekommt eine letzte Chance“, sagt Schmidt.

Dem Kreisspielleiter ist allerdings auch bewusst, dass die Zeitstrafe zu Diskussionen führen wird. „Spieler oder Trainer werden fragen, warum der Unparteiische in einer bestimmten Situation eine Zeitstrafe ausspricht und kein Gelb-Rot gibt. Wie das neue Mittel tatsächlich ankommt wird sich wohl erst nach einigen Wochen zeigen. In den Testspielen wurde die Zeitstrafe meines Wissens nach kaum angewendet“, sagt der Köschinger. Wir haben uns bei einigen Vereinen schon einmal umgehört, wie sie zur Zeitstrafe stehen.

Fabian Reichenberger, Spielertrainer der Bezirksligisten SV Manching): „Ich finde die Wiedereinführung der Zehn-Minuten-Zeitstrafe total unnötig, weil dadurch eine neue Baustelle aufgemacht wird, die Schiedsrichter noch mehr im Mittelpunkt stehen lässt. Folglich wird es noch mehr Diskussionen geben. Besser wäre es aus meiner Sicht gewesen, wenn zum Beispiel auch die Gelb-Rote Karte eine Sperre für das nächste Spiel nach sich zieht. Außerdem sollte der Fußball einheitlich sein: von der C-Klasse bis zur Champions-League oder Weltmeisterschaft. Mir fehlt da einfach die Struktur, wenn selbst in Amateurligen verschiedene Regeln angewendet werden. Hier muss man nämlich bedenken, dass die Mannschaften, die heuer von der Landesliga in die Bayernliga aufsteigen – oder aber auch umgekehrt – dann plötzlich mit einer anderen Regelauslegung ihre Spiele bestreiten müssen.“

dno



Stefan Hoffmann, Spielertrainer beim SV Zuchering (Kreisklasse 2): Hoffmann ist nach der Einführung der Zeitstrafe weniger euphorisch. Er findet es zwar einerseits gut, dass dadurch die Gelb-Rote Karte erstmal vermieden werden kann. Andererseits bezeichnet er es auch als „verrückt“, eine Regel nach 30 Jahren wieder einzuführen. „Ich persönlich hätte nicht dafür gestimmt, die aktuellen Regeln haben sich in den letzten Jahren bewährt,“ sagt Hoffmann, der auch fürchtet, dass die Schiedsrichter nun noch mehr im Mittelpunkt stehen.

gam



Michael Dittenhauser (Trainer des Kreisligisten DJK Ingolstadt): „Ich denke, die Zehn-Minuten-Strafe hat auf alle Fälle eine Chance verdient. Ich bin da aber ein wenig hin- und hergerissen: Auf der einen Seite kann der Schiedsrichter Dinge unterbinden, die den Spielern sonst egal sind, weil sie wissen, dass nichts passiert. Wo eine Rote Karte noch zu viel ist, sind zehn Minuten vielleicht ganz gut angebracht. Auf der anderen Seite wird es für die Schiedsrichter nicht einfacher. Besonders in den unteren Klassen, wo der Schiedsrichter alleine auf dem Platz steht, bin ich mir nicht sicher, ob es so optimal ist, wenn er noch zusätzlich die zehn Minuten im Auge behalten muss. Da werden die Vereine wahrscheinlich noch mehr Druck auf ihn ausüben, wenn sie glauben, die Strafe ist schon abgelaufen. Noch dazu wird damit die Zeitspielerei forciert: Damit eine Mannschaft die zehn Minuten überbrückt, liegen die Spieler noch länger am Boden und jammern, obwohl es vielleicht nicht mal ein wirkliches Foul war.“

jme



„Die Schiedsrichter haben jetzt immerhin ein Mittel mehr“, erklärt Dinulovic im Hinblick auf die neu eingeführte Zehn-Minuten-Strafe im Amateurfußball. „Ich stehe dem aber positiv gegenüber. Denn es gibt Situationen, in denen ein Spieler so eine Strafe verdient hat. Und zehn Minuten in Unterzahl zu spielen ist natürlich ein Nachteil. Wie oft die Strafe dann angewendet wird, ist aber eine andere Sache. Am Ende des Tages wird das Spiel dadurch nicht wirklich anders.“

nuj