Lehrstunde vor dem Liga-Start
ERC Ingolstadt sieht sich trotz erster Champions-League-Pleite gerüstet für DEL-Auftakt

10.09.2023 | Stand 12.09.2023, 15:34 Uhr

Chancenlos waren die Panther um Torhüter Devin Williams in Pardubice: Trotz der erneut lautstarken Fan-Unterstützung erwies sich der tschechische Spitzenklub am Samstag als eine Nummer zu groß für die Ingolstädter. Fotos: Imago Images

Als seine Teamkollegen sich noch aus ihrer Ausrüstung schälten, machte sich der bereits frisch geduschte Mat Bodie als Pizzabote nützlich: Der Verteidiger, dessen Arbeitstag wegen eines Frustfouls schon nach 29 Minuten beendet gewesen war, schaffte mit Teammanagerin Tanja Duschinger und Torhüter-Talent Lukas Schulte einen Stapel Kartons vor die Kabine.



Die Stärkung – dazu gab es noch Reis mit Hühnchen – konnten die Ingolstädter gebrauchen, schließlich waren sie am Samstag bei der 1:6 (0:4, 0:2, 1:0)-Klatsche beim tschechischen Top-Team Dynamo Pardubice in der Champions Hockey League (CHL) „der Scheibe meistens hinterhergelaufen“, wie Kapitän Fabio Wagner eingestand. „Wir waren immer einen Schritt zu langsam und haben nie wirklich Zugriff bekommen. Und wenn du nach dem ersten Drittel 0:4 hinten bist, ist es schwer, ins Spiel zurückzufinden.“

Nach zuvor drei glatten CHL-Siegen gegen Rouen, Färjestad Karlstad und Salzburg erhielten die Panther beim vierten Auftritt eine „Lehrstunde“ vom letztjährigen Hauptrundensieger der tschechischen Liga, wie es Routinier Daniel Pietta ausdrückte. „Pardubice hat uns nicht in den Rhythmus kommen lassen. Ich weiß nicht, ob wir überhaupt mal eine Phase hatten, in der wir überlegen waren. Eher nicht.“ Erst als sich die spielstarken Tschechen um NHL-Rückkehrer Lukas Sedlak auch mal eine doppelte Unterzahl leisteten, kamen die Panther durch Wayne Simpson zum Ehrentreffer.

Zufrieden mit drei Siegen aus vier CHL-Spielen

Mit neun Punkten und zwei abschließenden Hauptrunden-Heimspielen gegen den schwedischen Meister Växjö Lakers und Vitkovice Ostrau aus Tschechien im Oktober steht der ERC in der Königsklasse aktuell dennoch sicher unter den besten 16 Mannschaften, die K.-o.-Runde ist nah. „Mit drei Siegen aus vier Spielen kann man auf jeden Fall zufrieden sein“, meinte Philipp Krauß. „Wenn wir alle – wie beim 3:2 gegen Färjestad – im System spielen, sind wir schwer zu schlagen“, ergänzte Pietta.

Doch wenn nicht, kann eine Partie wie in Pardubice auch gewaltig in die Hose gehen. Dabei hatte Trainer Mark French noch gewarnt: „Wir wussten, dass wir unsere beste Leistung bringen müssen, sonst reicht es nicht.“ Die Panther brachten ihr Spiel allerdings nicht annähernd aufs Eis der Enteria-Arena – und sich selbst mit zahlreichen Strafzeiten um jede Siegchance. „Die mangelnde Disziplin und unsere Unfähigkeit, gegen das Powerplay eines sehr guten Teams zu bestehen, haben das Spiel bestimmt“, lautete Frenchs Fazit. Bodie (der seinen Gegenspieler per Tritt in die Beine umwarf) und Travis St. Denis (für eine Prügelei mit Tomas Dvorak) erhielten gar Spieldauer-Disziplinarstrafen. „Wir wollen hart konkurrieren, aber dürfen die Linie zur Undiszipliniertheit nicht überschreiten“, mahnte French.

Trainer French nimmt Goalie Williams in Schutz

Schon im ersten Drittel hatte ERC-Torhüter Devin Williams viermal hinter sich greifen müssen – und das bei nur sieben Torschüssen der gnadenlos effizienten Tschechen. „Ich weiß nicht, ob man Williams für die Gegentore die Schuld geben kann. Wir haben ihn eher nicht besonders gut unterstützt, als dass wir mit dem Finger auf ihn zeigen könnten“, nahm French seinen Goalie in Schutz, der sich am Ende noch auf immerhin 78 Prozent Fangquote steigerte.

Auch dessen Vorderleute suchten die Verantwortung bei sich selbst: „Sie haben uns am Anfang überlaufen. Auch im zweiten Drittel ging es genauso los. Wir haben einfach zu viele Strafen gezogen“, meinte Philipp Krauß, der gleich dreimal in der Kühlbox Platz nehmen musste. „Da muss ich einfach schlauer spielen. Wahrscheinlich war ich zu übermotiviert, will zu sehr den Puck gewinnen und gehe zu viel Risiko. Das schadet mir selber, schadet dem Team – gerade in der Champions League“, sagte der junge Stürmer mit Blick auf die modifizierten Regeln, nach denen der Sünder auch bei einem Powerplay-Treffer des Gegners die vollen zwei Minuten brummen muss.

Pietta gewinnt der Pleite auch etwas Gutes ab

Pietta konnte der misslungenen Generalprobe für den Auftakt der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) am kommenden Freitag dennoch etwas Gutes abgewinnen. Dass angesichts der zuvor fünf Siege in Serie niemand überheblich werde, „dafür sorgen wir schon in der Kabine“, sagte er – doch ein Dämpfer „zum richtigen Zeitpunkt vor dem Saisonstart“ sei vielleicht trotzdem hilfreich für die Entwicklung der Mannschaft. „Wenn man nicht auf dem Level spielt, das man sich vorstellt, gibt es keinen Trostpreis“, sagte French. „Aber wir können sicher aus unseren Fehlern lernen.“

Insgesamt zeigten sich alle im ERC-Lager zufrieden mit der Vorbereitung, zudem ist kein Panther zum DEL-Start verletzt. „Wir haben ein bisschen schwer angefangen beim Gäuboden-Cup, aber dann Schritt für Schritt nach vorne gemacht, das Spiel in Pardubice ausgenommen. Wir wurden alle sicherer, was das System anging“, berichtete Pietta. Die Neuzugänge komplett zu integrieren werde aber noch „bis in die Saison hinein“ dauern.

Inklusive des Trainingslagers in Südtirol bestritten die Panther in der Vorbereitung auf die DEL sieben Auswärts- und nur ein Heimspiel. In der Fremde geht es auch in der Liga los: Am ersten Wochenende reisen die Panther zu den Spitzenklubs Eisbären Berlin und Kölner Haie. „Früh in der Saison ist es immer gut, als neues Team zusammen unterwegs zu sein“, sagte French.

Viele Kilometer rissen auch die Hundertschaften Ingolstädter Fans bereits ab, rund 300 waren in Pardubice dabei – was den Panthern eine Menge Respekt abnötigte. „Schon in Rouen und in Salzburg haben sie uns so zahlreich begleitet, und auch beim Heimspiel gegen Färjestad eine tolle Stimmung gemacht. Das ist nicht normal im August und September, wenn draußen noch 30 Grad sind“, lobte Krauß. „Wir haben tolle Fans, das macht Lust auf mehr.“ In Berlin will dann auch Bodie wieder abliefern – nicht nur Pizza.