Meisterschaften am Sonntag
Kendo in Ingolstadt: „Wir hauen uns respektvoll auf den Kopf“

Beim TSV Ingolstadt-Nord wird die japanische Kampfsport Kendo gelehrt – Bayerische Meisterschaften am Sonntag

22.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:53 Uhr
Sabine Kaczynski

Die komplette Ausrüstung ist angelegt: Die Kendo-Kämpfer des TSV Ingolstadt-Nord können starten. Fotos: Kaczynski

Beim TSV Ingolstadt-Nord wird die japanische Kampfsport Kendo gelehrt. Am Sonntag finden die bayerischen Meisterschaften statt.



Eine außergewöhnliche Gruppe betritt die Turnhalle der Lessingschule. Die Schuhe werden draußen gelassen, man verbeugt sich respektvoll und betritt dann den Raum. Gekleidet sind die drei Frauen und zwei Männer in dunkle Mäntel, außerdem haben sie Holz- und Bambusschwerter dabei. Was geht hier vor? Die Antwort heißt Kendo, eine japanische Kampfsportart, die seit 2018 beim TSV Ingolstadt-Nord von Sensei – also Lehrerin – Anja König unterrichtet wird. Inzwischen gehören rund zehn Personen zwischen zwölf und 50 Jahren zur Abteilung.

„Mit dieser Sportart kann man in jedem Alter beginnen“, erklärt König, die in der Halle auf der „Lehrerseite“ gegenüber ihren Schülern steht. Die sind nach ihrem Können aufgestellt, alles ist genau geregelt. Zunächst tragen sie die traditionelle japanische Sportkleidung Hakama, bestehend aus einem dunkelblauen Hosenrock mit weit geschnittenen Beinen und dem Gi, der Trainingsjacke. Hinzu kommt ein Holzschwert.

Dann geht es los: Die sogenannten Kata, festgelegte Bewegungsformen, die später auch in den Kämpfen Anwendung finden, werden nach Nummern von König abgefragt. Die Schüler müssen den korrekten Ablauf wissen – und antworten auf Japanisch. „Man muss die Sprache keineswegs beherrschen“, beruhigt König schmunzelnd. „Aber ein paar Begriffe lernt man durchaus.“

Mischung aus Samurai und Jedi-Ritter

Danach folgt die Ausführung in Zweierteams: Erst verbeugt man sich, um dann laut schreiend aufeinander loszugehen. Was für den Laien seltsam anmutet, gehört beim Kendo unbedingt dazu, jede Bewegung und jeder Ausruf ist genau festgelegt. König unterbricht derweil immer wieder, weist auf eine unkorrekte Fußstellung hin und korrigiert zum Beispiel eine unpräzise Schwertführung oder -haltung oder auch die fehlende Geschwindigkeit.

Bevor die richtigen Kämpfe geübt werden, legen alle die komplette Ausrüstung an. Diese Schutzkleidung sieht für Neulinge mehr als abenteuerlich aus. Helm, Handschuhe, Brustpanzer und Unterleibsschutz werden in einer vorgeschriebenen Anordnung zurechtgelegt und kniend angezogen. Auf Details, etwa waagerechte Schleifen (senkrecht bedeutet Trauer), wird nicht nur im Training geachtet, im Wettkampf kostet ein schlampig angelegtes Outfit Punkte.

In der kompletten Montur, die einige Kilos wiegt, sehen die Sportler dann aus wie eine Mischung aus Samurai und Jedi-Ritter, die statt des Lichtschwertes ein Shinai (Bambusschwert) mit sich führen. In diesem Aufzug werden nun Formen geübt, bei denen die Trefferzonen im Mittelpunkt stehen. Davon gibt es vier: Men (Kopf), Kote (Handgelenk), Do (Seite) und Tsuki (Kehle).

Bayerische Meisterschaften am Sonntag in Ingolstadt

In der Folge erschließt sich dann der Sinn der Schreie: Der jeweils angepeilte Bereich wird lauthals gebrüllt, bevor der Angriff startet – der Geräuschpegel in der Halle steigt entsprechend. Auch bei diesen Übungen greift König korrigierend ein, denn im Wettkampf zählt ein Treffer nur, wenn die komplexen Bewegungsabläufe richtig koordiniert und exakt ausgeführt werden, der Schrei zum richtigen Zeitpunkt kommt und der Schlag auch dort gesetzt wird, wo er angekündigt wurde.

Wie gut die Ingolstädter Kendoka das beherrschen, können sie bei der bayerischen Meisterschaft zeigen, die an diesem Sonntag erstmals beim TSV Ingolstadt-Nord ausgetragen wird. Die bayerische Kendo-Gemeinschaft besteht aus rund 300 Sportlern, wie König berichtet, die bei der BM als Kampfrichterin fungiert. Für die TSV-Kämpfer, die vorwiegend Anfänger sind, wird es darum gehen, Erfahrungen zu sammeln.

Und was fasziniert Sensei König ganz persönlich an Kendo? „Man lernt, sich vor anderen Menschen zu beweisen, denn man muss gegen eine zierliche Frau genauso kämpfen wie gegen einen Zwei-Meter-Mann – das gibt Selbstvertrauen. Gleichzeitig werden beim Kendo Respekt und Demut vermittelt. Man könnte sagen, wir hauen uns respektvoll auf den Kopf“, fasst die Abteilungsleiterin augenzwinkernd zusammen.


Die bayerischen Kendo Meisterschaften finden am Sonntag (24. Juli) ab 10.30 Uhr in der Halle des TSV Ingolstadt-Nord (Wirffelstraße) statt. Weitere Infos, auch zu den Trainingszeiten beim TSV, unter kendo-ingolstadt.de.