Interview vor CHL-Duell
Växjö-Stürmer Tobias Rieder: „Der ERC Ingolstadt hat eine super Mannschaft“

10.10.2023 | Stand 12.10.2023, 14:53 Uhr

Zum vierten Malin den vergangenen neun Spielzeiten holten die erst 1997 gegründeten Växjö Lakers im Frühjahr 2023 die schwedische Meisterschaft. Tobias Rieder spielt seit 2021 für den Klub aus dem Småland und steuerte 27 Scorerpunkte zum Titelgewinn bei. Foto: Imago Images

Eines der besten Eishockey-Teams in Europa kommt an diesem Dienstag (19.30 Uhr/More than Sports TV) in die Saturn-Arena: Am fünften Spieltag der Champions Hockey League (CHL) empfängt der ERC Ingolstadt den schwedischen Meister Växjö Lakers um Nationalstürmer und Ex-NHL-Profi Tobias Rieder.



Mit unserer Zeitung sprach der 30 Jahre alte Landshuter über das Leben in Schweden, die enge Finalserie gegen Skelleftea AIK mit seinem Jugendfreund Tom Kühnhackl, die Panther und Ticketwünsche aus der Heimat.

Herr Rieder, wie viele Tickets mussten Sie für Freunde und Familie aus der Heimat besorgen?


Tobias Rieder: (lacht) Ich glaube, dass acht Leute kommen werden. Meine Eltern natürlich, ein paar Freunde. Es wird bestimmt ein lustiger Abend.

Über das Los „Ingolstadt auswärts“ haben Sie sich sicher ziemlich gefreut.

Rieder: Ja, auf alle Fälle. Es ist immer schön, in die Heimat zu kommen. Das macht es für Familie und Freunde einfacher, mal ein Spiel anzuschauen. Da ist Ingolstadt natürlich perfekt.

Haben Sie schon mal in der Saturn-Arena gespielt?

Rieder: Nein. Vielleicht im Nachwuchs mal, aber dran erinnern kann ich mich nicht mehr.

Gehört ERC-Kapitän Fabio Wagner, der wie Sie aus Landshut stammt, zu Ihren engen Kumpels?

Rieder: Wir sind mehr oder weniger miteinander aufgewachsen. Ich bin sehr gut mit seinem Bruder befreundet, und daher auch sehr gut mit Fabio und seinen Eltern. Wir haben schon immer wieder Kontakt.

Auch vor dem Dienstagsspiel?

Rieder: Ich habe mit Fabios Vater kurz geschrieben, die Wagners werden auch vor Ort sein. Es wird schön, alle mal wieder zu sehen.

Was erwarten Sie sportlich, wie stark schätzen Sie den ERC ein?

Rieder: Wir wissen natürlich, dass Ingolstadt eine super Mannschaft hat und immer oben mitspielt. Aber es ist relativ schwer zu sagen, was uns erwarten wird.

Sie sind mit Växjö im vergangenen Frühjahr schwedischer Meister geworden. Wie würden Sie das Niveau der Svenska Hockeyligan SHL beschreiben?

Rieder: Die Liga ist sehr gut, relativ ausgeglichen. Man hat nie einen leichten Abend, egal gegen wen man spielt. In Schweden gibt es viele Mannschaften, die strukturell sehr stabil agieren. Es werden wenige Fehler gemacht, und es wird erst mal nach hinten abgesichert, bevor es nach vorne geht.

„Die Schweden sind alle top ausgebildet“



Im Finale ging es gegen Skelleftea AIK mit Ihrem Landshuter Jugendfreund Tom Kühnhackl. Eine verrückte Konstellation.

Rieder: Das war natürlich überragend, richtig cool. Es hat sehr viel Spaß gemacht – zumindest für uns. Ich weiß nicht, was der Tom darüber sagt (lacht). Es waren ja auch verrückte Spiele, Anspannung pur. Es ist nicht viel passiert, aber wenn ein Tor gefallen ist, wusste man: Oh, das wird schwer, es noch mal zu drehen. Auch wenn die Serie nach fünf Spielen vorbei war, war es unheimlich ausgeglichen. Es hätte auch andersrum ausgehen können. Wir hatten ein paar Neuverpflichtungen in der Verteidigung, die überragend gespielt haben. Wir haben nicht viel anbrennen lassen, unser Torwart Emil Larmi war ja dann auch wertvollster Spieler. Es hat viele Nerven gekostet, aber wir haben es am Schluss richtig gut runtergespielt.

Wie schwer fiel Ihnen nach mehr als zehn Jahren in Nordamerika die Anpassung an das kontrolliertere, disziplinierte schwedische Eishockey?

Rieder: Eigentlich gar nicht. Die Schweden sind alle top ausgebildet, auch die Nachwuchsspieler, die bei uns mittrainieren. Außerdem sprechen die meisten perfekt Englisch, von daher war da keine große Umstellung nötig.

Und wie steht’s um Ihr Schwedisch?

Rieder: (lacht) Nicht so gut. Ein paar Wörter kann ich, aber ich finde, dass es eine schwierige Sprache ist.

Wie ist das Leben in Schweden abseits des Eises? Sitzen Sie in Ihrer Freizeit am See und werfen die Angel aus?

Rieder: (lacht) Växjö ist super, eine kleinere, gemütliche Stadt, aber sehr Eishockey-verrückt. Man wird super behandelt. Seen gibt’s auch ein paar, aber oft treffen wir Spieler uns nach dem Training zum Kaffeetrinken in der Stadt. In einer langen Saison ist man allerdings auch froh, wenn man mal nichts tun kann.

„Ich lasse die Dinge passieren“



Sie haben sich mit den Lakers bereits für die K.-o.-Runde der CHL qualifiziert. Kommen Sie überhaupt mit dem ganzen Team nach Ingolstadt oder werden ein paar Profis geschont?

Rieder: Wir haben zur Zeit ein paar Verletzungsprobleme, deswegen reisen wir mit dem ganzen Kader an. Zuletzt hatten wir Schwierigkeiten, vier Reihen aufs Eis zu bringen. Deshalb muss jeder, der gesund ist, mit nach Ingolstadt (lacht).

Verfolgen Sie die DEL überhaupt? Sie haben ja nie dort gespielt, weil Sie jung nach Nordamerika gegangen sind.

Rieder: Ich verfolge das Geschehen schon ein bisschen. Wir spielen meistens donnerstags und samstags, dann kann ich ab und zu bei der DEL reinschauen.

Ihr Vertrag in Växjö läuft 2024 aus. Können Sie sich – wie bei Kühnhackl – einen Wechsel in die DEL vorstellen? Oder würden Sie lieber noch länger in Schweden oder anderswo spielen?

Rieder: Ich bin da momentan völlig offen. Es ist noch früh in der Saison. Natürlich kann ich mir vorstellen, in die DEL zu gehen, ich werd’ ja auch nicht jünger, dieses Jahr werde ich 31.

Das ist doch kein Alter.

Rieder: (lacht) Naja. Wie gesagt: Ich bin für alles offen und lasse die Dinge passieren. Die Agenten machen ja die ganze Arbeit. Wenn das Richtige dabei ist, wird gehandelt. Aber noch mache ich mir keinen Druck.

Wäre der ERC eine Option? Oder käme für Sie nur ein absolutes Top-Team wie München, Mannheim oder Berlin in Betracht?

Rieder: Für mich ist alles eine Option. Die Agenten händeln das, die reden mit den Managern.

Die Weltmeisterschaft im Mai haben Sie sausen lassen, weil Sie nach der anstrengenden Saison eine Pause brauchten. Hat Ihnen die sensationelle Silbermedaille Lust auf eine Teilnahme im kommenden Jahr gemacht?

Rieder: Auf alle Fälle. Rund um die WM haben meine Frau und ich in Kanada geheiratet, da wäre eine Teilnahme zu stressig geworden. Manchmal muss man auch schauen, dass die Familie Vorrang hat. Aber natürlich habe ich die WM im Fernsehen angeschaut, und klar will man dabei sein. Mal schauen, was diese Saison passiert.

Das Gespräch führte Alexander Petri.

ZUR PERSON

Tobias Rieder (30) bestritt für Arizona, Los Angeles, Edmonton, Calgary und Buffalo 492 NHL-Spiele (150 Scorerpunkte). Der Landshuter nahm mit der DEB-Auswahl an fünf WM-Turnieren und den Olympischen Spielen 2022 teil. Im dritten Jahr spielt der Stürmer nun für Växjö und wurde 2023 Meister.