Serie zum 20. FCI-Geburtstag
Gute Zeiten, schlechte Zeiten: Die Geschichte von Rekordspieler Marvin Matip beim FC Ingolstadt

19.10.2023 | Stand 20.10.2023, 13:05 Uhr

278 Spiele, elf Tore, zehn Assists: Marvin Matip war das Gesicht des FC Ingolstadt. Nach vielen erfolgreichen Spielzeiten verlief die letzte Saison des langjährigen Schanzer Kapitäns nicht ohne Störgeräusche. Foto: Bösl

Als seine Situation beim 1. FC Köln im Sommer 2010 unter Trainer Zvonimir Soldo festgefahren schien, war für Marvin Matip klar: „Ich brauche eine sportliche Veränderung.“ Eine Lösung gab es aber erst zum Ende des Transferfensters Ende August. „Es war ein enges Rennen zwischen dem FC Ingolstadt und dem MSV Duisburg“, erklärt der 38-Jährige.



Matip entschied sich „nach einem Telefonat mit Moritz Hartmann“, damals schon ein Jahr Schanzer, für einen Wechsel an die Donau. „Dass ich neun Jahre bleiben würde, dachte ich natürlich nicht“, sagt Matip. Mit 278 Einsätzen wurde er Rekordspieler der FCI-Profis. Im Sommer 2019: der bittere Abschied.

In den FCI verliebte sich Matip relativ schnell. „Die 2. Bundesliga war etwas ganz Besonderes für den Verein. Der Zusammenhalt überall, auch auf der Geschäftsstelle, hat die Schanzer geprägt“, erinnert sich der Verteidiger. Auf miserable Hinrunden folgten in der Rückrunde regelmäßig große Kraftakte, darunter der erste Sieg gegen die Löwen („Ein absolutes Highlight“) im Februar 2014. „Einen Klassenerhalt haben wir wie einen Aufstieg gefeiert.“

FC Ingolstadt: Marvin Matip über eine Bulli-Tour nach Lautern

Im Mai 2015 konnte Matip bei den Schanzern schließlich erleben, wie sich ein „echter“ Aufstieg anfühlt, als der FCI im Heimspiel gegen RB Leipzig (2:1) den erstmaligen Einzug in die Bundesliga perfekt machte. „Das ganze Jahr war unglaublich, wir hatten ein unheimliches Teamgefühl. Es hat ein Rädchen ins andere gegriffen, es war wie im Rausch“, blickt Matip zurück, der aufgrund eines Armbruchs im Saisonfinale zum Zuschauen gezwungen war.

Als der erste Teil der Aufstiegsfeierlichkeiten zu Ende war, machte sich der deutsch-kamerunische Abwehrchef am letzten Spieltag als Fan auf zum Betzenberg und dem Spiel beim 1. FC Kaiserslautern. „Das war eine schöne Tour mit dem Bulli. Danny (da Costa) und Benni (Hübner) waren auch mit dabei.“

Da sich der sportliche Wert der Partie in Grenzen hielt, hatte der verletzte Kapitän auf der Tribüne Zeit zum Nachdenken. „Es ist schon irgendwie beeindruckend, einen großen Teil dieses Weges mitgegangen zu sein und sagen zu können: ‚Wow, das haben wir geschafft.‘“ Nach dem sensationellen Klassenerhalt in der Bundesliga, dem Abstieg erhobenen Hauptes und einem durchschnittlichen Jahr in der 2. Bundesliga läutete die Winterpause der Saison 2018/19 Matips Ende beim FCI ein.

FC Ingolstadt: So ordnet Matip seine Degradierung 2019 ein

Der dienstälteste Spieler wurde nach der Hinrunde von Trainer Jens Keller, Geschäftsführer Harald Gärtner und Berater Thomas Linke in die zweite Mannschaft degradiert. „Zu diesem Zeitpunkt war es ein riesen Schlag für mich“, blickt Matip zurück. Auch wenn die Entscheidung „aus sportlichen Gründen nachvollziehbar“ gewesen sei, „war ich damals von den handelnden Personen richtig enttäuscht“.

Ebenso bekam Matips Beziehung zu den Fans Risse ab. Nach einem 0:4-Debakel im Kellerduell beim SV Sandhausen im Oktober 2018 flogen Becher aus dem FCI-Block gen Schanzer Spieler. Matip holte das Team mit den Worten „Das sind Asoziale“ vom Zaun weg. Einige Anhänger und Fanklubs tobten und forderten Matips Absetzung als Kapitän, der beim Fantreffen eine Woche später erklärte, „nur die Becherwerfer und Pöbler“gemeint zu haben.

FC Ingolstadt: Was Marvin Matip derzeit macht

Falls er eines Tages als Rekordspieler abgelöst werden sollte, „würde ich mich sogar freuen“, wie Matip sagt. Es wäre der „Beweis, dass sich Spieler mit dem Verein identifizieren“. Bis dahin sei er „natürlich stolz auf die Marke von 278 Partien. Es ist in der modernen Fußball-Welt nicht selbstverständlich, dass ein Spieler einem Verein so lange und so treu beisteht.“ In der kleinen Fußball-Welt ist Matip noch beim SV Hundszell (Kreisliga) aktiv, in dieser Saison allerdings noch ohne Einsatz.

Nach der „selbst genommenen Elternzeit“, in der sich Matip mit Frau Elsie um Töchterchen Valentina gekümmert hat, ist sein Tatendrang nun groß. Mit dem Bachelor in Sportbusiness Management in der Tasche will Matip seinen beruflichen Stammplatz im Bereich Marketing oder Vertrieb finden, nicht notwendigerweise im Bereich Fußball. Seine alte Liebe gefällt ihm nach zwei schwachen Jahren in der aktuellen Saison wieder „deutlich besser. Mit Trainer Michael Köllner und Sportdirektor Ivica Grlic geht es in die richtige Richtung“, sagt Matip. „Aber die Ergebnisse müssen natürlich kommen.“