Vater, Verletzter – Växjö-Schreck?
ERC Ingolstadt: Goalie Devin Williams soll endlich mehr spielen – schon im CHL-Achtelfinale

13.11.2023 | Stand 13.11.2023, 19:00 Uhr

Auf vier Einsätze in DEL und CHL kommt Devin Williams bislang in dieser Saison. Teamkollege Michael Garteig musste dagegen schon 21-mal ran, kein DEL-Goalie spielte häufiger. Foto: Traub

Die Pause ist vorbei für den ERC Ingolstadt: Im Achtelfinal-Hinspiel der Champions Hockey League (CHL) gegen den schwedischen Meister Växjö Lakers wollen sich die Panther an diesem Dienstag (18.30 Uhr/Saturn-Arena) eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel in einer Woche verschaffen.



Das Tor wird Devin Williams hüten, der privat auf Wolke sieben schwebt, doch sportlich in Ingolstadt noch kein Faktor ist. Vorne auf seiner Maske prangt sein Spitzname „Willy“, hinten ein Foto seines Hundes. Dazu kommen ein Bibelspruch – Philipper 4,13 („I can do all this through him who gives me strength“; zu Deutsch: „Alles vermag ich durch Christus zu schaffen“) – sowie die Initialen seiner Frau Krista und von Söhnchen Isaiah. „Ein Kind ist ein spezielles Geschenk“, schwärmt Williams, der vor Kurzem erstmals Papa geworden ist.

Es waren aufregende Wochen für die junge Familie: Eltern und Schwiegereltern kamen zu Besuch, um den Enkel zu begrüßen und zu unterstützen. Mit seiner Großmutter, die in Frankfurt geboren wurde und der er seinen deutschen Pass verdankt, machte Williams einen lange geplanten Ausflug nach Rothenburg ob der Tauber. „Dort ist ihre Mutter aufgewachsen. Wir sind vier, fünf Stunden dort gewesen“, berichtet der gebürtige US-Amerikaner. In der Deutschland-Cup-Pause stand dann ein Tag in München auf dem Programm, ehe sich Isaiah erkältete. „Dann waren wir nur noch zu Hause und haben Krankenhaus gespielt“, sagt Williams grinsend. „Aber auch das war schön, es gab nur uns, keine Termine.“

Williams spielte erst 16-DEL-Minuten

Sportlich halten sich die Termine des 28-Jährigen, der im Sommer von den Eisbären Regensburg nach Ingolstadt gewechselt war, bislang ebenfalls in Grenzen: In der CHL-Vorrunde durfte Williams in Rouen (5:3), in Pardubice (1:6) und gegen Växjö (2:5) ran. Doch in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) stehen mickrige 16 Minuten und 14 Sekunden zu Buche, nachdem der Linksfänger beim 2:5 gegen Wolfsburg nach 40 Minuten für Stammgoalie Michael Garteig eingewechselt wurde.

Werte, die fast an die Saison 2009/10 erinnern – damals absolvierte Dimitri Pätzold 64 ERC-Partien, während die Ersatzmänner Ilpo Kauhanen und Dustin Haloschan zusammen auf weniger als vier komplette Spiele zwischen den Pfosten kamen. Die Alleinunterhalter im Tor sind allerdings selten geworden, die meisten Klubs setzen längst auf Arbeitsteilung. So auch Mark French. „Michael hat das Arbeitspensum gestemmt. Es ist wichtig, dass Devin jetzt eine größere Rolle übernimmt“, sagt der ERC-Coach. Williams sieht seinen Start in Ingolstadt dagegen „nicht so negativ, ich lerne viel von ,Garts’. Klar will ich mehr spielen, aber wenn nicht, konzentriere ich mich auf das Training und versuche, ein guter Teamkollege zu sein.“

Erst Vaterfreuden, dann Verletzung

Die wenigen Einsätze Williams’ haben freilich ihre Gründe. Neben den freien Tagen wegen der Geburt seines Sohnes war da die sportliche Krise des ERC, in der French häufiger auf den erfahreneren Garteig setzte. Und vor allem war es die Verletzung, die sich Williams gegen Växjö zuzog und wegen der er wochenlang aussetzen musste. „Das war eine total normale Aktion“, erinnert sich der Goalie. „Ich bin rausgekommen, im Eis hängengeblieben, mit einem gegnerischen Spieler kollidiert und habe mir das Bein verdreht. Das war unglücklich und sicher keine Absicht.“ Zu allem Überfluss kassierte der ERC in dieser Situation auch noch das zwischenzeitliche 0:2. „Ich würde nicht sagen, dass es eine Strafe war, aber das Tor hätte nicht zählen sollen“, sagt Williams.

Ausgerechnet beim Wiedersehen mit den Lakers soll der Mann aus Michigan nun in eine arbeitsamere zweite Saisonphase starten. „Wenn ich gebraucht werde, muss ich bereit sein“, weiß Williams. „Devin ist zu 100 Prozent wieder fit. Wir haben drei Spiele diese Woche, da wollen wir die Belastung aufteilen“, erklärt French, die schweren DEL-Aufgaben am Freitag bei Meister EHC München und am Sonntag gegen die Adler Mannheim im Hinterkopf.

Dass die Växjö Lakers mindestens auf demselben Niveau spielen wie die deutschen Spitzenklubs, weiß Williams nur zu gut. „Sie bewegen den Puck sehr schnell und spielen enorm strukturiert. Es würde helfen, wenn wir nicht viele Strafen bekommen“, sagt er lachend mit Blick auf die vier schwedischen Powerplay-Treffer beim ersten Duell. „Mehr als drei Strafzeiten sind vermutlich kein Erfolgsrezept“, sagt auch French. Ein starker Williams schon.

Personal: Neuzugang Brandon Kozun fehlte am Montag noch beim Training und wird aller Voraussicht nach im CHL-Achtelfinale gegen Växjö noch nicht zum Einsatz kommen. „Er hatte immer einen Ruf als Scorer, ob bei den Junioren, in der AHL oder KHL. Ich habe gegen ihn gecoacht, aber kenne ihn nicht persönlich“, sagt Mark French.

CHL-Modus: Vor dem Achtelfinale steht schon fest, dass es einen neuen CHL-Sieger geben wird. Alle bisherigen Titelträger – Luleå (2015), Frölunda Göteborg (2016, 2017, 2019, 2020), Jyväskylä (2018), Rögle (2022) und Tappara Tampere (2023) − sind nicht mehr im Wettbewerb. Das Achtelfinale wird mit Hin- und Rückspiel ausgetragen, die Ergebnisse werden addiert. Die Spiele können anders als in der Liga auch remis enden. Eine zehnminütige Verlängerung oder Penaltyschießen sind nur im Rückspiel möglich.

Gegner: Als einzige Mannschaft in der Champions Hockey League noch ungeschlagen, Platz zwei in der Vorrunde, mit 29 Treffern die meisten erzielt, das drittbeste Powerplay und zum fünften Mal in der K.-o.-Runde: Mit den Växjö Lakers – CHL-Finalist 2018 – trifft der ERC Ingolstadt im Achtelfinale der Königsklasse auf eines der besten Teams Europas. Von der Stärke des amtierenden schwedischen Meisters konnten sich die Panther in der Gruppenphase aus erster Hand überzeugen: Bei der 2:5-Heimniederlage in der Vorrunde am 10. Oktober hatten die Ingolstädter deutlich das Nachsehen, vier Lakers-Treffer fielen in Überzahl. US-Boy Dylan McLaughlin ist mit acht Punkten Växjös Topscorer in der CHL, Top-Talent Noah Östlund und Nationalstürmer Tobias Rieder steuerten je sieben Zähler bei. Der 19-jährige Östlund war gegen den ERC zweimal erfolgreich. Panther Travis St. Denis erhielt eine Spieldauerstrafe, nachdem er Gabriel Carlsson von hinten umgetreten hatte.

Auch in der Liga sind die heimstarken Smålander nach durchwachsenem Start auf Kurs, rangieren nach 17 Spieltagen auf Tabellenplatz zwei hinter Färjestad BK. Mit dem Ex-Münchner Kalle Kossila (19 Punkte) stellt das Team von Trainer Jörgen Jönsson den aktuellen Topscorer der SHL. „Jetzt beginnt der richtige Spaß“, sagt Kossila vor der CHL-K.-o.-Runde. Panther und Lakers treffen in der Königsklasse bereits zum vierten Mal aufeinander: Zweimal gewannen die Skandinavier, doch am 3. September 2015 gelang dem ERC ein 5:3 in der Saturn-Arena. Jared Ross traf doppelt.