Challenge Roth
Die Weltmeister Frodeno und Lange vereint in herzlicher Rivalität

Beim Rother Triathlon-Klassiker pushen sich die deutschen Stars gegenseitig

30.06.2022 | Stand 22.09.2023, 21:42 Uhr

Selbes Ziel, selbe Mimik, selbe Emotion: Die pure Freude schrien die deutschen Triathlon-Dominatoren Jan Frodeno (2016) und Patrick Lange (2021) bei ihren Siegen beim Rother Langdistanz-Klassiker heraus. In diesem Jahr treffen sie dort aufeinander. Fotos: Karmann/Schamberger, dpa

Von Christian Rehberger

Roth – Er joggte winkend in den Saal. So locker, wie er wohl seit Monaten nicht mehr auf den Beinen war. Vielleicht verbuchte Jan Frodeno den Weg in die Rother Kulturfabrik vor die Presse sogar als kleine Trainingseinheit, da dem schnellsten deutschen Triathleten aller Zeiten auf der Langdistanz aktuell die nötigen Kilometer in den Beinen fehlen. Seine Zwangspause mit mehrmonatiger Leidenszeit geht an diesem Sonntag (ab 6.30 Uhr/BR überträgt) zu Ende, wenn er die eigene Form auf der größten Bühne testet, die sein Sport in Europa zu bieten hat. Und das ist nach wie vor der Challenge Roth, der nach den Corona-Beschränkungen im Vorjahr heuer wieder mit Zuschauern ablaufen kann.

In Scharen werden die Fans in den Triathlon-verrückten Landkreis ins südliche Mittelfranken pilgern. Sie fiebern dem deutschen Duell entgegen, das den Langdistanz-Klassiker überstrahlt: Der dreifache Hawaii-Sieger Frodeno (2015, 2016, 2019) trifft auf den zweimaligen Ironman-Weltmeister Patrick Lange (2017, 2018), der dazu Titelverteidiger in Roth ist. „Mehr geht in Sachen Energie, Zuschauer, Fans nicht“, sagte Frodeno schon über das Rennen in Bayern, das er 2016 in Weltbestzeit gewonnen hatte. Und dann ist da heuer eben noch Lange. Beide sind in großer Rivalität vereint, man könnte auch von herzlicher Abneigung sprechen. „Wir haben eine besondere Beziehung“, redete Frodeno gar nicht herum. „Man braucht aber auch Leute, mit denen man aneckt.“ Die einem die Motivation liefern, um sich an der absoluten Weltspitze noch ein paar Prozent mehr zu quälen. Lange, sagte Frodeno über den Mann direkt neben ihm, „pusht mich wirklich. Der Junge kann was.“ Das sei eigentlich das größte Kompliment, das er seinem deutschen Erzrivalen machen könne.

Die große Unbekannte ist die jeweilige Form der Kontrahenten, die mit bald 41 (Frodeno) und bald 36 (Lange) in dem Alter sind, wo die Zipperlein mehr werden. Lange hatte im Frühjahr sogar einen schweren Radunfall mit komplizierter Schultereckgelenksprengung. Mit „gedämpfter Erwartung“ sei er deshalb nach Roth gekommen. Das Training habe funktioniert, er sei fit; aber wie gut wirklich? „Ein bisschen eine Blackbox“ sei die Mission Titelverteidigung in dem „richtig geilen Starterfeld“. Denn auch da steht Lange dem nach wie vor amtierenden Hawaii-Sieger Frodeno in nichts nach: Dessen Nachmeldung habe auch ihn gepackt. „Gegen die Besten anzutreten, das ist die größte Motivation.“

Beide eint dazu der Verzicht auf den Ironman-WM-Ersatz in St. George/Utah vor wenigen Wochen, der auch für Frodeno zu früh gekommen war. Die letzten Monaten „waren echt beschissen“, bekannte der sonst so selbstbewusste Langdistanz-Dominator, den eine verschleppte Verletzung an der Achillessehne lange außer Gefecht setzte. Drei Monate habe er verloren, weil falsch behandelt. „Der sportliche Perfektionist musste geparkt werden“, umschrieb er die vor allem psychisch harte Wartezeit – die aber mit dem ersehnten Comeback auf dieser „ikonischen Strecke“ endet.

Ob er denn den abschließenden Marathon nach 3,86 Kilometern Schwimmen im Main-Donau-Kanal und den 180 Kilometern auf den beiden Radrunden durch den hügeligen Landkreis Roth mit Vollgas durchsteht oder doch zurückzieht für die Ironman-WM wieder auf Hawaii im Oktober? Auch das eine berechtigte und spannende Frage für den rastlosen Olympiasieger von 2008. „Es tut weh, am Rand zu sitzen“, hat er in den vergangenen Monaten erlebt. Gerade weil eine neue Generation die Triathlon-Spitze erobert hat, „und die Jungs fackeln ab“, sagte Frodeno – ohne den Namen von Oberzündler Kristian Blummenfeldt aus Norwegen in den Mund zu nehmen, der als Olympiasieger von Tokio, Weltbestzeiteroberer beim Ironman Cozumel, Ironman-Weltmeister von St. George und mit dem erfolgreichen Rekordversuch von unter sieben Stunden der Überflieger der vergangenen Monate ist. Gegen ihn will sich Frodeno noch einmal beweisen (möglichst im Oktober auf Hawaii), auch wenn er „nicht mehr der junge Wilde, der ich mal war“ sein kann.

Doch zuerst wartet am Sonntag das Duell mit Lange, der sich nicht weniger beweisen will. Und vor allem nach dem Jahr (und seinem Sieg) fast ohne Zuschauer in Roth, „das hier alles komplett erleben will“. Besonders den legendären Solarer Berg, den wieder Tausende Zuschauer säumen.

DK