Kommentar zum FC Ingolstadt
Wieder Fußball-Entwicklungsland? Darum ist Beiersdorfer gefordert

05.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:59 Uhr

FCI-Geschäftsführer Dietmar Beiersdorfer ist gefordert: Er muss nun bei den Schanzern einen neuen Sportdirektor samt Trainer präsentieren. Foto: Bösl

Der FC Ingolstadt ist in der 3. Liga als Aufstiegsaspirant in die Saison gestartet. Nun haben die Schanzer als Tabellen-14. noch sechs Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsrang. Der Verein steckt tief in der Krise.

In knapp einem Jahr feiert der FC Ingolstadt sein 20-jähriges Bestehen. Ob das ein Grund zum Feiern sein wird, ist derzeit noch fraglich. Gut möglich nämlich, dass die Schanzer dann wieder dort sind, wo sie einst angefangen haben – in der vierthöchsten Liga.

Noch haben die Ingolstädter zwar sechs Punkte Vorsprung vor einem Abstiegsrang. Doch wer diese Mannschaft, Verzeihung, Ansammlung an Spielern, im Derby gegen 1860 München gesehen hat, wird dem FCI vorbehaltlos zutrauen, diesen Vorsprung noch zu verspielen. Kein Plan, kein Feuer, keine Widerstandskraft. Wie konnte es so weit kommen?

Dass Trainer Guerino Capretti nach dem Offenbarungseid gegen die Löwen gehen muss, geschenkt – dieser Schritt war längst überfällig. Vielmehr muss man sich wundern, dass der damalige Sportdirektor Malte Metzelder – zur Erinnerung, auch er ist bereits seit zwei Wochen wieder Geschichte – offenbar ohne Vorbehalte Capretti präsentieren und obendrauf auch noch offensiven Fußball als neue FCI-DNA verkünden durfte. Den erhofften Aufstieg sollte es dann – quasi gratis – dazugeben. Wer glaubt denn so was? Man möchte allen Beteiligten zurufen: Hallo, aufwachen, ihr seid in der 3. Liga!

Das führt zur nächsten Frage: Was macht eigentlich Dietmar Beiersdorfer? Der einstige HSV-Boss ist gewiss ein umgänglicher Zeitgenosse, kann mit salbungsvollen Worten Mitarbeiter und Sponsoren umgarnen und bei Laune halten, aber bringt er den Verein wieder auf Kurs? In der Öffentlichkeit hält sich der 59-Jährige vornehm zurück und eckt somit natürlich auch nicht an, aber sportlich geht es seit seinem Amtsantritt kontinuierlich abwärts.

Die nächsten Entscheidungen sind wegweisend. Zwei Szenarien sind wahrscheinlich: Entweder Beiersdorfer zeigt jetzt klare Kante, präsentiert einen Sportdirektor mit einem Zukunftskonzept (Trainer inbegriffen) und überzeugt damit auch den Aufsichtsrat, oder Letzterer muss selbst handeln und Beiersdorfer als letzten Verbliebenen der erst im Herbst 2021 installierten Führungsriege in die Wüste schicken.

In diesem Fall wäre wohl der Weg frei für Harald Gärtner, zum FC Ingolstadt zurückzukehren. Der einstige Geschäftsführer und Sportdirektor, der den Verein jahrelang mit aufgebaut hat und immer noch mit seiner Familie hier lebt, ist den Schanzern trotz seines Rauswurfs 2019 weiter verbunden und wäre bereit, in der schwierigen Situation einen Neustart zu wagen. Wenn es darum geht, jemanden zu finden, der glaubhaft vermitteln kann, dass ihm dieser Verein am Herzen liegt, dann wäre dies keine schlechte Wahl.

Aber egal, wer es macht: Es geht um den Verein mit seiner umfangreichen Nachwuchsarbeit und den Mitarbeitern und schließlich auch um das Erbe von Vereinsgründer Peter Jackwerth. Denn eines ist auch klar: Kommen die Schanzer nicht wieder auf die Beine, wäre Ingolstadt wieder das, was es vor dem FCI war: Fußball-Entwicklungsland. Und das wird sich wohl niemand wünschen.