„Positiven Rassismus erlebe ich immer wieder“

Der Münchner Musiker Kaled tritt mit dem Audi-Bläserphilharmonie auf

13.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:37 Uhr

Gebürtiger Neuburger: Kaled setzt bei seinen Konzerten oft auf bayerische Mundart. Foto: Schwarz

Ingolstadt – Kaled hat ägyptische und bayerische Wurzeln, lebt und arbeitet im Münchener Stadtteil Moosach. Der Sänger und Songwriter gehört mit seiner einzigartigen Mischung aus Pop und in bayerischer Mundart performten Lyrics zu den spannendsten Newcomer-Talenten innerhalb der deutschsprachigen Musiklandschaft! „Ich bin mit diesem Mix aus Hochdeutsch und bayerischer Mundart aufgewachsen. Für mich ist das ganz normal“, sagt er. Vor seinem Konzert mit der Audi-Bläserphilharmonie stand er für einige Fragen zur Verfügung.

Sie selber haben Ihre Art Musik mal als „urbanen Mundart-Pop“ bezeichnet. Was genau kann man sich darunter vorstellen?
Kaled: Ich will der Mundart eine neue Note geben, indem ich coole neue deutschsprachige Popmusik mit Dialekt verbinde. Dieses Vorhaben ist nicht auf ein spezielles Zielpublikum hin kalkuliert, sondern spiegelt einfach nur wider, wie ich lebe und fühle. Dazu lasse ich mich von meinen musikalischen Vorlieben leiten, vor allem von Soul, Rhythm & Blues und Hip-Hop. Musikalisch komme ich eigentlich aus zwei Welten. Da ist die eben genannte mit Michael Jackson, Stevie Wonder, Wu-Tung Clan und all den Motown-Klassikern, und die andere, das Liedermacher-Ding mit Grönemeyer, Westernhagen und Konstantin Wecker. Wobei ich derzeit aber vermehrt mit Hochdeutsch arbeite. In Ingolstadt werde ich sechs Stücke vortragen, drei in Dialekt, drei in hochdeutsch. Musikalisch hat sich dadurch gar nicht allzu viel verändert, sprachlich jedoch schon.

Von Ihnen stammt der Satz „Deutsche und Ägypter – beide sind Grantler“. Singen Sie in Mundart, weil man da besser Granteln kann?
Kaled: Ich bin aufgewachsen und lebe im Münchener Stadtteil Moosach, bin aber kein Urbayer, sondern mit diesem typisch städtischen Mix aus Dialekt und Hochsprache groß geworden. Ich finde, wenn man Dialekt singt, darf man noch direkter und frecher sein. Wenn ich also mit Dialekt herumgrantle, klingt das charmant und weniger verletzend. Im Dialekt liegt immer ein Augenzwinkern, im Hochdeutschen weniger.

Sie haben teilweise ägyptische Wurzeln, also das, was man Migrationshintergrund nennt. Spiegelt sich das in Ihren Texten wider?
Kaled: Natürlich. Nehmen Sie zum Beispiel den Song „Wo ist die Freiheit?“ Da geht’s um Vorurteile in Deutschland, um politische und gesellschaftliche Bewegungen, die eindeutig rassistisch sind. Obwohl ich Bayer bin, bayerisch denke und Bayern ausdrücklich als meine Heimat bezeichne, falle ich trotzdem in dieses Raster. Und habe damit auch schon meine Erfahrungen gemacht. Nur eine kleine Anekdote: Einmal kam nach dem Auftritt die zuständige Landrätin auf mich zu und sagte: „Also, Ihr Deutsch ist ja wunderbar!“. Ich fragte mich: Ja, warum denn auch nicht? Ich bin in Bayern geboren und lebe in Moosach. Bayerischer und Deutscher geht ja kaum, oder? Die Frau meinte es nicht böse, sondern eher anerkennend, aber diese Art von positivem Rassismus erlebe ich immer wieder. Es ist schon erstaunlich, dass einer, der Bayer ist und sich als Bayer fühlt, aber halt nicht wie ein Bio-Bayer aussieht, sich rechtfertigen muss. Man wird irgendwann müde, dies immer wieder tun zu müssen.

Sie haben bereits mit den Münchener Symphonikern gearbeitet, jetzt geben Sie ein Konzert mit der Audi-Bläserphilharmonie. Warum diese Vorliebe für große Ensembles?
Kaled: Weil es für mich einfach ein Riesenerlebnis ist. Ich habe drei Aufnahmen mit großem Orchester, eben den Münchener Symphonikern, gemacht, sie aber bislang nicht veröffentlicht. Damals hab ich mir meinen eigenen Traum erfüllt. Ich hatte gerade einen gut dotierten Vertrag mit Universal Music unterschrieben und habe mir gedacht, ich sollte das Geld lieber in die Musik und nicht in die Anschaffung einer fetten Rolex investieren. Allein das Erlebnis, mit 60 Musikern zu arbeiten, war's mir wert.

Ihre Mutter stammt aus Neuburg an der Donau. Haben Sie noch Kontakt oder eine Verbindung dorthin?
Kaled: Ich bin in Neuburg geboren, war als Kind sehr oft bei meinen bayerischen Verwandten in Grasheim im Donaumoos, aber irgendwie ist der Kontakt jetzt nicht mehr so intensiv. Für einen Jugendlichen war die Stadt natürlich viel Interessanter. Aber wir haben noch Telefonkontakt. In Neuburg bin höchstens mal eher zufällig auf einen Kaffee oder ich schau beim Donauspringen von der Brücke in den Fluss zu. Das finde ich cool. Selber gesprungen bin ich allerdings noch nicht. – Aber ich sollte da tatsächlich mal wieder hinfahren. Gute Idee.

DK


Das Interview führte

Karl Leitner.