Einen Versuch war’s wert

DJ Mausio präsentiert eine Elektro-Session zum Abschluss der Audi-Sommerkonzerte – und nur wenige gehen hin

11.07.2022 | Stand 22.09.2023, 21:20 Uhr

Von Karl Leitner

Ingolstadt – Das Ziel ist laut Programmankündigung eine Fusion zwischen elektronischer und klassischer Musik. Um es zu erreichen, wurde zum Abschluss der Audi-Sommerkonzerte im Foyer des Stadttheaters DJ Mausio engagiert. Die Idee ist nicht neu. Karlheinz Stockhausen leistete Pionierarbeit, Eberhard Schoener beschäftigte sich mit dem Moog-Synthesizer, Frank Zappa ließ sein Synclavier auf Edgar Varèse los. Und das alles noch im Analog-Zeitalter.

Claudio Mikulski alias DJ Mausio ist unter ganz anderen Voraussetzungen unterwegs. Sein Arbeitsgerät sind drei Pioneer-Turntables, ein Mischpult und ein leistungsstarker Amp. Man sagt ihm nach, er sei Meister darin, mit diesem Equipment Genres nicht nur nebeneinander darzustellen, sondern echte Fusionen hinzubekommen, und er würde dabei sogar einen individuellen Fußabdruck hinterlassen.

DJ Mausio ignoriert denGrund für sein Engagement

In musikalischer Hinsicht kann das Vorhaben an diesem Abend jedoch nicht funktionieren, weil das klassische Element in seinem Standardprogramm, mit dem er angereist ist, überhaupt nicht vorkommt. Er habe nicht gewusst, dass es bei einem Klassikfestival wie diesem darauf ankäme, sagt er. Nachdem man auf einen auch noch so kleinen Fetzen Mozart, auf ein noch so kleines Fitzelchen Beethoven also vergeblich wartet, geht’s auch diesmal bei dieser Art Musik genau um das, worum es immer geht: Um originelle Mixes und um Beats so um die 160 bpm herum, die das ganze Set über möglichst nicht abreißen sollten, und um eine im Idealfall permanent rappelvolle Tanzfläche. Und ja, in der Tat, DJ Mausio versteht sein Handwerk, auch wenn er den Grund für sein Engagement dabei ignoriert.

Für Liebhaber der Club-Szene, Leute mit HipHop-Hörerfahrung und Fans seines von Mausio selbst als Future Techno bezeichneten Genres ist dessen Auftritt ein Heimspiel, für diejenigen, die nach dem Konzert des hr-Sinfonieorchesters noch anwesend sind, ist es das nicht, sondern eher gedacht als Option, mit komplett anderer Musik noch einen kleinen akustischen Absacker im zum Club umfunktionierten Foyer zu nehmen. Dass nur ganz wenige sich die Mühe machen, wenigstens ein paar Takte mitzunehmen, ist schade, aber verständlich. Denn dass nicht jeder den Nachhall, den Wagner und Mahler hinterlassen haben, bereits einige Minuten später durch Future Techno überlagert wissen will, kann man durchaus nachvollziehen.

Der löbliche Plan, zwei weit voneinander entfernte musikalische Lager einander anzunähern, kann theoretisch durchaus aufgehen, nicht aber dann, wenn eine Partei gar nichts dazu beiträgt und ein Großteil der anderen Berührungsängste hat und viel weniger Interesse zeigt als noch beim Jazzkonzert zwei Tage zuvor. Also bleiben die von außerhalb ins Foyer gekommenen Techno-Fans weitgehend unter sich.

Visionen können aucheinmal scheitern

Natürlich war das Projekt trotzdem einen Versuch wert und wird auch dem Festivalmotto „Zukunftsvisionen“ gerecht. Visionen sind nun mal Visionen und müssen nicht automatisch zur Realität werden. Sie sind auch weiterhin nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht und notwendig, um Kunst lebendig zu erhalten. An dieser Erkenntnis ändert sich auch dann nichts, wenn ein Abend mal nicht so optimal läuft.

DK