„Die Star Fours lösen sich wieder auf“

Kabarettist Andreas Hofmeir über die Krise der Kultur und seine Pläne für „Wer dablost’s?“

13.11.2022 | Stand 20.09.2023, 2:11 Uhr

Andreas Hofmeir (links) zusammen mit den Star Fours. Hofmeir (44) ist Professor für Tuba in Salzburg, Kabarettist, Buchautor und Moderator von „Wer dablost’s?“. Foto: Floereke

Herr Hofmeir, gestern waren Sie mit einer musikalischen Lesung in Eichstätt, am Mittwoch sind Sie mit den Star Fours in Ingolstadt und als Moderator bei „Wer dablost’s?“ kommen Sie im Dezember wieder, ernst und komisch, singend und sprechend. Wie schaffen Sie das? Und kommen Sie da nicht durcheinander?
Andreas Hofmeir: Naja, immer das gleiche wäre ja langweilig. Und so aufwendig ist es ja auch wieder nicht. Die Lesung heißt ja auch nicht umsonst „Kein Aufwand“.

Aber bei den Star Fours ist der Aufwand doch enorm mit über zwei Dutzend Instrumenten?

Hofmeir: Ja, das stimmt wohl. Und die sind teilweise teuer. Die Blockflöte vom Berger aus original Gaimersheimer Ahorn mit Plastikveredelung gilt als Stradivari unter den Blockflöten und wird nur von dem vierstäbigen Möckenloher Marimbaphon getoppt. Und der Bub schrottet ja bereits beim Einzug zuverlässig das Becken von der großen Trommel. Wenigstens war das Gasmaskophon richtig billig.

Letztes Jahr habt Sie nach 16 Jahren Pause wieder zusammengefunden zu einer erfolgreichen Revivaltour. Werden die Star Fours doch wieder eine Dauereinrichtung?

Hofmeir: Nein, der Auftritt diesen Mittwoch in der Neun ist wirklich der letzte. Der Instrumentenverschleiß, die Feierei, wir sind halt nicht mehr die Jüngsten. Und der Kardiologe vom Berger kriegt bei seinen Tanzeinlagen auch jedes Mal einen Herzinfarkt. Aber traurig wird es schon, wenn wir mit den Fans dann noch mal das Ingolstadt-Lied singen und den Senf-Song tanzen.

Apropos traurig: die Weltlage ist ja eher trübe, in den USA kommt Trump vielleicht wieder, in der Ukraine tobt Putin, die Energiepreise steigen und Corona ist auch noch nicht vorbei. Inspiriert das alles einen Kabarettisten und Künstler? Oder wird man depressiv als sensibler Mensch?
Hofmeir: Freilich könnte man depressiv werden, aber es bringt ja nix. Nur der Humor hilft in verzwickten Situationen, das weiß jeder, der schon mal auf Intensivstation gearbeitet hat oder auch jeder, der verheiratet ist. Und für uns Künstler ist ja immer wieder mal was Positives dabei. Aus der Energiekrise haben wir zum Beispiel für die Star Fours ein wunderbares Energiesparlied gemacht. Und die Maskenpflicht im Zuschauerraum war eigentlich auch nicht schlecht, von der Bühne aus gesehen. Man konnte sich zumindest vorstellen, dass man für ein junges und attraktives Publikum auftritt.

Bei anderen Künstlern allerdings herrscht schon etwas Ratlosigkeit. Gerade kann man wieder richtig loslegen, die Corona-Beschränkungen sind gefallen. Aber die Leute verlassen nur ungern ihr Sofa und gehen in die vielen Kulturveranstaltungen. Überschätzen wir nicht die Bedeutung von Kultur?

Hofmeir: Nein, wir überschätzen wenn dann nur den Mensch an sich. Der Mensch ist träge, sehr träge. Aber auch verführbar. Und das in jede Richtung. Das Internet hat’s dabei leicht: immer verfügbar, im Abo schon bezahlt und liefert ans Bett. Wir müssen die Leute wieder erziehen, dass man Kultur an bestimmten Orten in interessanter Gesellschaft analog erleben muss, damit Gemeinschaft funktioniert. Dazu gehören übrigens auch Traditionen und Religionsveranstaltungen. Und das fängt im Kindergarten an und muss in der Schule als absolute Priorität gehandhabt werden in Form vom Museums-, Theater- und Konzertbesuchen.

In Ingolstadt musste kürzlich der Finanzausschuss über ein Kunstprojekt des Museums für Konkrete Kunst entscheiden. Das Vorhaben des Künstlers Jan Schmidt wurde in einer längeren Diskussion abgeschmettert, der Kulturreferent zog den Antrag zurück. Eine weitere Niederlage für die Ingolstädter Kulturszene. Wie sollen die Kulturschaffenden mit solchen Eingriffen umgehen?
Hofmeir: Sie lachen, aber in meine Gästeplanung wurde auch schon mal von Stadtseite eingegriffen, als plötzlich Gregor Gysi auf der Liste stand. Das hab ich dann einfach ignoriert. Also wenn es am Geld scheitert, dann mach ich gerne ein Angebot: Ich zersäge den Baum live für schlappe 12000 Euro mit einer Nagelfeile und die Diatonische vom Harrer kostenlos dazu. Und die Sägespäne stifte ich den Freien Wählern für ein Mahnmal an der Schlosslände unter dem Motto „Kultur tötet Bäume“.

Wenn wir schon von „Wer dablost’s?“ reden: Welche Gäste haben Sie eingeladen?
Hofmeir: Wissen Sie, am liebsten würde ich die Gäste vorher ja gar nicht verraten. Es soll die Neugier sein, die die Leute in die Show treibt. Ich glaube, wir haben noch nie wirklich enttäuscht. Ich möchte diesen Leuten den Vortritt lassen, meistens ist dann eh schon ausverkauft. Ok, ich verrate ein bisschen was: Eine Gästin ist Irmgard Knef, die 95-jährige Schwester von Hildegard. Wenn sie bis dahin noch kann, singt sie auch mit unserer Band. Dann gibt’s natürlich Monika-Minder-Gedichte für die ganz Harten und noch einen Wortkabarettisten und einen Gast aus der Welt des Fußballs, es ist ja schließlich der Tag nach dem WM-Finale im FC-Bayern-Trainingszentrum.

Muss man als Kabarettist eigentlich auch mal richtig unbequem sein, provozieren, Sand im Getriebe sein?
Hofmeir: Wenn es sein muss, muss es sein. Es geht ja beim Kabarett auch um Gewissensbildung auf humorvolle Art. Am Publikumserfolg sollte man sich da aber nicht orientieren, da leidet immer die Qualität. Und echte Qualität hat auch immer ihr Publikum, und zwar ein gutes.

DK



Das Interview führte

Jesko Schulze-Reimpell.


Mittwoch, 16. November, 20 Uhr: „Star Fours – die letzten Jodler“ im Kulturzentrum neun und am 18. Dezember, 20 Uhr: „Wer dablost’s?“, ebenfalls im Kulturzentrum neun. Die Eintrittskarten sind erhältlich in der Tourist Information am Rathausplatz, im Westpark Ingolstadt, im Schanzer Ludwig Store (Theresienstr. 13), über Ticket Regional.