Tanz der Teufel

Ehemalige Musiker des GKO spielten im Ingolstädter Illuminatensaal

13.11.2022 | Stand 20.09.2023, 2:14 Uhr

Kleines Georgisches Kammerorchester: Sieben ehemalige Mitglieder des GKO im Illuminatensaal. Foto: Schulze-Reimpell

Von Jesko Schulze-Reimpell

Ingolstadt – Sie können es einfach nicht lassen – die ehemaligen Musiker des Georgischen Kammerorchesters, die sich schon eine gewisse Zeit im Ruhestand befinden. Sie müssen einfach wieder zu ihren Instrumenten greifen. Deshalb haben sie eine eigene Konzertreihe initiiert, inspiriert und geleitet von David Tsadaia. Die Konzerte finden nun in unregelmäßigen Abständen im Illuminatensaal in der Theresienstraße statt. Und dazu haben die Musiker auch eine eigene Gesellschaft gegründet, die Georgisch-deutsch-französische Gesellschaft (DGF), denn unter Beteiligung dieser drei Länder sollen die Konzerte stattfinden.

Nun, beim ersten Konzert am Wochenende saßen zunächst nur sieben Georgier am Pult, alles Musiker im Ruhestand bis auf einen. So hoch das Durchschnittsalter auf der Bühne auch gewesen sein mag – die Musiker haben es noch drauf, selbst wenn es um ein so wildes Stück geht wie Antonio Vivaldis „La Follia“: die Verrücktheit. Die Georgier lassen es nur am Anfang ruhig angehen – dann, in den Variationen, sprudeln die Läufe, fetzt David Tsadaia auf dem Cello die Töne heraus, brummt der Kontrabass. Das klingt bombastischer, klangstärker als man es von einem so kleinen Orchester sonst vermuten würde. Aber die Georgier waren schon immer für ihre Klanggewalt berühmt. So wirkt die Darstellung ein wenig so, wie wir das Georgische Kammerorchester früher kannten – weniger historische Aufführungspraxis, mehr klanglicher Überschwang.

Die Neigung zum Forte-Spiel hat aber gelegentlich auch Nachteile – etwa beim zweiten Werk des Abends, dem Ballett „Don Juan“ von Christoph Willibald Gluck. Auch hier schwelgten die Georgier, aber manche Effekte wären noch wirksamer gewesen, wenn die sieben Musiker auch einmal wirklich extrem leise gespielt hätten. Die Musik des Sturm und Drang lebt schließlich von Kontrasten. Hier merkte man am deutlichsten, dass das kleine Ensemble ohne Dirigenten auskommen muss, der vielleicht doch gelegentlich deutlichere Akzente gesetzt hätte. Dafür spürte man, wie die sieben geradezu mit blinder Sicherheit aufeinander eingespielt sind, wie mit instinktiver Sicherheit jeder weiß, was die anderen gerade beabsichtigen, was sie fühlen und denken und tun, sodass selbst der Konzertmeister kaum Zeichen geben muss. Da spielen Musiker zusammen, die Jahrzehnte ihres Berufslebens miteinander verbracht haben. Eindrucksvoll besonders der letzte Satz, wenn sich die Pforten der Hölle öffnen, die Teufel tanzen und Don Juan vom Erdboden getilgt wird.

Am Ende noch einmal so etwas wie ein Heimspiel: die Miniaturen des georgischen Komponisten Sukhan Tsintsadze (1925–1991), gespielt mit viel Raffinesse und Sinn für die fantasievollen Nebenstimmen und klanglichen Effekte. Nach nur 50 Minuten war das Programm beendet, das Publikum feierte die Musiker begeistert mit vielen Bravorufen. Der Abend im Illuminatensaal aber ging weiter – mit georgischem Wein, Khachapuri und vielen Gesprächen.

DK