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Kinokritik: „Bob Marley: One Love“ ist gelungene Hommage an großen Musiker

14.02.2024 | Stand 14.02.2024, 16:54 Uhr
Martin Schwickert

Mit einem sanft glimmenden Charisma lässt Hauptdarsteller Kingsley Ben-Adir Bob Marley eindrucksvoll wieder auferstehen. − Foto: Paramount

Das Attentat steht am Beginn von Reinaldo Marcus Greens „Bob Marley: One Love“, der dem 1981 im Alter von 36 Jahren verstorbenen König des Reggae ein verdientes Denkmal setzt.



Im Jamaika des Jahres 1976 gehört politische Gewalt zum Alltag. Die Wahlkämpfe zwischen der sozialdemokratischen „Peoples National Party“ (PNP) und der rechtskonservativen „Jamaican Labor Party“ (JLP) werden mit Hilfe von paramilitärischen Banden ausgetragen. Mitten in dieser polarisierten Gesellschaft steht ein Mann, der mit seinen Reggae-Klängen und politisch-spirituellen Lyrics die Körper und Herzen der Menschen in Bewegung bringt.

Bob Marley (Kingsley Ben-Adir) ist eine Ikone auf der Insel. Seine Songs predigen Gerechtigkeit, Einheit, Liebe und Frieden, aber sein Haus wird von bewaffneten Wachen geschützt. Seit er seinen Auftritt beim „Smile Jamaica“-Konzert angekündigt hat, das ein Zeichen gegen die Gewalt im Land setzen will, ist Marley zur Zielscheibe parteipolitischer Angriffe geworden. Zwei Tage vor dem Konzert dringen bewaffnete Täter auf das Grundstück und schießen auf Bob Marley, seine Frau Rita (Lashana Lynch) und zwei weitere Personen.

Das Attentat steht am Beginn von Reinaldo Marcus Greens „Bob Marley: One Love“, der dem 1981 im Alter von 36 Jahren verstorbenen König des Reggae ein verdientes Denkmal setzt. Der Film wurde in enger Zusammenarbeit mit der Marley-Familie auf die Beine gestellt. Trotzdem ist aus dem Projekt kein ikonisches Heiligenbildchen geworden, sondern ein intimes, differenziertes Porträt, das dem besonderen Geist Marleys und seiner Musik auf die Spur zu kommen versucht.

Zwei Tage nach dem Attentat steht er trotz Verletzungen unter Polizeischutz auf der Bühne. Aber auch wenn Marley während eines Songs das Shirt hochzieht und dem Publikum die Schusswunden zeigt, die ihn nicht getötet haben, ist die Angst vor einem weiteren Angriff in seinem Kopf. Nach dem Konzert bringt er sich, seine Familie und die Band The Wailers aus der Schusslinie und geht ins Exil nach Großbritannien.

In London will er frei von Einschüchterungen und Bedrohung ein neues Album kreieren. Mit gebührender Ausführlichkeit zeigt Green den poetischen, musikalischen und spirituellen Schaffensprozess. Die Entstehung einzelner Songs allein am Küchentisch, in gemeinsamen Wohnzimmer-Improvisationen oder Studio-Sessions werden hier in feinen Montagesequenzen simuliert, die den Flow von Marleys Musik tief eingeatmet haben. Am Ende steht das legendäre Album „Exodus“, das den internationalen Durchbruch von „Bob Marley and the Wailers“ besiegelt.

Marley badet im Rausch des Erfolges und es ist seine Frau Rita, die ihn im Streit auf den Boden zurückholt. Als die ersten Anzeichen der Krebserkrankung auftauchen, die ihn drei Jahre später das Leben kosten wird, kehrt Bob Marley 1978 zurück nach Jamaika, um in Kingston erneut ein Friedenskonzert zu geben.

Ein vielschichtiges Künstlerportrait

Aber „Bob Marley: One Love“ nimmt nicht nur Bezug auf den musikalischen und politischen Einfluss des Reggae-Künstlers, sondern zeigt auch seine tiefe Verwurzelung in der Rastafari-Religion, die biblische Elemente mit panafrikanischem Gedankengut zusammenbringt.

Regisseur Green („King Richard“) gelingt ein vielschichtiges Musikerporträt, das ausgehend von einem zweijährigen Lebensausschnitt mit nur wenigen Rückblenden das persönliche und kulturelle Phänomen erkundet. Hauptdarsteller Ben-Adir füllt die Figur mit einem sanft glimmenden Charisma und lässt in den Konzertsequenzen den König des Reggae eindrucksvoll wieder auferstehen.

Martin Schwickert


• USA 2024, von Reinaldo Marcus Green, mit Kingsley Ben-Adir, Lashana Lynch, James Norton, 104 Minuten, frei ab 12 Jahren