Opa und Oma am Steuer
Verpflichtende Medizintests zur Fahrtüchtigkeit von Senioren sind in Pfaffenhofen umstritten

27.03.2024 | Stand 27.03.2024, 7:34 Uhr

Tests für Senioren am Steuer bleiben ein heikles Thema. Foto: Stratenschulte/dpa

Das Stoppschild nicht gesehen, die Bremse mit dem Gas verwechselt und plötzlich macht es Rumms – so was ist oft Unfallursache, wenn Senioren am Steuer sitzen. Der EU-Vorschlag zu verpflichtenden Medizinchecks sollte dem entgegenwirken, doch er wurde abgelehnt. Nachdem ein 83-Jähriger in Berlin eine Mutter mit ihrem Kind erfasste, die daraufhin starben, flammte die Debatte wieder auf.



„Freiwillig hört sowieso keiner auf“, meint Pörnbachs Seniorenbeauftragter Stephan Fink. Der 58-Jährige glaubt, der Verkehr werde durch die Tests sicherer. Fahruntüchtige Senioren sollten aufs öffentliche Netz umsteigen. Der Inhaber von Möckel’s Fahrschule, Günter Hies, sieht es anders. „In manche Dörfer fährt zweimal am Tag der Bus. Wie sollen die Leute zum Einkaufen kommen, wenn sie nicht mehr fahren können?“ Nicht nur deshalb könne man die Fahrtauglichkeitsprüfung vergessen. Jüngere Fahrer seien gefährlicher als ältere, die laut Hies „keinen Unsinn“ machen. Auch seien Senioren bei Tests viel zu nervös. Seine Fahrschule bietet Hilfe für Senioren an, die lang nicht mehr gefahren sind.

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„Angst vor Konsequenzen groß“



Auch in der Fahrschule Fleischmann gibt es in Kooperation mit dem ADAC ein spezielles Programm. Senioren können sich laut Inhaber Michael Fleischmann freiwillig einem Fahrtest unterziehen und werden neutral bewertet. Problem sei aber, dass sich die, die es nötig hätten, nicht immer testen ließen: „Oft ist die Angst vor Konsequenzen zu groß. Da würde mehr Aufklärung helfen, dass freiwillige Tests unter vier Augen bleiben.“ Ebenso könnten Versicherungsvorteile, Finanzhilfen und mobile Alternativen Senioren zu Tests ermutigen. Eine Verpflichtung hält er aber für schwierig umsetzbar.

„Nicht erzwingen“



Alois Batz (69) ist Vorsitzender der Kreisverkehrswacht. Auch er findet, dass begrenzte öffentliche Verkehrsnetze die Mobilität der Senioren einschränken. Tests erachtet er als vernünftig, man sollte sie aber nicht erzwingen. „Pfaffenhofen ist von den Unfällen nicht so stark betroffen“, weshalb es dort keine Aktionen für ältere Verkehrsteilnehmer gebe. Wie Fink kritisiert er die Grenze von 70 Jahren. „Wichtig sollte der Gesundheitszustand sein, nicht das Alter.“ So erklärt auch der Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord. Michael Graf: „Es gibt viele rüstige Senioren, die verantwortungsbewusst am Straßenverkehr teilnehmen.“ Es sollte für sie Maßnahmen zu mehr Sicherheit geben. Mit Aktionen wie Präventionsveranstaltungen oder Sicherheitskursen wirke man dem entgegen, wobei Senioren dafür aber teils schwer erreichbar seien.



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„Fünf Jahre zu lang“



Pfaffenhofens Seniorenbeauftragte Verena Kiss-Lohwasser hält den EU-Vorschlag für unüberlegt. Fünf Jahre zwischen den Tests seien lang, man müsse den Gesundheitszustand differenzieren. Ansonsten sei es eine Bevormundung anderer Verkehrsteilnehmer. Sie begrüße flächendeckende Anlaufstellen, an denen man sich freiwillig für Tests anmelden könne. Ob da dann aber jeder hingehen würde, sei die andere Frage. Sie erzählt von ihrem Vater. Dieser hätte seinen Führerschein freiwillig abgegeben, und so sei es richtig. „Am Ende kommt es auf die Selbstverantwortung und die Vernunft von jedem an“, meint Kiss-Lohwasser.

PK