Städtisches Siegel ist nur noch Nostalgie

1997 letztmals Hopfenabwaage in der Halle am Bauhof – Alte Stempel werden beim Fest ausgestellt

20.08.2022 | Stand 22.09.2023, 6:39 Uhr

Zum letzten Mal Hopfen abgewogen wurde in der Geisenfelder Siegelhalle 1997. Die Prämie für den ersten Hopfenanlieferer überreichte Kämmerer Johann Thaller (2. von links) im Beisein von Siegelmeister Ludwig Rößler (links), Waagmeisterin Marlene Steinbichler und Aufkäufer Fritz Winter (rechts) von der Firma Barth und Söhne damals an den Geisenfeldwindener Helmut Hofer. Foto: Archiv GZ

Geisenfeld – Das Hopfensiegelfest, wie es an diesem Sonntag in Geisenfeld stattfindet, wird im Wechsel immer von einem anderen der 15 Siegelbezirke ausgerichtet. Siegelbezirke? Formell gibt es diese noch immer, und auch die Abwaage und Zertifizierung sind immer noch Pflichtaufgaben der Gemeinden – was aber durch die Delegierung an den Hopfenring kaum mehr im Bewusstsein der Menschen präsent ist. Gewogen und gesiegelt wird der Hopfen schon seit rund 25 Jahren nicht mehr in speziellen gemeindlichen Hallen wie jener am Geisenfelder Bauhof.

Bis 1998 war es für die Stadt gleichermaßen ein Recht und auch eine noble Pflicht, den im Siegelbezirk Geisenfeld geernteten Hopfen in der eigenen Halle zu wiegen und zu siegeln. Dieses Hopfensiegelrecht war Geisenfeld bereits 1860 verliehen worden. Der Siegelbezirk umfasste die gesamte Großgemeinde Geisenfeld mit Ausnahme von Rottenegg. Dieser Ortsteil gehörte gemäß der 1951 erfolgten Festsetzung zum Siegelbezirk Wolnzach. Parleiten und Untermettenbach hatten eine Doppelsiegel,
die dortigen Pflanzer konnten ihren Hopfen nach Geisenfeld
oder Wolnzach bringen.

In Geisenfeld als Siegelmeister für die Organisation und Koordination der Abwaage zuständig war seit 1980 Ludwig Rössler. Dieser erinnerte sich in einem früheren GZ-Artikel auch noch daran, wie es vor der Inbetriebnahme der neuen Siegelhalle gewesen war, die im August 1985 eingeweiht wurde: „Bis Anfang der 1980er Jahre wurde der Geisenfelder Hopfen im Erdgeschoss der Knabenschule abgewogen“ – wo sich heute das (derzeit geschlossene) Maximilian’s befindet. „Als das Gebäude dann zum neuen Rathaus der Stadt umgebaut wurde, ging man mit der städtischen Abwaage übergangsweise in eine Halle nach Nötting.“

Doch wo sollte die neue Siegelhalle errichtet werden? Zunächst war damals geplant gewesen, das Gebäude samt dem neuen Bauhof auf dem Gelände der städtischen Schwefelhalle an der Nöttinger Straße zu errichten. In dieser Halle (die schließlich 1989 abgebrochen wurde) war der Betrieb schon 1961 eingestellt worden. Doch dann disponierten die Stadtverantwortlichen um, die Standortwahl für die neue Siegelhalle fiel auf das Grundstück in der Nachbarschaft der früheren Isar-Amperwerke in Zell. Der Bau verschlang dann gut eine Million D-Mark.

In der neuen Siegelhalle wurden in den Jahren 1985 bis 1996 von Ludwig Rößlers Team bis zu 63000 Zentner Hopfen pro Saison abgewogen. Für den ersten Hopfenanlieferer gab es jedes Jahr von der Stadt eine kleine Prämie. 1997 kam dann in der erst zwölf Jahre zuvor in Betrieb genommenen Halle das Ende für die Hopfenabwaage. So konnte ab diesem Jahr, gemäß neuer Bestimmungen, jeder Landwirt seinen Hopfen auch bei sich zu Hause auf dem Hof wiegen und siegeln lassen. Vorteil dieser Direktabwaage: der Wegfall der Speditions- und teilweise auch der Lagerkosten. Schon im ersten Jahr der Liberalisierung lieferte rund ein Drittel Landwirte weniger in der Siegelhalle an, und zwölf Monate später war es damit ganz vorbei.

Seitdem leistet die Halle dem städtischen Bauhof gute Dienste für die Lagerung seiner Gerätschaften. Auch ihre sporadische Nutzung für Discopartys oder für Kindersachenbasare sind längst Vergangenheit und Nostalgie. So wie der Blick auf die am Sonntag vom Heimatmuseum ausgestellten Siegelstempel, die sich im Laufe der 137 Jahre gemeindlicher Siegelung mehrfach verändert haben – in der Gestaltung des Wappens und im Aufdruck, denn nach 1952 musste es statt „Markt Geisenfeld“ natürlich „Stadt Geisenfeld“ heißen.

FEST RUND UM DEN HOPFEN

Geisenfeld – Kulinarische Köstlichkeiten samt Bierverkostung, Hopfenprodukte, viel Informatives und Unterhaltsames rund um das Grüne Gold sowie ein buntes Bühnen- und Kinderprogramm – auf all dies können sich die Besucher am Sonntag beim Hopfensiegelfest im Geisenfelder Zentrum freuen.

Das gesamte Fest, das um 11 Uhr beginnt, konzentriert sich dabei auf den Kirchplatz, den Klosterstadel mit Vorplatz, den Klosterhof, den Sinnesgarten und den Klostergarten. Hier steht nicht nur die Bühne für musikalische und tänzerische Darbietungen, hier ist auch das Zentrum in Sachen Verkostung.

Kinder dürfen sich auf etliche Angebote von Monique Sonnenschein und des Kunstkreis Spektrum freuen und bei zwei Ausstellungen geht es um das „Hopfazupfa wie anno dazumal“. So werden im Klosterhof vom Geisenfelder Heimatmuseum alte Siegel sowie Hopfazupfa-Utensilien ausgestellt und Michael Hollweck präsentiert im Klosterstock Miniaturen von Hopfengärten, Hopfenfuhrwerken und Pflügen. Abgerundet wird das Programm durch die Angebote an einer Vielzahl von Ständen.

GZ