Thaikönig war schon zu Besuch
Antikhändler aus Deutschland und Europa reisen nach Pfaffenhofen

Die Coronapause hat ein Ende: Antikhändler aus ganz Deutschland und Europa reisen zum Pfaffenhofener Volksfestplatz

24.06.2022 | Stand 25.10.2023, 10:18 Uhr

Es wird wieder gehandelt: Nach zweijähriger Coronapause findet an diesem Sonntag auf dem Pfaffenhofener Volksfestplatz wieder der traditionelle Antik- und Trödelmarkt statt. Seit 44 Jahren organisiert die Familie Seizmeir den Markt. Als Veranstalterin hat mittlerweile Julia Seizmeir von ihrem Vater Thomas übernommen. Foto: Privat

Von Albert Herchenbach

Nach zweijähriger Coronapause findet an diesem Sonntag auf dem Pfaffenhofener Volksfestplatz wieder der traditionelle Antik- und Trödelmarkt statt.



Die Leute können’s ja kaum erwarten, sagt Thomas Seizmeir. „Hier, schauen Sie.“ Der 73-Jährige zieht sein Handy hervor und zeigt auf eine Nachricht, die ihn gerade aus Wien erreicht hat. Dani und Thomas fragen an, ob denn am Sonntag, nach zwei Jahren Coronapause, wieder der Antik- und Trödelmarkt auf dem Volksfestplatz stattfindet. Die beiden Österreicher sind nicht die einzigen, die sich an diesem Wochenende auf den Weg machen. Aus ganz Deutschland, aus Hamburg, Münster, Dortmund, ja sogar aus Ungarn, Italien, Frankreich, Belgien und Rumänien machen sich die Händler auf den Weg nach Pfaffenhofen. Wer’s nicht weiß: Der Antikmarkt an der Ilm zählt in Fachkreisen zu den zehn besten in ganz Deutschland – und das schon seit vier Jahrzehnten.

Vorausgeschickt werden muss an dieser Stelle eine Begriffserklärung: Der Pfaffenhofener Antik- und Trödelmarkt ist kein Flohmarkt wie der in Schweitenkirchen. Dort kann jedermann seinen ausrangierten Kram auf einem Tapeziertisch anbieten. Der Markt auf dem Volksfestplatz ist Antikhändlern vorbehalten, die sich an Einschränkungen halten müssen: Der Verkauf von Neuwaren ist verboten, Kleidung ist nicht erlaubt, Nazi-Devotionalien mit Hakenkreuz stehen wie auch Waffen ohnehin auf dem Index.

Rundes Jubiläum

Dass der Markt in diesem Jahr ein rundes Jubiläum feiern kann, nämlich 40-Jähriges, das muss Thomas Seizmeir korrigieren. Er war dabei, als sein Vater Josef vor 44 Jahren auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums Panorama, dort, wo heute das Kaufland steht, den ersten Trödelmarkt ausrichtete. Der Volksfestplatz stand da noch nicht zur Verfügung, auf dem wurde der Ferkelmarkt abgehalten, der noch bis 1969 auf dem Hauptplatz war.

Wie kommt man auf die Idee, einen Trödelmarkt zu veranstalten? Sein Vater, sagt Thomas Seizmeir, besaß eine Baufirma, und deshalb sei er im Landkreis ziemlich herumgekommen. Von Bauern hat er alte Möbel bekommen, die nicht mehr erwünscht waren, und hat sie mit Gewinn weiterveräußert. Dafür braucht man den richtigen Riecher. Bis zur Trödelmarkt-Idee war es dann nicht mehr weit.

Für die erste Veranstaltung, erinnert sich Thomas Seizmeir, wurde gewaltig die Werbetrommel gerührt. Alle Zeitungen, auch die Münchner Boulevardblätter, kündigten die Veranstaltung an. Mit Erfolg: Über hundert Händler machten sich 1978 auf den Weg nach Pfaffenhofen - der Start einer Erfolgsgeschichte, die bis heute anhält.

An jedem vierten Sonntag im Monat

Inzwischen kommen an jedem vierten Sonntag im Monat um die 150 Händler nach Pfaffenhofen. Die meisten reisen schon am Vorabend an und freuen sich, als Stammgäste in dem einen oder anderen Hotel einen Treuerabatt zu erhalten. Viele Verkäufer sind schon seit vielen Jahren dabei, ein Händler der ersten Stunde ist ein 87-Jähriger, der unter anderem Schaukästen mit Käfern und Schmetterlingen anbietet, so wie sie früher im Biounterricht eingesetzt wurden. Natürlich macht’s auch Spaß, hier zu sein, sagt er, aber er sei ein Opfer der Telekom-Aktie, die als sichere Altersversorgung angepriesen worden war, aber dann fast 80 Prozent ihres Werts verlor. Auf dem Trödelmarkt bessert er seine Rente auf.

Der Trödelmarkt ist fest in den Händen der Familie Seizmeier. In der dritten Generation tritt jetzt Julia, 31, als Veranstalterin gemeinsam mit ihrem Bruder Uwe auf. Ein weiterer Bruder betreibt den Imbisstand. Für den Platz verlangt die Stadt vom Veranstalter eine Gebühr, die Händler zahlen eine Standmiete. Bei schönem Wetter zieht es Tausende Besucher zum Volksfestplatz. Der wohl prominenteste Gast war Maha Vajiralongkorn. Der damalige thailändische Kronprinz tauchte im Oktober 2010 mit einer 20-köpfigen Entourage auf, bummelte vier Stunden über das Gelände und kaufte schließlich die Figur einer Tänzerin für 450 Euro. Natürlich ohne zu handeln, was er auch schon damals nicht nötig hatte. Inzwischen ist er König und gilt mit einem Vermögen von 70 Milliarden Dollar als reichster Monarch der Welt.

Besonders gefragt auf dem Trödelmarkt sei Schmuck, sagt Julia Seizmeir, Gemälde und Porzellan. Da gehen echte Raritäten über die Verkaufstresen. So wurde einmal ein Gemälde für 8000 Euro verkauft. Bei einem der Händler entdeckte die 31-Jährige sechs hinreißend schöne Eierbecher aus Meißner Porzellan. Verkaufspreis: 1600 Euro. Ob die inzwischen einen Liebhaber gefunden haben, das kann Julia Seizmeir nicht sagen.

PK