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Der „Hopfenstracklzieher“: Kurioses Fundstück aus dem Hopfenmuseum

Hopfenmuseumsverein lässt sich die Arbeitsweise demonstrieren und stellt fest: Alles funktioniert noch einwandfrei

25.10.2022 | Stand 22.09.2023, 4:08 Uhr

Die längst vergessene Arbeitsweise ließ sich der Museumsverein mit seinem Vorsitzenden Lorenz Reich (rechts) von Georg Schmid (links) zeigen, aus dessen Betrieb das alte Gerät stammt. Fotos: Rebl

Er ist fast 70 Jahre alt und funktioniert noch einwandfrei: Einen sogenannten „Hopfenstracklzieher“ hat das Deutsche Hopfenmuseum in Wolnzach (Landkreis Pfaffenhofen) jetzt wieder zum Laufen gebracht.



Es ist ein Beispiel für so vieles, das im Hopfenbau inzwischen in Vergessenheit geraten ist: Schon der Begriff „Hopfenstrackl“ dürfte heute vielen nicht mehr geläufig sein, ganz zu schweigen von dem des „Stracklziehers“. Ein klarer Fall für das Deutsche Hopfenmuseum und dem dahinter stehenden Förderverein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, genau solches Wissen der Nachwelt zu erhalten. Ein kleiner Coup ist in dieser Hinsicht jetzt dem Verein und Museumsleiter Christoph Pinzl gelungen: Aus den Tiefen des Museumsdepots haben sie ein Gerät ausgegraben, das sich als mechanischer Stracklzieher entpuppte – und auch tatsächlich noch einwandfrei funktioniert.

Um zu verstehen, was es damit überhaupt auf sich hat, muss man Zweierlei wissen: zum einen, dass es sich bei einem Hopfenstrackl um eine abgeerntete Rebe handelt. Zum anderen, dass die Hopfenbauern bis zum Einzug der Pflückmaschine den Aufleitdraht, der mit einem „Hakl“ oben am Längsdraht eingehängt wurde, wiederverwendet haben. Und genau hier kommt der Stracklzieher ins Spiel: Mit ihm wurden die Reben, die nach der Handpflücke im Hopfengarten lagen, im Herbst vom Draht abgezogen. In der Regel passierte das händisch mit einer einfachen Eisenkralle mit Griff und gebogenem Haken. „Eine mühsame Schinderei“ war diese Arbeit laut Museumsleiter Christoph Pinzl, und so hatten findige Köpfe damals auch eine Maschine für das Stracklziehen entwickelt.

Die Kralle, die die Rebe „runterwuzelt“, sitzt bei der Maschine auf einem rundherum laufenden Riemen. Eigentlich sind es sogar drei Krallen, die gleichmäßig versetzt sind. Vorne wird mit dem Haken die Rebe samt Draht eingeklemmt und auf das laufende Band gelegt – dabei ist das Festhalten der Rebe am anderen Ende wichtig, damit sie nicht abgeworfen wird. Die Kralle nimmt die Rebe mit und streift sie ab, der bloße Draht bleibt übrig.

Sehr weit verbreitet war diese „Draht-Rauszieh-Maschine“ aber eher nicht, wie Lorenz Reich, Vorsitzender des Museumsvereins erklärt. Vermutlich deshalb wussten selbst die ansonsten sehr versierten Fachleute vom Museum nicht recht, um was für ein Gerät es sich handelt, dessen Teile schon lange im Museumsdepot gelagert waren. Reich forschte nach und hatte Erfolg: Es stellte sich nicht nur heraus, dass es sich um einen mechanischen Stracklzieher handelt, sondern auch, dass dieser von Georg Schmid aus Oberlauterbach stammt, der ihn dem Museum geschenkt hatte. Und der auch noch weiß, wie das Gerät funktioniert.

Gemeinsam mit ihm brachten die Museumsleute den Stracklzieher jetzt wieder zum Laufen. Die lange vergessene Arbeitsweise wurde dabei detailliert in einem Film festgehalten, den sich Museumsbesucher dann einmal ansehen können. „Wir freuen uns, dass es funktioniert hat und das Ganze so für die Nachwelt erhalten bleibt“, so Reich. Einen Platz wird der Stracklzieher vermutlich einmal im Schaudepot bekommen, das derzeit am Rennerstadel in Gosseltshausen gebaut wird. In diesem soll vor allem Hopfentechnik von anno dazumal ausgestellt werden. Für den Einsatz des Geräts nach fast 70 Jahren – es wurde laut Georg Schmid auf seinem Hof wohl in den 1950ern genutzt – war einiges an Tüftelei nötig. „Aber gemeinsam sind wir draufgekommen, wie es geht“, so Reich. Rückschläge inbegriffen: So war gleich beim ersten Einsatz der Riemen gerissen und musste zuerst geflickt werden, damit die Filmaufnahmen wie vereinbart über die Bühne gehen konnten. Im Frühjahr hatte der Verein außerdem extra Hopfen mit den alten verzinkten Drähten samt Haken angebaut, wie sie früher verwendet wurden.

Heutzutage ist das anders: Der Eisendraht wird beim Aufhängen nicht mit einem Haken befestigt, sondern am Längsdraht festgeknüpft und bei der Ernte zusammen mit den Pflanzenresten in der Pflückmaschine kleingehäckselt. Das Stracklziehen ist damit also längst passé. Eine Erklärung des Begriffs „Strackl“ hat übrigens Museumsleiter Christoph Pinzl parat. Nach seinen Recherchen leitet ihn der bairische Mundartforscher Johann Andreas Schmeller vom Verb „strecken““ ab. Ein Strackl steht damit für etwas, das sich in die Höhe streckt – wie eben die Hopfenrebe.

WZ