Amtsgericht Pfaffenhofen
3300 Euro Pfand gestohlen: Diebisches Duo verurteilt

Zwei 20-Jährige zahlen sich Pfand in Höhe von 3300 Euro aus – für Bierfässer, die es gar nicht gibt

27.10.2022 | Stand 25.10.2023, 10:20 Uhr

Symbolbild: Ebener, dpa

Nicht kleckern, sondern klotzen: Nach dieser Devise haben sich zwei 20-jährige Mitarbeiter eines Getränkemarkts im mittleren Landkreis innerhalb eines Monats exakt 3304,72 Euro ergaunert. Sie haben an der Leergutkasse das Pfand für leere Bierfässer, die es in Wirklichkeit gar nicht gab, eingegeben – und sich den Wert der Bons an der Vollgutkasse schließlich selbst ausbezahlt.



Das Pfaffenhofener Jugendschöffengericht verurteilte Mike F. (alle Namen geändert) zu einer Betreuungsweisung von neun Monaten, in denen ihn Pädagogen und Psychologen auf die Spur bringen sollen. Sein damaliger Kollege Eric P. muss hingegen für zehn Monate in Arrest. Erschwerend kommt bei ihm nämlich hinzu, dass ihn die Polizei – trotz einschlägiger Bewährung – erneut hinterm Steuer angetroffen hat, obwohl er keinen Führerschein besitzt.

Betrug durch Zufall bemerkt

Wie blauäugig muss man sein, fragt sich Jugendrichter Franz Kugler, um annehmen zu können, dass dieser Betrug nicht auffällt? Akribisch hat die Staatsanwaltschaft aufgelistet, wann sich das Duo den Wert von nicht existentem Leergut ausgezahlt hat: 22-mal innerhalb nur eines Monats, mal 100 Euro, mal 200 Euro, und immer nur für Fässer. Der Chef des Getränkemarkts, der zu einer Kette gehört, erklärt als Zeuge, nur durch Zufall auf den Betrug aufmerksam geworden zu sein. Aufgefallen sei der Schwindel in der Zentrale, die auch die Videoaufzeichnungen der Überwachungskamera ausgewertet hat. Da sieht man, wie die beiden Mitarbeiter sich an der elektronischen Kasse zu schaffen machen, die natürlich auch registriert, wann das Pfand für die leeren Fässer ausbezahlt wurde. Diese beiden Fakten deckungsgleich zu bringen, war dann keine große Kunst mehr.

Der Chef der Getränkefiliale hat die beiden umgehend gefeuert und ihnen auch für den fraglichen Monat keinen Lohn ausgezahlt. Aber sauer auf sie ist er nicht. Er habe sich die beiden zur Brust genommen, und „in gewisser Weise“ hätten sie sogar Reue gezeigt. „Ich nehm’s ihnen nicht übel“, erklärt er, „Gelegenheit macht Diebe.“

Geld für Essen

Ganz so entspannt sehen das weder der Staatsanwalt noch der Richter, auch wenn sie den beiden Angeklagten ein gewisses Verständnis entgegenbringen. Denn beide haben aus purer Geldnot gehandelt. Insbesondere Mike P. lebt am untersten Existenzminimum. Er hat zwar den Quali geschafft, aber drei Ausbildungen geschmissen. Entweder sie waren ihm zu anstrengend, oder ihm wurde wegen Unzuverlässigkeit gekündigt. Von seinen Eltern hat er keinen Rückhalt zu erwarten, und gleich erst recht keine finanzielle Unterstützung: Sie haben ihn vor die Tür gesetzt. Untergekommen ist er dann bei Freunden, berichtet der Vertreter der Jugendgerichtshilfe. Schließlich hat Mike F. einen Platz in einem Wohnheim bekommen. Er lebt von 450 Euro Sozialhilfe. Das Geld habe er aus der Kasse genommen, „damit ich mir was zu essen kaufen konnte“, sagt er. Aber er hat damit auch im Getränkemarkt eingekauft: Zigaretten und Energiedrinks.

Das Schöffengericht fällt ein erzieherisches Urteil: Auf Anregung der Jugendgerichtshilfe werden Fachleute Mike F. zeigen, wie er einen Haushalt einschließlich der Haushaltskasse führt, wie man Bewerbungen schreibt und den Job auch durchhält, wie man die Freizeit sinnvoll gestaltet und vielleicht sogar das zerrüttete Verhältnis zu den Eltern wieder flicken kann. Außerdem muss er 40 Sozialstunden ableisten.

Eric P. hat vor Gericht deutlich schlechtere Karten. „Wir kennen uns ja schon“, hatte ihn Richter Kugler zur Verhandlung begrüßt. Im Juli hatte er den 20-Jährigen wegen Fahrens ohne Führerschein verurteilt. Viermal war Eric P. erwischt worden, was ihn offensichtlich nicht daran hinderte, nachts um 2 Uhr seinen Bruder mit dem Auto von der S-Bahn abzuholen. Einer zufällig vorbeikommenden Streife erklärte er, die Fahrschule begonnen zu haben, aber dann sei ihm das Geld ausgegangen. Das Gericht hält ihm eine schädliche Neigung vor: Wer nicht hören will, muss fühlen. Es schickt ihn in den Knast.

PK