Einige Ungereimtheiten
Juristische Scharmützel nach Prügelei auf dem Pfaffenhofener Hauptplatz

Opfer können vor Gericht die Angeklagten nicht identifizieren

14.07.2022 | Stand 25.10.2023, 10:19 Uhr

Die Richterin setzt einen weiteren Verhandlungstermin an. Symbolbild: Schanz

Von Albert Herchenbach

Glaubt man den beiden Verteidigerinnen, dann sind ihre Mandanten, zwei 22 und 23 Jahre alte Männer, nicht Täter, sondern Opfer. Die Staatsanwaltschaft sieht das anders.



Sie hat die beiden jungen Männer und einen weiteren Dritten wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt: Sie sollen eine Gruppe von sieben Personen angepöbelt und zwei von ihnen geschlagen und getreten haben. Das Problem: Die vermeintlichen Opfer, die als Zeugen geladen sind, erkennen die beiden Burschen auf der Anklagebank nicht wieder. Und die schweigen.

Der Vorfall ereignete sich vor ziemlich genau einem Jahr auf dem Pfaffenhofener Hauptplatz, kurz vor Mitternacht. Die Freundesgruppe, darunter zwei junge Frauen, hatte es sich in einem Lokal an der Auenstraße gutgehen lassen. Zur Sperrstunde um 23 Uhr schlenderte die Truppe über den Hauptplatz Richtung Ingolstädter Straße, wo ihnen drei junge Männer entgegenkamen. Sie hatten die Straßenseite gewechselt und drängten sich jetzt, sichtlich alkoholisiert, aggressiv in die Gruppe, stießen Beleidigungen aus, rempelten zwei Männer an, brachten sie zu Boden, schlugen und traten auf sie ein. Deren Begleiter alarmierten die Polizei, einer hielt die Rangelei mit seiner Handy-Kamera fest.

Brille ging zu Bruch

Offensichtlich eine Attacke aus heiterem Himmel, so stellen es die Zeugen dar. Man habe nicht auf die Beleidigungen reagiert, wollte nur in Ruhe gelassen werden. Fakt ist: Die Angegriffenen erlitten Schürfwunden, blaue Flecken, bei einem ging die Brille zu Bruch. Aber den Eindruck, dass im Zeugenstand die Guten und auf der Anklagebank die Bösen sitzen, wollen die beiden Verteidigerinnen nicht hinnehmen.

Sie liefern sich mit Richterin Rebecca Hupke ein juristisches Scharmützel, eine der beiden will Fragen nicht zulassen (was auch die Staatsanwältin ablehnt) und wirft ihr Suggestiv-Fragen vor. Hupke kontert, als die Anwältin einen Zeugen in die Mangel nimmt und ihn zu spekulativen Aussagen drängt. „Diese Fragen müssen Sie nicht beantworten“, nimmt sie den Zeugen in Schutz. Es sei eine beliebte Praxis der Verteidigung, Zeugen einzuschüchtern.

Einige Ungereimtheiten

So wird das nichts. Denn es gibt einige Ungereimtheiten. Angeblich will eines der Opfer nur zwei Radler und eine Halbe Bier getrunken haben, beim Alkohol-Atemtest wurden aber gut zwei Promille festgestellt. Zudem: Wie kann es sein, dass sich einer der mutmaßlichen Angreifer die Hand gebrochen hat, wenn die attackierte Gruppe, die in der Überzahl war, angeblich nur passiv gewesen sein will? Und warum haben die beiden Angegriffenen ihre Verletzungen nicht von einem Arzt bestätigen lassen und wiegeln jetzt als Zeugen ab: So schlimm sei’s nicht gewesen.

Die Richterin setzt einen weiteren Verhandlungstermin an, zu dem drei beteiligte Zeugen geladen werden. Wie auch immer: Straffrei werden die beiden Angeklagten nicht davonkommen, auch wenn sie im Gerichtssaal von den Zeugen nicht als die mutmaßlichen Schläger identifiziert werden konnten. Dass sie dabei waren, hatten sie schon bei der Polizei eingeräumt. Damit machen sie sich der Mittäterschaft strafbar.

PK