Weltweites Interesse an Manching
Delegation aus Japan informiert sich in Westenhausen über PFAS-Belastung und Dialog aller Beteiligten

26.02.2024 | Stand 26.02.2024, 20:02 Uhr

Im Schützenheim Westenhausen traf die japanische Delegation die Interessengemeinschaft NO PFAS sowie Landrat Albert Gürtner und Bürgermeister Herbert Nerb. Das Interesse der Gästen aus dem fernen Osten galt der PFAS-Sanierung in Manching. Foto: Pehl

Eine Delegation aus Japan im Schützenheim von Westenhausen – das hat es auch noch nie gegeben. Zustande gebracht hat dieses Kunststück die Interessengemeinschaft NO PFAS Manching, die für ein Verbot dieser gefährlichen Chemikalie und für den Schutz der betroffenen Bürger im Umfeld des Flugplatzes Manching kämpft.

Die Delegation aus dem fernen Osten trifft derzeit auf einer Europareise Vertreter von Hochschulen, Experten, Umweltministerium, Landesamt für Umweltschutz und eben die Interessengemeinschaft, um sich über die Maßnahmen hier zu informieren.

Auch in Japan Probleme mit PFAS

Denn auch in Japan kämpft man mit den Auswirkungen von PFAS in Boden und Grundwasser, vor allem im Umfeld von Militäreinrichtungen und US-Airbases. Im Gegensatz zu Manching, wo schon ein Pumpversuch stattfand und sieben Brunnen gebohrt werden, ist jedoch die Sanierung in Japan noch nicht gestartet.

Vermittelt hat den Kontakt Roland Weber, der mit anderen vor Jahren den ersten großen PFAS-Fall in Deutschland bekannt gemacht hat. Der Wissenschaftler forscht seit 30 Jahren über persistente, also langlebige, Boden und Grundwasser schädigende Chemikalien (POP). Er berät UN-Organisationen zur seit 2004 ratifizierten Stockholmer Konvention (völkerrechtlich bindende Verbote und Beschränkungen für bestimmte Schadstoffe), die in über 180 Staaten gilt. Auf die rund 300 Mitglieder zählende Manchinger Initiative wurde er aufmerksam wegen des großen Engagements.

Einblick in Umgang mit PFAS in Japan

Einen Einblick in die Verhältnisse in Japan gewährte Masayoshi Soejima, ein Vertreter des japanischen Umweltministeriums. Im Gegensatz zu Manching, wo das Trinkwasser aus tiefen, unbelasteten Bodenschichten kommt, hat das Kaiserreich vielerorts Probleme mit PFAS im Trinkwasser. Es gibt zwar ein Trinkwasser-Monitoring, aber die Grenzwerte halten internationale Experten für viel zu hoch. Gesetzlich geregelt sei in Japan auch die Beseitigung von PFAS: Es wird auf deutlich über 1000 Grad erhitzt, wodurch die Chemikalien zerstört werden – wofür laut Weber jedoch noch Grundlagenforschung nötig sei. Als erstrebenswert auch für die Bundesrepublik bezeichnete Weber das in Japan installierte Register für Löschschäume in Tiefgaragen und anderen Infrastruktureinrichtungen, das alle vier Jahre einer Inventur unterzogen wird.

Unstimmigkeiten zwischen USA und Japan

Wie schwierig die PFAS-Diskussion im Einzelnen verlaufen kann, zeigt das Beispiel Funtenma. Dies ist eine US-Militärbasis auf Okinawa, die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs dort besteht und mit PFAS kontaminiert ist. Seit Jahren wird über eine Verlegung diskutiert, was einmal sogar schon zu ernsthaften Verstimmungen zwischen den beiden Ländern führte. Die Gespräche mit den USA über eine Lösung der PFAS-Belastung laufen seit acht Jahren – allerdings bislang ohne Erfolg. Darüber hinaus hat Wasser in der japanischen Kultur und Religion einen sehr hohen Stellenwert: Quellen werden heute noch für Taufen benutzt.

Landrat beantwortete Fragen

Landrat Albert Gürtner beantwortete die Fragen der Delegation auf Englisch: Ob das Landratsamt Unterstützung seitens der Regierung benötige, ob es Probleme mit der Staatsregierung gebe oder warum es so lange dauere. Gürtner empfahl den Gästen, auf Betroffene vor Ort zuzugehen, die Öffentlichkeit zu informieren und Fragenkataloge anzubieten. Auch die Kostenverteilung stieß auf großes Interesse. Wie Gürtner betonte, sei die PFAS-Sanierung am Flugplatz das gemeinsame Ziel. „Ziel sollte auch sein, dass die Bevölkerung wieder ihre Hausbrunnen nutzen kann und weitere Einschränkungen wie etwa beim Hausbau, beim Verzehr von Fischen und in der Landwirtschaft wieder aufgehoben werden können.“

Interessengemeinschaft stellt Aktivitäten vor

Die Interessengemeinschaft NO PFAS stellte ihre umfangreichen Aktivitäten vor: bundesweiter gemeinsamer Appell der Anlieger betroffener Liegenschaften, Online-Vortrag im EU-Parlament sowie ein PFAS-Brandbrief an die EU-Kommission. Außerdem hat die Initiative Aktionen gestartet, Unterschriften gesammelt, informiert und demonstriert, an Politik und Industrie appelliert und nicht nachgelassen, auf die Bedrohungen durch die „Ewigkeitschemikalie“ aufmerksam zu machen. Auch eigenes Monitoring zählt dazu. Wie mehrfach berichtet, wurde am Flugplatz Manching wie auch andernorts bis zum Verbot 2011 PFC-haltiger Löschschaum verwendet, der in den Boden und ins Grundwasser gelangte und sich bis in die Manchinger Ortsteile Westenhausen und Lindach ausgebreitet hat. Die Folgen sind gravierend, nicht nur für die Landwirte, sondern auch für Grundstückseigentümer und Hausbesitzer, denen Wertverluste drohen. Der Verzehr von Fischen aus den betroffenen Gewässern sowie das Gießen von Privatgärten mit Grundwasser sind dort verboten. 2012 war die erste PFC-Verunreinigung im Lindacher Weiher erkannt worden, 2018 hatte die Bundeswehr eingeräumt, der Verursacher zu sein.