Aussichtslos vom ersten Moment an
Vor 50 Jahren schloss das Triumph-Werk Dietfurt

04.04.2024 | Stand 04.04.2024, 16:47 Uhr

110 Näherinnen waren zum Schluss in der Dietfurter Triumph-Niederlassung tätig. Foto: Patzelt (Repro)

Anfangs herrschte riesige Euphorie über das Engagement des Unternehmens, 15 Jahre später folgte die Ernüchterung. Im April 1974, also vor genau 50 Jahren, ging ein Aufschrei nicht nur durch Dietfurt, sondern auch durch viele umliegende Ortschaften: Die Firma Triumph schließt.

Sofort begann eine große Welle an Versuchen, den „Supergau“, wie er damals genannt wurde, doch noch abzuwenden. Letztendlich jedoch erfolglos. Am Ende verloren etwa 110 Frauen ihren sicher geglaubten Arbeitsplatz. Die Triumph-Werke wollten wohl auf das wesentlich günstigere Potenzial an Arbeitskräften in Osteuropa zurückgreifen.

Bereits Ende 1973, als die Auftragsschwierigkeiten in der Textilbranche um sich griffen und in Ostbayern mehrere Triumph-Werke geschlossen wurden, befürchtete man, dass auch der Dietfurter Niederlassung das Aus drohe. Anfang April wurde daraus knallharte Realität. Dem Betriebsrat teilte man mit, dass mit einer Schließung zum 30. Juni 1974 zu rechnen sei. Dessen Vorsitzende Rosemarie Amann wurde vom Wirtschaftsausschuss in München telefonisch davon verständigt, dass sich die Triumph-Werke von den Niederlassungen in Dietfurt und Illertissen trennen würden.

„Besonders für ältere Arbeiterinnen ist dies ein unüberwindbarer Härtefall“, so die Betriebsrätin. Viele Familien hätten gebaut, die Frauen müssen zur Tilgung der Schulden beisteuern.

Erhebliche finanzielle Leistungen durch die Stadt

„Für mich kam diese Nachricht völlig überraschend“, zeigte sich auch Bürgermeister Rupert Faltermeier bestürzt. Der Dietfurter Rathauschef sagte auch, dass er keine Möglichkeit sehe, die Arbeitnehmerinnen anderweitig unterzubringen. Zudem habe die Stadt zur Ansiedlung des Werkes 1959 erhebliche finanzielle Leistungen aufbringen müssen. Allen voran die Erschließungskosten von 113748 Mark, wovon es lediglich einen Zuschuss von 45000 Mark gegeben habe. Und ein Darlehen sei bis dato noch nicht vollständig getilgt. Außerdem habe man dem Unternehmen das Grundstück für zwei Mark pro Quadratmeter verkauft.

Am Dienstag, 30. April 1974, fand im Oexl-Saal eine große Protestversammlung mit dem Gewerkschaftssekretär Röhrl aus Regensburg statt. Arbeitnehmer anderer Dietfurter Betriebe wurden gebeten, sich solidarisch zu erklären. Dazu verteilte man Flugblätter an den Werkstoren der Betriebe Siebenwurst und Werner.

In einer Ortsvorstandssitzung der CSU war man der Auffassung, dass die Hauptschuld die Wirtschafts- und Strukturpolitik der Bundesregierung trage. Der CSU-Vorstand sprach die Empfehlung aus, „alle Mandatsträger, Organisationen und Institutionen einzuschalten“. Der Ortsvorsitzende der Jungen Union (JU) Dietfurt, Franz Stephan, bekundete zu diesem „bedauerlichen Vorgang“ die Meinung, dass es auf lange Sicht notwendig sei, „eine vernünftige Strukturpolitik in den ländlichen Räumen wie in den Städten zu betreiben“.

Auch die SPD stellte bei einem politischen Frühschoppen im Gasthaus Pinosa die Werkschließung in den Mittelpunkt. Stadtrat Hans-Jürgen Madeisky (SPD) erinnerte an die Leserbriefe und das Einschalten der SPD-Abgeordneten im Landtag Georg Weich und im Bundestag Paul Simon sowie die Beschlüsse des Unterbezirksvorstands und der Kreisdelegiertenkonferenz. Madeisky machte der CSU das Angebot „in Sachen Triumph Hand in Hand zu arbeiten“.

Rettungsversuch auch durch die KAB Dietfurt

Einen Rettungsversuch startete auch die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) unter dem Vorsitzenden Johann Geitner. In einer eigens anberaumten Sitzung in der Volksschule verfasste man Schreiben, an Arbeitsminister Fritz Pirkl, die Abgeordneten in Bundes- und Landtag und an den KAB-Landesverband Süddeutschland.

„Der Versuch des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr eine Weiterführung des Betriebs zu erreichen, ist ohne Erfolg geblieben“, teilte Staatssekretär Franz Sackmann auf ein Schreiben der CSU-Kreistagsfraktion Neumarkt hin mit. Das Unternehmen habe erklärt, dass „aufgrund erheblicher Kostensteigerungen, insbesondere bei Löhnen, des konjunkturbedingten Rückgangs der Nachfrage sowie der handelspolitischen Liberalisierungsmaßnahmen der Bundesregierung im Textilbereich die Stilllegung des Zweigwerkes Dietfurt im Interesse der verbleibenden bayerischen Zweigwerke unumgänglich sei“. Stadtrat Alois Hengl (CSU) schlug vor, im Heubacher Hauptwerk zu versuchen, den Termin der Schließung „möglichst lange hinauszuzögern“. Inzwischen könne die Wirtschaftsabteilung eventuell für Dietfurt tätig sein. Letztendlich waren alle Anstrengungen erfolglos – die Leitung der Triumph-Werke blieb hart und schloss am 30. Juni 1974, wie im April angekündigt, ihre Tore in der Sieben-Täler-Stadt.

pa