Überfüllte Kirche
Pfarrer Rainer Maria Schießler begeistert mit Fastenpredigt

Der bekannte Geistliche aus München wendet sich in Dietfurt Worte gegen die Angstmacherei

15.03.2024 | Stand 19.03.2024, 8:10 Uhr

Die Dietfurter Kirche war vor der Fastenpredigt von Pfarrer Rainer Maria Schießler überfüllt. Fotos: Palm

Bereits ab 11 Uhr beginnt sich die Dietfurter Kirche zu füllen. Von überall her kommen die Menschen, die den Fernsehpfarrer Rainer Maria Schießler hören wollen. Das zeigen die vielen fremden Kennzeichen von weit her, die in der Innenstadt parken. Das Gotteshaus ist brechend voll, es gibt kaum noch ein Durchkommen.

Auch im Außenbereich versammeln sich viele Gläubige. Der Innenhof vor dem Kloster ist sehr gut gefüllt, obwohl die Übertragung der Predigt nach draußen nicht möglich ist. Aber da alle Türen weit geöffnet sind, können die Menschen vor der Kirche den Worten ebenso lauschen wie im Innenbereich. Gespannt warten alle auf Rainer Maria Schießler. Guardian Johannes Matthias begrüßt ihn und freut sich sehr, dass der 63-Jährige der Einladung, in Dietfurt zu predigen, gefolgt ist.

Frei nach dem Motto Don Boscos „frisch, fromm, fröhlich, frei“ legt der Stadtpfarrer, der seit 30 Jahren in der Pfarrei St. Maximilian in München ist, los. „Ich habe jetzt eine Phase des Lebens erreicht, in der ich neugierig sein kann. Da muss man nicht mehr so viel, sondern man kann es sich aussuchen. Es hat mich schon lange interessiert, wo der Engel herkommt.“

Humorvolle und geistreicheRandbemerkungen

Der gebürtige Münchner kennt Dietfurt, den Chinesenfasching und auch das Meditationszentrum. Das Ölbergspiel kenne er noch nicht, was sich jedoch gleich ändern werde. Dies habe ihn besonders gereizt, als er die Einladung angenommen habe.

Schießler schafft es sofort, die Zuhörer mit seinem Charme und seiner Witzigkeit in seinen Bann zu ziehen. Mit vielen humorvollen, geistreichen aber auch tiefgründigen Randbemerkungen schmückt er seine Ausführungen. Pfarrer Schießler erzählt von einem besonderen Erlebnis des vergangenen Tages. Er sei zu einer im Sterben liegenden Frau gerufen worden, um ihr die letzte Ölung zu spenden. Am Sterbebett habe er die Frau vor sich erkannt. Es war seine Religionslehrerin, die ihn vor 50 Jahren auf die Kommunion vorbereitet hatte.Sie habe an großen Schmerzen gelitten. Als er ihr die Hand aufgelegt habe, sei sie ruhig geworden und er habe ihr die letzte Ölung gespendet. Eineinhalb Stunden später sei sie ruhig gestorben. Dieses Ereignis habe ihn zutiefst bewegt.

So kommt Schießler auf das Thema seiner Predigt: Ein Leben nach dem Tod. „Wenn jemand nachweisen könnte, dass es wirklich kein Leben nach dem Tod gibt. Würden wir anders leben? Würden wir hier jetzt etwas anders machen? Würden wir uns nicht genauso, wie wir es jetzt machen, in der Welt einsetzten. Würden wir nicht auch helfen, wo es nur geht?“, fragt der Prediger. Die Hebräer hätten nicht an ein Leben nach dem Tod geglaubt und seien dennoch für die Menschen da gewesen. Aber sie hätten die Liebe zu Gott Vater gespürt. Diese Liebe habe sie in der Sorge um die Menschen angetrieben.

Worte des Papstes zurUkraine verteidigt

Mit Bildern wie dem Fegefeuer Angst zu machen, um die Menschen auf einen Weg zu bringen, den sie wahrscheinlich freiwillig nicht gehen würden, widerspreche dem eigentlichen Glauben: „Glaube braucht keine Konsequenzen.“
Vertrauen auf die Liebe Gottes brauche keinen Druck, keine Angstmacherei. „Ich glaube, die Kirche hat diesen Weg endgültig verlassen. Die primitive Art und Weise, um Menschen in den Griff zu bekommen, ist nicht mehr tragbar. So zu leben ist anders zu leben. Wer so leben kann, der wird einen Mut an den Tag legen, selbst in der größten Aussichtslosigkeit.“

Am Ende der Predigt greift Schießler noch die Kritik auf, die über Papst Franziskus in den Tagen zuvor hereingebrochen war. Der Papst habe nicht gemeint, die Ukraine solle die weiße Fahne der Kapitulation schwenken. Der Heilige Vater habe mit der weißen Fahne ein Signal setzen wollen, dass die Länder miteinander reden sollten. „ Ein Signal setzen − dafür steht die weiße Fahne. Wir wollen, auch wenn es noch so schwerfällt, dieses Gespräch und diesen Frieden. Wir wollen, dass das Morden aufhört und sich eine Lösung ergibt.“ Der Papst habe seine Machtlosigkeit kundgetan. Er habe den Mut bewiesen, inmitten des Getümmels zu sagen, gebt ein Zeichen, gebt ein Signal.

Dass der Pfarrer seine Predigt um zehn Minuten überzieht, nimmt ihm niemand übel. Im Gegenteil. Eine Frau im Klosterhof sagt: „Ich hätte noch stundenlang zuhören können.“

pmd