Neuburg
Von Männeryoga bis Norwegisch

Stets die neuesten Trends: Seit 75 Jahren schafft die Volkshochschule Neuburg „Bildung für alle“

18.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:11 Uhr

Christa Jerominek-Mundil und Walter Friemel mit einem Programm der Volkshochschule von 1993. Fotos: Wagener

Von Maja Wagener

Neuburg – „Jeder soll in den Genuss von Bildung kommen“, formuliert Christa Jerominek-Mundil das Ziel der Volkshochschulen (vhs) in Bayern. Seit zehn Jahren leitet die 49-Jährige die Bildungseinrichtung in Neuburg, die gerade ihren 75. Geburtstag feierte.

Fast genau 37 Jahre davon, seit 9. Dezember 1985, steht Walter Friemel der Neuburger vhs vor, hat den Umzug in das 2000 generalsanierte Gebäude des Industriefonds in der Franziskanerstraße vorangetrieben und die Entwicklung begleitet und gefördert. Zur Verfügung gestellt wird es der Bildungseinrichtung von der Stadt, die die Mietkosten trägt, erklärt Friemel. Was viele Verantwortliche nicht wüssten: „Die vhs ist eine Pflichtaufgabe für eine Stadt“, betont die Geschäftsführerin.

Auch die Hälfte der Personalkosten trägt Neuburg. „Wir hatten schon immer die Unterstützung der Stadt“, macht Friemel deutlich. Die andere Hälfte wird von Fördergeldern des Bayerischen Volkshochschulverbands und den Teilnehmerbeträgen bezahlt. Die Betriebskosten erwirtschaftet der eingetragene Verein selbst.

Bis zu 12000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zählt die Bildungseinrichtung in mehr als 900 Kursen im Jahr. Die Bandbreite der Themen geht von Sprachen wie Englisch, Spanisch oder Chinesisch und mehreren Kursen pro Halbjahr für Deutsch als Fremdsprache über Beruf und Karriere mit IT-Kursen, Ausbildungen wie der zur Heilpraktikerin für Psychotherapie oder dem Qualifizierungskurs zur Fachkraft für Kindertagespflege (zusammen mit dem Verein Mobile Familie) bis hin zu ganz praktischen Angeboten wie dem Reparaturcafé: Die Bandbreite ist in Neuburg sehr groß.

Gesundheitliches und Sport gehe besonders gut, sind sich Jerominek-Mundil und Friemel einig. Ob Pilates, Hula-Hoop oder, ganz aktuell, ein Kurs zum Wobbel Board, in Anwesenheit oder auch online, zudem auch in Kooperation mit anderen Volkshochschulen – die beiden sind stets auf der Suche nach neuen Trends. Walter Friemel habe vor einiger Zeit im Radio gehört, dass in Köln Bauchtanzkurse für Männer angeboten würden: „Da hatten wir sowas noch gar nicht“, erinnert er sich. Am nächsten Tag habe zufällig eine Frau aus Ingolstadt angeklopft und Bauchtanzkurse angeboten. Seither habe es Semester mit zehn Kursen gegeben.

Die meisten der Kurse würden von Frauen geleitet und auch überwiegend von Frauen gebucht, weiß die Doppelspitze: „Die Volkshochschule ist weiblich“, stellt Jerominek-Mundil fest. Doch bei einigen Themen ändere sich das, beim Männeryoga zum Beispiel. „Mehr Männer nehmen auch an Kochkursen teil als früher“, erklärt Friemel.

Die Kurse finden in den 26 Klassenräumen auf drei Stockwerken statt. Dazu gibt es drei Büros, berichtet Friemel. Bei der Sanierung durch den Industriefonds seien zwei Nachbargebäude miteinander verbunden worden, erklärt der gebürtige Neuburger weiter. Das doch zentral gelegene Haus stehe nahezu komplett der Volkshochschule zur Verfügung, nickt Christa Jerominek-Mundil.

Nur im Erdgeschoss des Nachbargebäudes befindet sich der älteste städtische Kindergarten Franziskanerstraße. „Das war mein Kindergarten“, berichtet der gebürtige Neuburger und erinnert sich schmunzelnd, dass er häufiger von einer der dort damals amtierenden Nonnen auf den Schrank gesetzt wurde, wenn er etwas angestellt hatte.

„Es ist schon ein Luxus, dass uns ein ganzes Haus zur Verfügung steht“, betont die Geschäftsführerin. Deshalb könnten vormittags Kurse stattfinden, anders als bei vielen anderen Volkshochschulen, die in Schulen unterrichten würden. So sei es noch bis 2000 auch in Neuburg gewesen, erinnert sich der ehemalige Studiendirektor, Stadtrat und Träger des Bundesverdienstkreuzes. Bei ihrer Arbeit seien die vhs darauf angewiesen, dass die ausschließlich freiberuflichen Kursleiter ein niedriges Honorar akzeptierten, spricht Jerominek-Mundil ein ernstes Thema an: „Für die Kursleiterinnen und -leiter ist es ein Hobby“, stellt sie klar. Andernfalls könne das Angebot der Volkshochschule mit seinen niedrigen Kursgebühren nicht mehr offen für alle sein. Andererseits müssten die Unterrichtenden ausgebildet sein: „Die Qualifikation ist ein wichtiges Kriterium“, macht die Geschäftsführerin deutlich. Das sei für Volkshochschulen so festgelegt. Doch gerade die Freiberuflichkeit habe die vhs während der Pandemie einige Kursleiter gekostet, gibt die vhs-Chefin zu. Für Deutsch als Fremdsprache würden immer Leiter gesucht. Auch für Neues sind die beiden offen. „Wenn jemand eine Idee hat, kann er sich einfach an uns wenden.“

GESCHICHTLICHES

Am Nikolaustag 1947 wurde das Volksbildungswerk Neuburg vom damaligen Landrat Friedrich Panzer, dem damaligen Oberbürgermeister Karl Konrad, den Gymnasiallehrern Alois Hunner, Hugo Pflanz, Ludwig Heim, Ferdinand Gottanka, dem Geistlichen Rat Josef Magnus, Stadtpfarrer Johann Zwanzger und als Vertreter der Neuburger Handwerkerschaft Arius Reisberger gegründet, so eine Information der vhs. In der gesamten Zeit gab es bisher drei Vorstände. Johannes Ott amtierte neun Jahre, Gerhard Nebinger ab1956. Seit 1985 sitzt Walter Friemel der Volkshochschule Neuburg vor.

DK