„Warum schon wieder?“
Keim im Neuburger Trinkwasser: Verdacht liegt auf einer Baustelle

Stadtwerke chloren das Wassernetz, engmaschige Kontrollen folgen

28.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:37 Uhr

Das höchste Gut, das die Neuburger Stadtwerke, hier ein Blick in den Hochbehälter, bereitstellen, ist das Trinkwasser. Der Versorger arbeitet mit Hochdruck daran, den Keim Pseudomonas aeruginosa wieder rauszubekommen. Foto: Stadtwerke

Das erneute Auftauchen des Keimes Pseudomonas aeruginosa im Neuburger Trinkwassernetz hat nicht nur die Bürgerinnen und Bürger verunsichert, es hat auch ein gehöriges Maß an Frustration beim Versorger, den Neuburger Stadtwerken, hervorgerufen.



„Warum schon wieder?“, war Ernst Rengs erster Gedanke nach dem Fund des Keims in einem Altenheim. Der stellvertretende Leiter der Stadtwerke berichtet, dass die Chlorung des Wassers bereits auf Hochtouren läuft. Und man habe sogar schon einen Verdacht, wo der Erreger ins Netz gelangt sein könnte: bei einer Baustelle.

Informationskette eingehalten

Erst vor fast genau einem Jahr hatten es die Neuburger Stadtwerke über einen großen Zeitraum mit dem Pseudomonas-Keim, der gefährlich für ältere und kranke Menschen sowie Kinder sein kann, zu tun. Jetzt ist er wieder da, aufgetaucht am Montag bei einer internen Beprobung des Wassers in einem Neuburger Altenheim.

Dass die Stadtwerke und das Gesundheitsamt respektive Landratsamt als zuständige Behörde erst am Mittwoch die Öffentlichkeit via Pressemitteilung informiert und damit zu langsam reagiert hätten, dagegen möchte sich Reng verwehren. „Wenn wir jedes Mal bei einem Verdachtsfall informieren würden, dann würden wir kirre – und unsere Kunden auch“, sagt der stellvertretende Werkleiter. Es gebe genaue Vorgaben, wer wann zu informieren ist, und daran habe man sich gehalten.

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Verunreinigung im Altenheim habe das Wasserteam der Stadtwerke in der Einrichtung mit einer prophylaktischen Chlorung begonnen sowie fünf Proben im Umgriff gezogen und zur Analyse nach Ingolstadt geschickt. Das Ergebnis sei am Mittwoch um 8.30 Uhr telefonisch durchgegeben und anschließend schriftlich bestätigt worden.

Schnell hatte man bei den Stadtwerken einen Verdacht, an welcher Stelle im Netz der Keim eingetragen oder entstanden sein könnte: „Wir gehen von einer Baustelle aus, von einer neuen Leitung“, berichtet Reng.

Diese Stelle habe die Fachabteilung sofort ins Visier genommen und noch vor Beginn der Chlorung des Leitungsnetzes Proben gezogen. Reng rechnet aktuell damit, dass deren Analyse am Freitag vorliegen könnte. „Ich hoffe wirklich, dass wir dort etwas finden“, sagt der stellvertretende Stadtwerke-Chef. Denn durch das eingebrachte Chlor, das Mitte bis Ende der kommenden Woche das gesamte, rund 350 Kilometer lange Wassernetz erreicht haben sollte, sei man nämlich irgendwann blind. Der Zusatz töte alle Erreger ab, finden könne man dann nichts mehr. „Wenn sich der Verdacht bestätigt, dass es an der Baustelle lag, wäre ich beruhigt, weil wir dann schnell reagieren können“, so Reng weiter.

Gute Chancen, den Fehler bereits entdeckt zu haben

Die Chancen, dass genau dies eintritt, seien gar nicht schlecht. Entnommene Proben, die vom Hochbehälter am Donauwörther Berg aus gesehen vor der Baustelle gezogen wurden, hätten keine Spuren des Keims enthalten. Die neue Leitung war, informierte Reng, nach ihrem Bau gespült, desinfiziert und beprobt worden und hatte den vorgeschriebenen Check bestanden, bevor sie ans Netz angeschlossen wurde.

Das Gesundheitsamt hat zum Schutz der Bevölkerung eine Abkochanordnung herausgegeben. Das bedeutet, dass das Leitungswasser von einem Großteil des Neuburger Netzes und von ganz Oberhausen nur abgekocht konsumiert oder für die Körperhygiene benutzt werden darf. Etwa 26000 Menschen sind davon betroffen.

Die Anordnung kann erst zurückgenommen werden, wenn der Chlorgehalt einen gewissen Prozentsatz im Wasser erreicht hat. Ist das Netz gereinigt, kann das Amt auch die Zugabe von Chlor widerrufen. Erst zeitverzögert lässt sich danach feststellen, ob die Eintragsstelle des Keims tatsächlich entdeckt und das Problem behoben wurde. Das Wasser muss wieder frei von Chlor sein, damit die engmaschigen Tests funktionieren. Bestätigt die Laboruntersuchung weiterhin das Vorhandensein von Pseudomonas aeruginosa, gehen die Chlorung und die Suche nach der Fehlerquelle in die nächste Runde.

Zwischen 8000 und 9000 Tonnen Wasser durchfließen laut Reng täglich das Neuburger Netz – das entspricht aktuell dem vier- bis fünffachen Fassungsvermögen aller Becken im Brandlbad. Die Fachabteilung hat neben dem langen Netz 20 bis 30 Baustellen pro Jahr, darunter fallen zum Beispiel neue Hausanschlüsse, 17 Entnahme- und ebenso viele Spülstellen zu betreuen.