Tradition
SPD ehrt Hans Nebelmair

28.04.2024 | Stand 28.04.2024, 18:55 Uhr
Rainer Hamp

31 Organisationen hat die SPD zur Teilnahme an der Gedenkveranstaltung für Hans Nebelmair eingeladen. Foto: Hamp

Erst vor wenigen Tagen stand zu lesen, dass die jungen Menschen in Deutschland unzufrieden sind und deshalb politische nach rechts tendieren. Was sie sich davon erhoffen, bleibt unklar. Wozu solches Verhalten aber führen kann, wie schnell eine Demokratie in eine Rechtsdiktatur kippen kann, dessen gedenkt die Neuburger SPD jedes Jahr am 27. April. „Er ist ein wahrer Held gewesen“, so eröffnete Neuburgs SPD-Ortsvorsitzender Waheed Niaz vergangenen Samstag vor rund 35 Zuhörern seine Laudatio für Hans Nebelmair am Haus „Harmonie“ in der Oberen Altstadt. Es war am Ende des Zweiten Weltkriegs das Wohnhaus der Familie Nebelmair. Dort hängt seit 2001 eine Gedenktafel für Nebelmair.

Hans Nebelmair war von 1924 bis 1933 SPD-Stadtrat in Neuburg. Jedes Jahr ehrt am 27. April der Neuburger SPD-Ortsverein ein Verhalten des ehemaligen Stadtrats, das heute höchstens eine Randnotiz ergeben würde, damals aber außergewöhnlich mutig war. Am 20. März 1933 stimmte Stadtrat Nebelmair gegen den Antrag, Adolf Hitler zum Neuburger Ehrenbürger zu ernennen. Todesmutig muss man heute sagen, denn kurz darauf war er nicht nur kein Stadtrat mehr – im Rat saßen fortan nur noch NS-Räte –, sondern er kam auch ins KZ Buchenwald. Es war noch keine zwei Monate her, dass Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde.

Aber schon war dessen langer Arm, vermutlich in Gestalt des damaligen NS-Bürgermeisters Mündler, in der Lage, den unliebsamen Nebelmair wegzusperren, wohl auch wegen wiederholter kritischer Bemerkungen gegen das Nazi-Regime. Zwar kam er zunächst wieder frei, wurde aber 1944, nach dem missglückten Attentat auf Hitler, mit dem er aber nichts zu tun hatte, erneut eingesperrt. Wie der Schwiegersohn Nebelmairs, Georg Babel, erzählt, wurde er glücklicherweise und auch dank des damaligen Polizeichefs Obkirchner wieder frei gelassen und nach dem Krieg von den Amerikanern sogar kurzzeitig zum Neuburger Oberbürgermeister befördert.

Kampf für Demokratie



„Sein Kampf für Menschlichkeit und Toleranz, für Vielfalt und Demokratie muss für uns heute ein Vorbild sein, sich ebenso gegen den aufkeimenden Rechtsruck, die zunehmende Intoleranz und drohende Unterdrückung zu stemmen“, so Waheed Niaz. „Freiheit und Demokratie in Deutschland und Europa müssen von uns allen und jetzt verteidigt werden“.

SPD-Kreisvorsitzender Werner Widuckel hatte alle 31 Organisationen, die im Februar bei der Demonstration für Demokratie mitmachten, zur Teilnahme an der Gedenkveranstaltung eingeladen und sehr viele waren gekommen. „Wir wissen, woher die SPD kommt und dass sie für Demokratie und Freiheitsrechte steht“, so Widuckel. Sie heute zu verteidigen sei wichtig und möglich. Hans Nebelmair aber habe damals seine Angst überwinden müssen, um seine Überzeugung offen zu vertreten. „Kurt Tucholsky hat wohl recht gehabt, wenn er den Rutsch in die NS-Diktatur damit begründete, dass es in der Weimarer Republik zu wenig Verteidiger der Demokratie gab“, zitierte Widuckel. Wie wichtig das heute sei, zeige sich am Verhalten der AfD und anderen rechtslastigen bis rechtsradikalen Organisationen. Hans Nebelmair starb 1971 und ist auf dem alten Friedhof an der Franziskanerstraße beerdigt. Unter den Zuhörern waren auch heuer wieder die Tochter von Hans Nebelmair, Maria, mit Ehemann Georg Babel sowie dem Enkel und heutigen Stadtrat Klaus Babel (FW). Maria Babel erinnerte sich: „Hier im zweiten Stock dieses Hauses wohnten wir damals. Nach der zweiten Verhaftung meines Vaters 1944 ging es auch der Familie nicht gut, zumal die Versorgungslage immer schlechter wurde. Mein erst 15-jähriger Bruder Hans wurde sofort nach der Verhaftung meines Vaters zur Armee eingezogen und an die Ostfront geschickt. Zurück kam er nicht mehr“.

Die Nazidiktatur dauerte zwölf Jahre und führte in den schlimmsten Krieg der Menschheitsgeschichte. Erst am 27. April 1945 wurde Neuburg von der 45. US-Infanterie-Division besetzt und damit von der Nazi-Diktatur erlöst. Deshalb erinnert die Neuburger SPD jedes Jahr an diesem Tag an einen der standhaftesten Söhne Neuburgs, den Stadtrat und Bürgermeister Hans Nebelmair. Auf Betreiben des SPD-Stadtrats Michael Kettner und auf Antrag der SPD-Stadtratsfraktion beschloss 2012 der Stadtrat nach langem Hin und Her, auch den Platz hinter dem ehemaligen Postamt nach Hans Nebelmair zu benennen.

DK