Patriot-Produktion in Deutschland
Raytheon und MBDA planen Fertigungslinie in Schrobenhausen

30.11.2022 | Stand 18.09.2023, 22:49 Uhr

Am Standort Freinhausen (Bild) testet MDA Deutschland seit Jahren Patriot-Systeme. Nun steht im Raum, dass im Schrobenhausener Stammwerk auch eine Fertigungslinie entsteht. Das wäre neu; bisher wurden Patriot-Raketen nur in den USA produziert. Foto: MBDA Deutschland

Das über Jahre geplante taktische Luftverteidigungssystem TLVS liegt auf Eis, nun gewinnt Patriot wieder zunehmend an Bedeutung, in der Nato und speziell auch in Deutschland. Das geht soweit, dass der Rüstungskonzerne Raytheon Missiles & Defense (RMD) plant, Patriot-Flugabwehr-Raketen nun auch in Deutschland zu bauen, und nicht nur, wie bisher, zu warten – bei MBDA Deutschland in Schrobenhausen.



Ein Schritt, der in Militärkreisen als „historisch“ bewertet wird. Dass Patriot-Raketen außerhalb der USA hergestellt würden, wäre nämlich neu. Wie die beiden Unternehmen mitteilen, haben sie jetzt beschlossen, ihre Partnerschaft weiter auszubauen. Ziel ist es, den deutschen Bedarf an Patriot GEM-T-Abfangflugkörpern durch eine Produktion der Raketen in Deutschland zu decken und Patriot-Partner in Europa zu beliefern, wie MBDA am Donnerstag mitteilte. Ein entsprechender Vorschlag wurde nun der Bundesregierung unterbreitet.

Dieser Schritt ist Teil eines strategischer Fahrplans der beiden Unternehmen. Der Standort Schrobenhausen soll dabei auch weiterhin eine gewichtige Rolle spielen. Im Klartext: Die deutsche Fertigungslinie soll hier entstehen.

Wie MBDA am Donnerstag mitteilte, soll Deutschland damit befähigt werden, Patriot bei der Bundeswehr bis mindestens ins Jahr 2048 einzusetzen. Das System wurde in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelt und seither kontinuierlich weiterentwickelt wurde.

Seit über 30 Jahren kooperieren Raytheon und MBDA Schrobenhausen. Wartungsarbeiten und logistische Prozesse werden seither am Industriestandort Hagenauer Forst im Westen der Stadt abgearbeitet. Als Dienstleister der Streitkräfte vertiefen Raytheon und MBDA nun ihre Partnerschaft.

Einzigartige Testanlage für Flugabwehrsysteme



„Patriot spielt eine zentrale und zukunftsweisende Rolle für die Verteidigung Deutschlands und Europas“, betont Thomas Gottschild, Geschäftsführer von MBDA Deutschland in Schrobenhausen. Das bestehende Joint Venture und gerade auch die firmeneigene Test- und Referenzanlage in Freinhausen im Süden von Ingolstadt sieht er die optimalen Voraussetzungen, Patriot langfristig bereitzustellen. Der Standort Freinhausen wurde in den vergangenen gut elf Jahren systematisch ausgebaut.

Hier befindet sich die Test- und Referenzanlage (TuRA) für das deutsche Flugabwehrraketensystem Patriot. MBDA Deutschland hat hier insgesamt fünf Millionen Euro in Gebäude und Infrastruktur investiert. Die Testanlage für Flugabwehrsysteme als Treffpunkt für Industrie und Streitkräfte gilt als einzigartig.

Geplant ist, bei der Produktion in Deutschland mit der Patriot-Produktvariante GEM-T zu arbeiten. „Der GEM-T-Flugkörper bietet eine verbesserte Fähigkeit zur Bekämpfung taktischer ballistischer Flugkörper, Marschflugkörper oder feindlicher Flugzeuge in Ergänzung zum PAC-3-Flugkörper“, berichtet MBDA.

„Indem wir die Comlog zur Produktion von GEM-T in Deutschland befähigen, erweitern wir auch die Kapazitäten zur Lieferung dieses missionskritischen Abfangsystems an die Patriot-Partnernationen in Europa“, sagt Tom Laliberty, Präsident für den Bereich Land Warfare & Air Defense bei Raytheon. „Unser erfolgreiches Comlog-Joint-Venture mit MBDA spielt eine Schlüsselrolle bei der Wartung und Logistik von Flugkörpern.“

Damit bliebe MBDA Deutschland in Schrobenhausen auch ohne Meads oder TLVS einer der bedeutenden Standorte in Deutschland, wenn es um Lenkflugkörper und Luftverteidigung geht. Aus dem Unternehmen ist zu hören, dass nach einem moderaten Personalabbau vor einigen Jahren seit einer Weile auch wieder neues Personal eingestellt wird. MBDA Deutschland beschäftigt zurzeit um die 1000 Mitarbeiter.

DK