Vom Kaminkehrer zum Energieberater
Neujahrsgruß der „schwarzen Männer“ aus Neuburg

30.12.2023 | Stand 30.12.2023, 5:00 Uhr
Ralf Schmitt

Zum genau 25. Mal begehen die Neuburger Kaminkehrer die Tradition des Neujahrsgrußes. In der Mitte Kaminkehrermeister Hans Hille (5. v.r.). Foto: Schmitt

Der Neujahrsgruß der Kaminkehrer soll der Bevölkerung Glück für das neue Jahr 2024 bringen. Damit begehen die „schwarzen Männer“ diesmal ein kleines Jubiläum. Von Hans Hille 1999 ins Leben gerufen findet diese Tradition nun bereits zum 25. Mal statt.

Der Neuburger Hans Hille, bevollmächtigter Kaminkehrermeister und Energieberater, erklärt den Glauben an die Glücksbringer, der bis in das Mittelalter zurückreicht: „Damals waren alle Feuerstellen offen und bei verstopften oder unzureichenden Rauchabzügen kam es sehr häufig zu Gasvergiftungen oder bei den überwiegend aus Holz gebauten Häusern gar zu verheerenden Bränden. Dadurch entwickelte sich der Beruf des Kaminkehrers.“ Wenn demnach die Schlote der Häuser gereinigt und in einem ordentlichen Zustand waren, also „der Kamin rauchte“, konnten solche Unfälle weitgehend vermieten werden, was die Bevölkerung als ein großes Glück ansah.

Schornsteine, eine italienische Erfindung, wurden zunächst nur in Schlössern, Klöstern und öffentlichen Gebäuden errichtet. Die Betreuung der Schornsteine wurde den Schornsteinfegern mittels eines sogenannten „Privilegiums“ übertragen. Der Schornsteinfeger stand somit in „königlichem Dienst“ und nahm unter den Handwerkern eine Sonderstellung ein, was ihn auch zum Tragen eines Zylinders berechtigte. Diese Auszeichnung zeigen die Schornsteinfeger bis heute mit besonderem Stolz. Seit dieser Zeit glaubt man, dass durch die Berührung der goldenen Knöpfe oder durch das Anfassen der verrußten Kaminkehreruniform den Menschen zu Glück verholfen werden kann.

Hille beschreibt diese Tradition: „Für mich ist das ein netter Glaube und es macht mich immer wieder glücklich, wenn ich merke, dass sich die Leute freuen wenn sie mich oder meine Kollegen auf der Straße oder dem Dach sehen.“

Kehrbezirk in Königsmoos



Allerdings unterliegt der Beruf des Kaminkehrers gerade in den letzten Jahren einem stetigem Wandel. „Wir müssen da extrem umdenken“, so der 59-jährige Hille, dessen Kehrbezirk in Königsmoos liegt. Ab dem 1. Januar 2024 besteht eine Beratungspflicht bei der Wiederwahl einer Heizung mit fossilen Brennstoffen in bestehenden Gebäuden. Bis zum Jahr 2045 soll Deutschland Treibhausgasneutralität erreichen, was auch heißt, dass es bis dahin deutlich weniger Kamine geben wird. „Unser Beruf wird da mehr in Richtung Lüftungstechnik und Energieberatung gehen“, so Hille, der auch Weiterbildungskurse zu diesen Themen anbietet. Bereits jetzt verbringt er nach seinen Angaben rund 60 Prozent seiner Arbeitszeit am Schreibtisch und nur 40 Prozent „auf dem Dach“. „Und bei der Büroarbeit hilft mir noch eine Teilzeitkraft“, resümiert Hille.

Durch das neue Gebäudeenergiegesetz werden diese „Überprüfungsarbeiten“ noch zunehmen. „Aber ich brenne für meinen Beruf, und will, dass er seinen Stellenwert in der Gesellschaft behält“, so der Kaminkehrer aus Leidenschaft.

Hille verweist auch auf den ganztägigen Verkauf von Glücksbringern am Samstag durch seine Berufskollegen vor dem Westpark in Ingolstadt. „Der Erlös dieser Aktion geht an Elisa und die Lebenshilfe“, informiert er.

DK