Neuburg
Neuburgs Ehrenbürger wird 90

Stadt ehrt Anton Sprenzel an diesem Donnerstag mit einem Empfang

04.08.2022 | Stand 22.09.2023, 20:20 Uhr
Josef Heumann

Anton Sprenzel wird am 4. August 90 Jahre alt. Foto: DK-Archiv

Von Josef Heumann

Neuburg – Wenn die Stadt sich heute gern mit dem Prädikat „Neuburg ist Kultur“ schmücken kann, hat dies ganz viel mit einem Mann zu tun, der mit seiner unwiderstehlich liebenswürdig-hartnäckigen Art. Vieles von dem auf den Weg brachte, was heute eben ist. Wenn die Stadt mit einem Empfang ihren Ehrenbürger Anton Sprenzel zu dessen 90. am 4. August ehrt, gibt es dafür viel guten Anlass.

Im Grunde nur ein Wort brauchte Herbert Kohler in seiner Laudatio bei der Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Toni Sprenzel, indem ihn der katholische Stadtpfarrer einen „Gutmenschen“ nannte. Der so viel Gutes tut, davon nie sonders Notiz gab, der vor allem aber stets das Gute im Anderen sieht, noch in Momenten, in denen ihm nicht so redlich zugespielt wurde. Auch solche gab es – und ganz gewiss macht Toni Sprenzel auch jetzt wieder, wenn er diesen Halbsatz gerade las, jene für ihn so typische, schier verstört wirkende, abwinkende Bewegung mit dem rechten Arm, so was müsse doch nicht lange erwähnt werden.

Ein Kämpfer für das Neuburger Stadttheater

Die eigene Person hint’ anstellen, für andere da zu sein, lieber selber was machen, als einem Dritten zur Last zu fallen – oft schien es so, als könnte Toni Sprenzel gar nicht aus seiner Haut. Wie frotzelte man im Freundeskreis, heute natürlich absolut unstatthaft, in früheren Jahren: Mei, der Toni ist mit drei Schwestern aufgewachsen, der ist es gewohnt, alles machen zu müssen. Tatsache indes ist, dass sich der Mann wirklich für keine Arbeit zu schade war.

Nett sein, zuvorkommend sein heißt eines gewiss nicht: Anton Sprenzel war nie ein Konformist. Im Zweifelsfall lieber gegen den Mainstream. Für seine Kultur ging er auch auf Barrikaden. Anders auch wäre das 1965 endgültig von der Feuerpolizei zugesperrte Stadttheater schwerlich schon zwei Jahre später nur jetzt als „echtes Juwel“ – so plötzlich die Jubelchöre der hartnäckigsten Verhinderer zuvor – glanzvoller denn je wieder eröffnet worden. Es müssen Kämpfe im Stadtrat gewesen sein, zunächst gerade mal 100000 Mark für die Sanierung locker zu bekommen. Am Ende wurden es dann doch 400000 Mark. Im Vergleich dazu zwei Zahlen: Schätzungen, im Schloss ein Theater einzubauen, landeten Jahre zuvor schon bei 1,6 Millionen, bei der nächsten Theater-Sanierung 1988 waren es stolze 6,2 Millionen Mark.

Heute absolut unvorstellbar, worauf Sprenzel da so alles verfiel, seinen Theater-Traum nicht platzen so lassen. Als für den – für ein Theater eigentlich ja unerlässlichen – Orchestergraben endgültig kein Geld zu requirieren war, organisierte der Amtsrichter Sprenzel kurzerhand Insassen aus dem benachbarten Gefängnis zum Arbeitseinsatz, die Grube auszubuddeln. Und wie praktisch in der Sache, dass zu nämlicher Zeit ein wohlbestellter Elektromeister ob eines Verkehrsdeliktes ebenfalls einsaß; wie freute sich der Mann, statt Zelle praktisch die ganze Installation im Theater machen zu können. Ein bisschen Hemdsärmeligkeit gehört da schon dazu – Hauptsache, es bewegt sich was.

Hinlangen, zupacken, war die Devise, aber auch Türöffner für andere zu sein. Vieles kam in dieser Phase auf den Weg: die Kammeroper, die Sommerakademie, eine eigene Konzertreihe mit teils prominentesten Interpreten, hochkarätige Jazzkonzerte, vor allem aber: Es machte sich jetzt ein neuer Geist breit. Das alles bei Anton Sprenzel fußend auf einem zutiefst christlichen Weltbild. Keineswegs zu verwechseln mit blindem Einverständnis mit allem, was christlich sich schimpfte, kirchlich vor sich ging. Strukturen waren und sind noch heute Sprenzel suspekt, die nicht den Menschen, den Mitmenschen im Fokus haben. Das kostete sicherlich Stimmen bei Wahlen, denen sich Sprenzel für und auch gegen die CSU, deren er Mitglied stets war, stellte. Da war sein couragiertes Eintreten für Asylsuchende, denen er ganz selbstverständlich eigenes Haus und Garten öffnete, sein Engagement galt heimatlosen Armeniern wie unterdrückten Christen in der DDR.

Spätes Familienglück

Vermutlich wird es der Person Anton Sprenzels gar nicht so gerecht, ihn selbstlos zu nennen. Es ist vielmehr eine Art Selbstvergessenheit, vermutlich ein Grundfehler in der Politik, sich selbst auch gar nicht so wichtig zu nehmen. Das änderte sich, in bescheidenen Maßen, nur einmal in seinem Leben. Dann, als er, relativ spät, eine Familie gründete, plötzlich jetzt Verantwortung für drei Mädchen hatte – die alle wunderbar ihren Weg machten, eine respektable Schar Enkelkinder jetzt Freude des Alters ist.

Dieses zwingt allmählich auch zu etwas Ruhe, wofür Anton Sprenzel, der stets auch ein fabelhaftes Netz an Freundschaften wirklich pflegte, eigentlich nie Zeit hatte. Er wird’s nicht wollen und jedenfalls für überflüssig und absolut übertrieben erachten: Am 4. August wird er sich hochleben lassen müssen.

DK