Eine nostalgische Gaudi
Neuburger Volkstheater spielt vier Stücke des „Königlich Bayrischen Amtsgerichts“

02.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:50 Uhr
Rainer Hamp

Applaus für die Mitwirkenden nach der Vorstellung. Foto: Hamp

Nicht nur die Älteren unter uns kennen die Fernsehserie „Königlich Bayerisches Amtsgericht“, die von 1968 bis 1972 im ZDF ausgestrahlt wurden. Das Neuburger Volkstheater, eine 1981 gegründete Amateurspielgruppe, hat von der Witwe Georg Lohmeiers die Rechte bekommen, vier seiner Stücke in Neuburg spielen zu dürfen. Zwei Stücke werden jetzt zwölfmal gespielt und zwei andere ab dem Herbst, ebenfalls zwölfmal.

Premiere schon seit zwei Wochen ausverkauft

Die Premiere am vergangenen Freitag war schon seit zwei Wochen ausverkauft. Gespielt wird in den von der Stadt gemieteten Räumen in der Box 15 auf dem Gelände der ehemaligen Lassigny-Kaserne an der Donauwörther Straße. Dort gibt es einen Indoor-Biergarten, also einen im Haus, der schon vor Beginn der Vorstellung gut gefüllt war. Daniela Zimmermann, Vorsitzende des Volkstheaters, konnte dort ein bunt gemischtes Publikum begrüßen. Und die Königsmoser Musi spielte dazu die Original-Polkamelodien aus der Serie.

Nachdem sich der von den Mitgliedern des Theaters selbst eingerichtete Theaterraum gefüllt hatte, wurden die Besucher mit den Worten empfangen, die seinerzeit immer Gustl Bayerhammer gesprochen hatte: „Es war eine liebe Zeit, die gute, alte Zeit von anno 1914. In Bayern gleich gar. Damals hat noch Seine Königliche Hoheit der Herr Prinzregent regiert; die Zeit, als das Bier noch dunkel war und die Menschen typisch waren, die Burschen schneidig, die Dirndl sittsam und die Honoratioren ein bisserl vornehm und ein bisserl leger“. Und in dieser Zeit spielen auch die Verhandlungen, geführt von einem gutherzigen Richter, „der noch nie jemanden zum Schafott verurteilt hat“, wie es heißt. Freilich wird damit die Vergangenheit idealisiert. Georg Lohmeier war Anhänger der Monarchie: „Wir wollen wieder einen König, nicht weil wir einen brauchen, sondern weil es schön wär“, soll er einmal gesagt haben.

Die Stücke spielen im fiktiven niederbayrischen Dorf Geisbach. Im ersten Stück „Der Rosstäuscher“ wird ein dem Richter (Michael Kettl) bestens bekannter Dorfbewohner, das Schlitzohr Veitl (Martin Göbel), der Kuppelei angeklagt, was schlimmer sei als Körperverletzung oder Ehebruch, behauptet jedenfalls der anklagende Staatsanwalt (Günther Seidel), ein verkniffener Moralapostel. Hintergrund ist der Tausch zweier Pferde, die vor die Kutschen der ehrenwerten Großbauern Nierlinger und Pfreimlhuber gespannt sind, während die beiden im Wirtshaus sich einen Mordsrausch ansaufen und sich an rein gar nichts mehr erinnern können.

In fremden Betten übernachtet

Die Pferde finden natürlich allein auf ihren Hof – und die Bauern übernachten im jeweils fremden Bett. Die jeweiligen Frauen haben aber auch rein gar nichts bemerkt. Weil man die Pferde nicht verklagen kann, wird der Veitl angeklagt; er habe wissentlich die Pferde vertauscht und sei daher der Kuppelei schuldig. Aufgeklärt wird die Angelegenheit schließlich durch den Wirt (Fritz Müller).

Im zweiten Stück „Der gesetzliche Fehler“ wird die menschliche Eigenschaft der Schlitzohrigkeit, der Hang, den andern „übers Ohr zu hauen“, genüsslich dargestellt. Angeklagt ist der Pferdehändler Held (Eberhard Spieß) wegen Betrugs und Rosstäuscherei. Er soll ein „dampfiges“ Pferd für 800 Mark verkauft haben. Ein Pferd also, das von Geburt an Probleme mit Herz und Magen hat. Freilich lässt sich das mit Mitteln für einige Zeit vertuschen. Im Verlauf der Handlung stellt sich heraus, dass jeder jeden übers Ohr gehauen hat. Der Verkäufer den Rosshändler Held, aber auch seine eigene Frau, was zu einem heftigen Disput zwischen den beiden führt. Der Rosshändler wiederum täuscht den Käufer. Und letztlich zeigt sich, dass Held nicht nur beim Pferdehandel trickst, sondern auch als Heiratsvermittler mit falschen Behauptungen arbeitet.

Gut dargestellt werden die verschiedenen Charaktere: ein knochentrockener, paragraphenversessener Staatsanwalt, ein Pferdehändler, der mit dem Richter einen Freispruch aushandeln will, ein überakkurater, mittelgescheitelter Gerichtsschreiber, ein gehorsamer, aber leicht vertrottelter Gerichtsdiener, kernige bis kracherte Bauerntypen, Manner wie Weiber, und ein etwas gutmütiger Richter, der die ausufernde Verhandlung im Griff zu behalten versucht. Zum Schluss wird die Regisseurin Stefanie Zwack für ihre gelungene erste Regie geehrt, die sie auch ganz kurzfristig übernehmen musste.

DK