Landkreis Neuburg-Schrobenhausen
Notarztversorgung: Jede fünfte Schicht unbesetzt - Jede Minute zählt, oder?

Förderverein „Menschen helfen – Leben retten“ setzt sich für bessere Notfallversorgung ein

17.12.2022 | Stand 17.09.2023, 8:14 Uhr

Jede fünfte Schicht im Notarztdienst im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen bleibt laut Förderverein unbesetzt. Symbolbild: DK-Archiv

Ob Verkehrsunfall, Herzinfarkt oder Schlaganfall: Wenn Bürgerinnen und Bürger aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen auf schnelle ärztliche Hilfe angewiesen sind, bleibt zu hoffen, dass es nicht Sonntagabend ist.



Besser wäre Mittwochvormittag oder Freitagabend – da sind die Dienstschichten der Notärzte im Landkreis statistisch gesehen nämlich besser besetzt. Nicht gut, aber besser.

Rund 20 Prozent, also etwa jede fünfte Schicht, bleibt unbesetzt. Erschreckende Zahlen, die Ahmed Karatay nennt. Um die Notarztversorgung im Landkreis zu verbessern, hat sich im Jahr 2011 der Förderverein „Menschen helfen – Leben retten“ gegründet. Den Anstoß dazu habe der Alt-Landrat Roland Weigert gegeben, erklärt Shahram Tabrizi, Arzt und stellvertretender Vorsitzender des Vereins. Inzwischen besitzt der Förderverein 143 Mitglieder, darunter neben dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen zahlreiche Unternehmen der Region und auch Privatpersonen. Gemeinsam mit Karatay gibt Tabrizi Einblick in die notärztliche Versorgung der Region und zeigt, wie der Verein versucht, den Problemen entgegenzuwirken.

Eigentlich sei es ja Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB), die Notarztversorgung sicherzustellen, sagt Karatay. Die Realität sehe anders aus: „Den Fachkräftemangel gibt es leider Gottes auch im Notarztdienst“, betont Tabrizi. Es sei kein reines Neuburg-Schrobenhausen-Problem, sondern inzwischen allgegenwärtig. „Wir haben uns überlegt, was wir machen können, um mehr Notärzte für den Landkreis zu gewinnen“, sagt Tabrizi, der seit Gründungstagen Mitglied des Vereins ist.

Pro Stunde erhalten die Notärzte im Dienst 25 Euro, dazu kommt pro Einsatz eine Pauschale von 80 Euro. Nun sei der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen eine Region, die als „einsatzarm“ gilt. „Es gibt Dienste, da sitzt man 24 Stunden in der Rettungswache und hat nur einen Einsatz.“ Rein finanziell gesehen, lohnen sich für die Ärzte also Schichten in München oder Ingolstadt deutlich mehr. In Neuburg seien es rund vier bis fünf Einsätze innerhalb eines 24-Stunden-Dienstes, in Schrobenhausen etwa drei bis vier. In der Landeshauptstadt hingegen rücken die Notärzte im Schnitt etwa zehnmal aus, sagt Karatay.

Um für Notärzte lukrativer zu werden, bezahlt der Förderverein „Menschen helfen – Leben retten“ einen Bonus, wenn Schichten im Landkreis übernommen werden. Karatay bezeichnet den finanziellen Zuschuss als „kleines Zuckerl“, das Wirkung zeigt. Aber es sei mehr – auch eine Art „Anerkennung oder Dank“, den der Förderverein so an die Notärzte weitergeben möchte. So können auch externe Fachkräfte, beispielsweise aus Ingolstadt, gewonnen werden. „So entstand die Idee, dass Ärzte motiviert werden, zu uns in den Landkreis zu kommen. Ansonsten hätten wir keine Chance, mit anderen Standorten mitzuhalten“, sagt Tabrizi. Früher hätten noch häufiger Hausärzte Schichten übernommen. „Das geht nicht mehr. Die Praxen sind voll. Die Hausärzte werden vor Ort gebraucht“, betont Tabrizi.

Der Förderverein versucht außerdem, neue Ärzte für die Notfallversorgung zu gewinnen. „Wir bezahlen die Ausbildung dafür. Das sind knapp 3000 Euro“, sagt Karatay. Rund 25 Ärztinnen und Ärzte konnten im Rahmen der Förderung bereits ausgebildet werden. Außerdem finanziert der Verein Ausrüstungen für die Rettungswagen. „Wir kaufen neueste Gerätschaften. Auch das kann ein Anreiz für Ärzte sein, wenn mit modernen Geräten gearbeitet werden kann“, sagt Karatay.

Es sei auch nicht jeder Arzt für den Notarztdienst gemacht, meint Tabrizi, der selbst viele Schichten im Landkreis übernimmt. „Man weiß nie, was einen erwartet, es ist ein Gefühl der Ungewissheit – beispielsweise wenn man zu einem Unfall kommt.“ Für ihn sei es eine Berufung, die Notfallmedizin sei spannend und herausfordernd. „Das erfüllt mich.“ Aber trotzdem: Es sei nicht nachvollziehbar, dass „Bereitschaftsdienste oder Ärzte, die in Impfzentren arbeiten, deutlich besser verdienen“ als Notärzte im Dienst.

Muss Tabrizi zu einem Notfall, dann kann es vorkommen, dass das Navigationssystem im Auto einen Anfahrtsweg von 25 Minuten anzeigt. „Obwohl doch jede Minute zählt“, sagt Karatay. Besonders frustrierend für den Arzt sei dann, wenn es eigentlich gar kein Notarzteinsatz sei. „Jeder empfindet Not anders“, sagt Karatay. Aber durch solche Fälle, die eigentlich kein Notfall seien, fehlen die eh schon raren Notärzte an anderer Stelle. Ist im Landkreis kein Notarzt vorhanden, dann wird jemand aus den umliegenden Regionen geschickt. Aus Pfaffenhofen, Ingolstadt oder Aichach. Ein noch weiterer Einsatzweg, der wiederum noch mehr Zeit kosten kann.

Auch wenn die notärztliche Versorgung im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen nicht rosig ist, ohne den Förderverein wäre sie deutlich schlechter, ist sich Tabrizi sicher. „Es ist eine anspruchsvolle Tätigkeit, die Ärzte brauchen eine spezielle Ausbildung dafür, eine hohe Spezifikation. Es wäre wünschenswert, dass die Arbeit auch dementsprechend vergütet wird.“

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DK