Boys’ Day und Girls’ Day am 25. April
Einer von wenigen: In Neuburg wird ein junger Mann zum Arzthelfer ausgebildet

25.04.2024 | Stand 25.04.2024, 18:01 Uhr

Das Geschlecht spielt keine Rolle für den Arzt Bernhard Hildebrandt (links) und seinen Azubi Florian Schlee (rechts). Wichtig ist für beide die Motivation für den Beruf. Foto: Volk

Mit 16.071 Auszubildenden im letzten Jahr ist der Beruf der Medizinischen Fachangestellten auf Platz zwei der Ausbildungsberufe 2023. Das Besondere an den Azubis: Es sind fast alles Frauen. Florian Schlee absolviert seit Herbst die Ausbildung zum Medizinischen Fachangestellten (MFA) in der Gemeinschaftspraxis Hildebrandt in Neuburg. Zum Boys’Day am 25. April haben wir ihn in der Praxis besucht.



Seit 2010 findet jedes Jahr Ende April der Boys’ beziehungsweise Girls’Day statt. Ausrichter ist dabei das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. An diesem Zukunftstag soll mit Geschlechterklischees in der Berufswelt aufgeräumt werden. Mädchen und Jungen können einen Tag lang in Berufe und Studienfächer hineinschnuppern und praktische Erfahrungen sammeln, heißt es auf der Webseite. Der Fokus liegt dabei speziell auf Berufen, in denen „aktuell maximal 40 Prozent“ der Männer oder Frauen eine Ausbildung machen oder das entsprechende Fach studieren.

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Kurzum, beim Boys’Day können sich Jungen zum Beispiel als Drogisten, Floristen, Maskenbildner, Pharmazeuten oder Pädagogen üben. Mädchen wiederum können sich als Mechatronikerinnen, Fachinformatikerinnen, Industriemechanikerinnen, Ingenieurinnen oder Physikerinnen probieren. Berufsorientierung soll unabhängig vom Geschlecht funktionieren, so die Initiative.

Einer von zwei männlichen MFAs in der Berufsschulklasse

Schlee ist einer von zwei männlichen Auszubildenden zum MFA in seiner Klasse in der Ingolstädter Berufsschule. Durch Zufall sei er auf die Ausbildung gestoßen. Nach seinem Schulabschluss begann er zunächst die Lehre zum Kaufmann für Büromanagement – doch der Schreibtischjob taugte ihm nicht. Im November letzten Jahres startete er im Team von Bernhard Hildebrandt. „Florian ist der erste männliche Azubi in meiner Praxis“, erzählt der Arzt, der seit 20 Jahren in Neuburg niedergelassen ist. Als Hildebrandt in Kliniken gearbeitet habe, hätte es dort mehr männliche Fachkräfte gegeben– warum MFAs vermehrt in Kliniken anzutreffen wäre, konnte sich Hildebrandt nicht recht erklären. „Ob am Empfang Mann oder Frau sitzt, spielt keine Rolle“, sagt er. „Die müssen qualifiziert sein und ihre Arbeit machen.“

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Als Mann unter Frauen zu arbeiten ist „gelebte Normalität“

Für Schlee ist es „gelebte Normalität“, als Mann unter Frauen zu arbeiten. Er habe sich vorher nie Gedanken gemacht, ob er aufgrund seines Geschlechts mit Vorurteilen im Job zu kämpfen haben könnte. Seine Kolleginnen, Mitschülerinnen sowie die Patientinnen und Patienten hätten ihn gut aufgenommen. „Manchmal werde ich gefragt, ob ich der Sohn des Arztes bin“, sagt er mit einem Schmunzeln. Doch wie viele andere MFAs macht er täglich seinen Job – und das gerne.

Schlee beginnt seinen Tag mit dem Check-In an der Zeituhr, zieht seine Arbeitskleidung an, bereitet Behandlungszimmer oder Sprechstunden vor. Zu den Aufgaben des Azubis zählen unter anderem Eis auffüllen, Wannen reinigen, Laborarbeit, Dokumentation von Behandlungen, Blut abnehmen oder Spritzen vorbereiten.

Umkleideraum zu finden war eine Herausforderung

„Meine Mitarbeiterinnen wünschen sich seit Jahren einen männlichen MFA“, so Hildebrandt. „Und Florian ist sehr einfühlsam, er kann sich sehr gut auf Menschen einstellen, ist einfach empathisch.“ Ein Mann im Team „tut gut“, erzählt der Arzt weiter. Beschwert hat sich noch niemand, dass neben dem Arzt eine männliche Fachkraft sitzt. Die größte Herausforderung war eine logistische: Die Gemeinschaftspraxis musste einen Umkleideraum für Schlee finden, sagen die beiden mit einem Lachen. Das Resümee von Hildebrandt: „Das Geschlecht ist völlig wurscht. Jeder muss seiner Berufung folgen.“

DK