Zweite Donaubrücke in Neuburg
„Holen den Schwerlastverkehr in die Stadt“

Kfz-Sachverständiger Bernhard Sönning analysiert Plangutachten und stemmt sich gegen Osttangente

27.05.2022 | Stand 22.09.2023, 22:49 Uhr

Der Planfall I, die Osttangente, und ihre Auswirkungen auf den Kfz-Verkehr. Foto: Brenner-Plan

Von Sebastian Hofmann

Neuburg – Seine Meinung ist eindeutig: „Die Stadträte, die für die Osttangente sind, haben das Plangutachten entweder nicht gelesen oder nicht verstanden“, sagt Bernhard Sönning (Foto). Der 59-jährige Neuburger ist nicht nur Mitglied im Aktionsbündnis „Auwald statt Asphalt“, er ist auch Diplom-Ingenieur und Sachverständiger für den Kraftfahrzeugverkehr. Das Gutachten des Büros Brenner-Plan, das mehrere Varianten für eine zweite Autobrücke für Neuburg aufzeigt, hat er sich genau angesehen und kommt zu dem Schluss: „Wir holen den Schwerlastverkehr in die Stadt mit der Osttangente.“ Wenn es überhaupt eine zweite Autobrücke geben sollte, dann würde Sönning klar zu einer Westtangente tendieren – eigentlich erachtet er aber jede zweite Querung für den motorisierten Verkehr für unnötig.

Darum ist der Fachmann gegen eine Osttangente: Für seine Argumentation genügen Bernhard Sönning zwei Karten aus dem Brenner-Plan-Gutachten (siehe eigener Artikel), die jeweils die Be- und Entlastungspotenziale für die Straßen in der Neuburger Innenstadt zeigen, würde eine Osttangente gebaut. Das Gutachten unterscheidet dabei zwischen Kfz- und Schwerlastverkehr. Sönning betont: „Das sind nur die Karten, die es im Gutachten für jedermann einsehbar gibt. Ich hinterfrage das Gutachten an sich nicht, sondern sehe die Zahlen als gegeben an.“

Mit Blick auf den regulären Autoverkehr weist der sogenannte Planfall I, die Osttangente vom Kreisel an der Münchener Straße / Bundesstraße 16 in nördlicher Richtung zur Grünauer Straße mit Brückenschlag im Auwald und Anschluss an die Ingolstädter Straße / Staatsstraße 2214, eine Nutzung von 11800 bis 13900 Autos binnen 24 Stunden aus. Gleichzeitig würden auf der Bergheimer Spange, zwischen Zeller Kreuzung, über die Kraftwerksbrücke und den Kreisel bei Bergheim, je nach Abschnitt zwischen 4700 und 5800 Autos weniger fahren. „Aber das ist doch genau das, was wir eigentlich nicht wollen: Die Bergheimer Spange entlasten“, sagt Sönning und deutet auf der Karte weiter nach Westen: Dort ist eine Straße, nämlich die Hesselloher Straße durch Ried/Hessellohe, ebenfalls rot markiert, was eine Zunahme des Verkehrs bedeutet. Das Gutachten nimmt für den Planfall I an, dass 1050 Fahrzeuge mehr pro Tag diesen Weg, der an einigen Stellen sehr eng ist und unüberschaubare Kurven hat, nutzen würden. Zwar gibt es errechnete Entlastungen auf der Monheimer Straße (-600 Fahrzeuge), Ingolstädter Straße (-1050 bis -2950, je nach Abschnitt), auf der Elisenbrücke
(-5950), in der Theresienstraße (-700), in der Donauwörther Straße (-200) und in der Augsburger Straße (- 1350 bis - 3450, je nach Abschnitt), aber Sönning meint: „Sorry, das ist nichts. Die Verdichtung des Verkehrs in der Innenstadt bleibt und es wird weiter Stau zu den Stoßzeiten geben.“

Als „noch dramatischer“ bezeichnet der Ingenieur die Entwicklung des Schwerlastverkehrs für den Planfall I. Laut Gutachten würden zwischen 1010 und 1200 Lastwagen die Osttangente nutzen, wiederum auf der Bergheimer Spange würden aber zwischen 790 und 860 davon wegfallen. Etwa 180 Brummis weniger würden die Elisenbrücke zur Flussquerung nutzen, in der Münchener Straße wären es zwischen 20 und 60 weniger, im Bereich des Kreisel bei der B16 ab etwa 40 mehr. Allein der Bau der Osttangente samt zuführender Straßen stellt für Sönning einen nicht hinnehmbaren Eingriff in die Neuburger Struktur dar. Das Vorhaben würde die Stadt in Nord-Süd-Richtung von ihren östlichen Stadtteilen Heinrichsheim und Herrenwörth abschneiden. „Das ist wie die Berliner Mauer“, so der Fachmann.

Eine Westbrücke wäre sinnvoller: Ein Freund einer zweiten Autobrücke im Westen ist Sönning ebenfalls nicht: „Auch die braucht es meiner Meinung nach nicht“, sagt er. Dennoch möchte er die Vorteile gegenüber der Osttangente nicht unerwähnt lassen, denn dann gäbe es seiner Ansicht nach zumindest einen Ringschluss um Neuburg herum. Wenn es doch unbedingt so ein Bauwerk bräuchte, dann hat Sönning für sich den Planfall VII als sinnvollste Variante ausgemacht. Dieser Vorschlag sieht ein Abfangen des Verkehrs an der B16 bei den Maschinenringen, eine Trasse über den Beutmühlweg und den Brückenschlag letztlich westlich des Brandlbads vor. Eine Weiterführung auf der nördlichen Donauseite würde über eine Umgehungsstraße zwischen Laisacker und Neuburg-Nord erfolgen, die schließlich an die Ingolstädter Straße an der Kreuzung zur Hesselloher Straße an die Ingolstädter Straße anschließt. In diesem Fall wäre die Elisenbrücke um 6700 Autos und 160 Lastwagen erleichtert, die Bergheimer Spange würde dagegen nur 1300 bis 1600 Pkw und 160 Lkw einbüßen. Zwischen 900 und 1350 Autos weniger wären auf der Münchener Straße unterwegs, auf der Theresienstraße wären es gar 3450 und auf der Augsburger Straße 450 bis 1100, je nach Abschnitt.

Was den Planfall VII betrifft, so sei mit dem Wasserschutzgebiet in diesem Areal als Ausschlusskriterium und dem Erholungscharakter des Brandl-bads vonseiten vieler Befürworter der Osttangente geworben worden. Für Sönning sind dies aber keine stichhaltigen Argumente. „Wenn ich mit dem Rad zum Brandlbad fahren, dann höre ich das Bad lang bevor ich es sehe. Wenn dort drin Betrieb herrscht, dann interessiert es die Badegäste nicht, ob dahinter Lastwagen vorbeifahren. Das hören die gar nicht“, ist seine Meinung. Zum Wasserschutzgebiet sagt er: „Wir reden hier über Zeiträume, in denen die Brücke entstehen soll, wo wir gar nicht wissen, ob dann noch Verbrenner darüber fahren. E-Autos können keine Flüssigkeiten verlieren, die schädlich für ein Wasserschutzgebiet wären.“

Aus seiner Sicht braucht es eigentlich gar keine zweite Autobrücke: „Wir haben in Neuburg kein Verkehrsproblem“, sagt Sönning. Vielmehr handele es sich um Staus zu Stoßzeiten, die es in anderen Städten genauso und noch viel schlimmer gebe. „Ich fühle mich hier belogen.“ Mit seinen Mitstreitern des Bündnisses „Auwald statt Asphalt“ will er deshalb weiter gegen eine zweite Autobrücke kämpfen. Die Aktivisten hatten versucht, Anfang der Woche mit Bayerns neuem Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) während dessen Besuchs in Neuburg ins Gespräch zu kommen. Der Staatsminister hatte an diesem Tag laut eigener Aussage keine Zeit für das Bündnis, hat aber einen Gesprächstermin im September angeboten.

Als weiteren Hinderungsgrund für einen Brückenbau sieht Sönning indes die angespannte Finanzsituation der Stadt Neuburg an. „Wir können uns die Brücke einfach nicht leisten“, ist er überzeugt – auch gesetzt den Fall, dass der Freistaat die Brücke bei der Realisierung einer Osttangente als außerstädtisches Bauwerk in Sonderlast bezahlen würde.

DK