Neuburg
Für und wider die Osttangente

SPD holt Vize-Bürgermeister Johann Habermeyer und Brücken-Kritiker Bernhard Sönning zur Diskussion

17.09.2022 | Stand 22.09.2023, 5:37 Uhr

Kommt sie oder kommt sie nicht? Die Osttangente durch den Auwald inklusive Brücke gibt es bislang nur als Simulation. Foto: Stadt Neuburg

Von Sebastian Hofmann

Neuburg – Wo steht die Stadtratsfraktion der SPD eigentlich, wenn es um das Thema Osttangente mit zweiter Donaubrücke geht? Ganz klar: Aktuell noch zwischen für und wider. Wie bei der Delegiertenwahl des Neuburger Ortsverbands deutlich wurde, wollen die beiden Fraktionsmitglieder Ralph Bartoschek und Sabine Schneider warten, bis alle Fakten auf dem Tisch liegen. Dazu haben die Sozialdemokraten am Donnerstagabend ausgiebig diskutiert – und mit Bernhard Sönning und Vize-Bürgermeister Johann Habermeyer (FW) einen Gegner und einen Befürworter der Planung zur Osttangente sprechen lassen.

Die Unterschiede beginnen in der Problemanalyse

Was die grundsätzliche Haltung der SPD-Stadtratsfraktion zum Thema zweite Donaubrücke betrifft, so stellte der kommissarische Ortsvorsitzende Bartoschek fest: „Es kommt durchaus aus der einen oder anderen Ecke eine nicht ganz so fundierte Meinung.“ Vor den versammelten Mitgliedern betonte er deshalb nochmals, dass er und seine Kollegin Sabine Schneider nicht für eine zweite Donaubrücke seien. „Das ist bei Weitem nicht so. Wir lassen unser Votum so lange offen, bis wir Fakten haben. Es stimmt nicht, dass wir von Anfang an dafür waren“, so Bartoschek weiter.

Im Neuburger Ortsverband hatte man lange schon zum Thema zweite Donaubrücke diskutieren wollen, verschiedene Umstände – wie der Krach, an dessen Ende der ehemalige Bürgermeisterkandidat Bernd Schneider die SPD-Fraktion verließ – hätten dies aber bislang verhindert. Bartoschek freute sich umso mehr, dass es am Donnerstag endlich klappte und er Vize-Bürgermeister Habermeyer und den Kfz-Sachverständigen Bernhard Sönning als Gastredner begrüßen konnte.

Letztgenannter machte mit seinem Vortrag den Auftakt zur Diskussion. Sönning stellte klar, dass er zwar Mitglied des Aktionsbündnisses Auwald statt Asphalt sei und mit diesem auch am Dienstag bei Minister Christian Bernreiter vorstellig wurde, an diesem Abend aber lediglich seine private Meinung äußere. „Als die Brücke vorgestellt wurde, war ich eher ein Befürworter“, so der Diplom-Ingenieur. Dann habe er sich allerdings das Brennerplan-Gutachten angesehen, das Grundlage für die Debatte um eine zweite Brücke ist. Das Werk stellt, wie bekannt, den Planfall eins, die sogenannte Osttangente mit Brückenschlag im Neuburger Auwald, als sinnvollste Querungsmöglichkeit dar.

Sönning allerdings sieht das ganz anders, was er anhand der Zahlen aus dem Gutachten darstellte. „Ich stelle das Plangutachten nicht in Frage“, so der Sachverständige. Wenn man das Werk betrachte, so würden einem aber gewisse Dinge auffallen. Mithilfe der verschienen Grafiken, die zusätzliche Belastungen und Entlastungen für das Neuburger Straßennetz abzeichnen, wenn die Osttangente gebaut wird, kam Sönning zu dem Schluss: „Mit dieser Lösung beheben wir unsere Probleme nicht. Wir holen uns den Schwerlastverkehr in die Stadt.“ Eine Westtangente, im Gutachten als Planfall VII bezeichnet, sei im Stadtrat als „unzumutbar“ abgelehnt worden. Sönning aber findet: „Die Westtangente ist die höchste Entlastung, nicht die Osttangente. Aber uns wird was völlig anderes erzählt. Da fühle ich mich belogen.“

Kein städtischer Haushalt könne die Brücke stemmen

Vize-Bürgermeister Habermeyer machte keinen Hehl daraus, dass er für sich als Befürworter der Ostbrücke an diesem Abend eher schlechte Karten sah. „Nach diesen Faktendarstellungen scheine ich chancenlos zu sein“, so der Diplom-Agraringenieur süffisant. Er führte aus, dass die Ostbrücke der größtmögliche Kompromiss sei. Eine zweite Donaubrücke werde schließlich seit Jahrzehnten diskutiert und sei immer schon „eine brutale Herausforderung“ gewesen, die zu keinem Zeitpunkt aus dem städtischen Haushalt stemmbar sei. Also müsse man sich fragen: „Wer hilft uns?“ Er habe zwar kein Problem damit, wenn das jemand anders sieht, für Habermeyer steht aber fest: Neuburg hat ein Verkehrsproblem und der Freistaat Bayern kann durch Übernahme der Kosten für den Brückenbau helfen.

Während Sönning davon gesprochen hatte, dass das Verkehrsaufkommen zum Beispiel wegen gestiegener Spritpreise zurückgehen werde, hielt Habermeyer dagegen: „Erwarten wir allen Ernstes eine Rückführung des Pkw-Verkehrs wegen Home-Office?“ Er sehe eher die Entwicklung, dass aufgrund neuer Umstände in der Arbeitswelt plötzlich ganz andere Orte als attraktives Wohnumfeld angesehen werden. Seiner Meinung nach werde der Autoverkehr zunehmen. Generell meinte er zu Sönning: „Wenn wir uns in der Problemanalyse unterscheiden, dann müssen wir ja unterschiedlicher Auffassung sein.“ Habermeyer nannte seinen Grundzugang für die Debatte: „Wir brauchen eine Donauquerung in der Innenstadt, sonst werden uns die Handlungsoptionen nie aufgehen.“ Mit Handlungsoptionen bezog er sich zum Beispiel auf Radstreifen auf der Luitpold-straße und andere Maßnahmen, die der Infrastruktur und Verkehrsentlastung in der Innenstadt zugute kämen. Worüber man natürlich diskutieren könne, sei die Wahl der Variante.

Gegen Äußerungen, eine Westvariante sei nur abgelehnt worden, weil in Neuburg-Nord eine große Anzahl Stadträte wohnen würde, sei er allergisch. „Das ist Polemik.“ Die Behauptung vieler Gegner der Osttangente, dass diese Variante nicht finanzierbar sei, erachtete er als „argumentativ dünn“, denn: „Das würde ja im Westen wie im Osten gelten.“

Generell wolle man eine Entlastung für die Innenstadt, die nicht nur aus der Floskel „Nehmt’s a Lastenradl“ besteht. „Was mich am meisten umtreibt“, so Habermeyer weiter, „was passiert, wenn dieses Projekt durchfällt?“ Der Vize-Bürgermeister bezweifelte in diesem Fall, dass Neuburg „bis auf weiteres oder jemals“ in die Position kommen könnte, an eine zweite Donaubrücke auch nur ranzuschnuppern.

DK