Sandizell
Einfluss in ganz Bayern

EIN LANDKREIS – 50 ERLEBNISSE (Teil 32): Der Sandizeller Adel und sein berühmtes Wasserschloss

01.08.2022 | Stand 11.05.2023, 17:44 Uhr

Das Wasserschloss in Sandizell zeugt von der Bedeutung des dortigen Adelsgeschlechts. Foto: Landkreisgästeführer

Schloss Sandizell gehört zu den großartigen Besitzungen in der Denkmallandschaft Oberbayerns und in unserer Region. Das Schloss ist in seinem ursprünglichen Bauzustand weitgehend erhalten. Über das Bauwerk informiert Landkreisgästeführerin Christa Söllner in diesem Teil unserer Serie.

Im 15. Jahrhundert wurde der Stammsitz angeblich von Jörg (Georg) von Sandizell errichtet. Im 16. Jahrhundert ist es von seinen Söhnen Hochbrand und Wilhelm zu einem Renaissancebau erweitert worden. Im Dreißigjährigen Krieg wurde es von den Schweden schwer beschädigt und teilweise niedergebrannt, bewohnbar war nur noch der Ostflügel.

Unter dem Reichsfreiherrn Max Emanuel von und zu Sandizell entstand unter Einbeziehung des Ostflügels und unter Aufstockung des Westtraktes zu einer Dreiflügelanlage mit geschlossenem Innenhof der barocke Neubau. Eine steinerne Brücke führt über den Wassergraben zum Eingangsbereich des völlig neuen Südflügels. Im Mittelrisalit ist das Al-Wappen des Bauherrn und seiner Gemahlin angebracht.

Ein Baumeister aus Neuburg

Erbaut wurde das Schloss nach Plänen von Johann Puechtler, Hof- und Baumeister aus Neuburg, Michael Prunthaller, Baumeister nach dessen Tod, sowie Veit Haltmayr, Maurermeister und Bauunternehmer aus Ingolstadt. Den prächtigen Torturm am Eingang zur Allee erbaute ebenfalls Haltmayr. Ökonomiegebäude und Stallungen kamen später von Stadtmaurermeister Joseph Lenbach aus Schrobenhausen dazu. Der Garten wurde Ende des 19. Jahrhunderts im englischen Landschaftsstil angelegt.

Der Name des Adelsgeschlechts der Sandizeller geht bis in die Zeit der Grafen von Scheyern zurück. Das Königsgut Neuburg und deren Herrscher setzte Ministeriale ein, um für sie Führungsdienste, Militärdienste und Kirchendienste auszuüben. Mitglieder der Familie erhielten Lehen und Vogteiämter im Bereich von Paar, Ilm und Donau. In den folgenden Jahrhunderten erreichten die Adeligen von Sandizell bayernweit bedeutende weltliche und geistliche Ämter an den Wittelsbacher Höfen in Ingolstadt, Landshut und München.

Die Sandizeller förderten Klöster, ließen als Patronatsherren Kirchen und Kapellen errichten und schufen sich Grablegen in Pfarr- und Klosterkirchen ihres Wirkungsbereichs. Sie betätigten sich als Bauherrn von Schlössern und der nötigen Infrastruktur. Erster nachweislich Sandizeller, ein Ortulfo von Sandizell und zu Großhausen, soll reiche Schenkungen an das Kloster Scheyern entrichtet haben.

Im 14. Jahrhundert teilten sich die Sandizeller in mehrere Linien – von Sandizell zu Edelshausen und Tunzenberg, von Sandizell zu Großhausen, von Sandizell zu Odelzhausen, von Sandizell zu Mühlhausen sowie Herrschaft Waldeck und von Sandizell zu Pichl bei Schonau. Durch geschickte Heiratspolitik kamen Herrschaften, Edelsitze und Hofmarken dazu.

Aber die Linien starben überwiegend wieder aus, wurden verkauft, an Klöster vererbt oder gingen durch Erbauseinandersetzung und Kriegseinwirkungen unwiederbringlich verloren.

Im Spanischen Erbfolgekrieg war das Schloss Schauplatz eines bedeutenden historischen Ereignisses. Am 8. August 1704 trafen sich die beiden berühmten Feldherren Herzog John Marlborough aus England und Prinz Eugen von Savoyen aus Österreich. Sie hielten Kriegsrat, um die Schlacht von Höchstädt vorzubereiten, die fünf Tage später in Blindheim bei Höchstädt stattfand. Mit dieser Schlacht war der Krieg nicht zu Ende, sie führte aber zu einer Wende der Machtverhältnisse in Europa.

Im Erdgeschoss begrüßen zwei übergroße Standbilder, die „Spanischen Tänzerinnen“ von Ludwig von Schwanthaler. Die Treppe mit einem Rokoko-Treppengeländer aus Eiche stammt von Anton Wiest, Schreinermeister aus Schrobenhausen. Die Schlosskapelle im Südflügel, die sich durch zwei Geschosse erstreckt, ist das Kleinod des Schlosses. Der Altar mit in Weiß und Gold gefasstem Rokoko-Aufbau ist das Werk von Friedrich Schwerdtfiehrer, ein Schreinermeister aus Inchenhofen. Die plastische Kreuzigungsgruppe – Schmerzhafte Muttergottes, Johannes und Maria Magdalena – von Anton Sießmayr, Bildhauer aus Augsburg. Das Altargemälde stammt von Ignaz Baldauf aus Inchenhofen, Fürstbischöflicher Hofmaler aus Augsburg, und zeigt Christus am Kreuz, im Hintergrund Jerusalem während der Sonnenfinsternis zur Todesstunde Jesu.

Außergewöhnliche Wanddekoration

In zwei Räumen im Südflügel, im roten und blauen Salon, befinden sich außergewöhnliche Wanddekorationen. Darstellungen sind biblische Szenen aus dem Alten Testament, aus dem Buch Josua, neutestamentliche Themen und Genreszenen. Im Blauen Salon sind Motive aus dem gesellschaftlichen Leben, Jagd und Landschaftsmalerei zu sehen. Die Ausführungen werden Ignaz Baldauf zugeschrieben unter Mithilfe von Wenzeslaus Priecz oder dessen Sohn Joseph Priecz.

1667 wurde Freiherr Johann Dominikus von und zu Sandizell Reichsfreiherr. 1790 wurde die Familie mit Anton Josef Maria von und zu Sandizell an der Spitze von Kurfürst Karl Theodor in den Reichsgrafenstand erhoben. 1818 erfolgte die Ernennung der Grafen zu erblichen Reichsräten der Krone Bayerns.

Carl Maximilian Graf von und zu Sandizell, der volksverbundene Graf, liebte den Motorsport aus Leidenschaft. Er war zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg erfolgreicher Werksfahrer im Rallyesport. Nach dem Krieg war er lange Jahre Sportpräsident des deutschen Automobilclubs.

Unter Max Emanuel von und zu Sandizell erlebte der Stammsitz Sandizell im 18. Jahrhundert seine glanzvolle Zeit. Die Familie stand dem kurfürstlichen Hof in München sehr nahe. Max Emanuel wurde in der Hofkapelle der Münchner Residenz vom Kölner Erzbischof Joseph Clemens getauft und von Kurfürst Max Emanuel von Bayern höchstpersönlich aus der Taufe gehoben. Mit 25 Jahren heiratete er in der Reichen Kapelle der Münchner Residenz Maximiliane Katharina Reichsgräfin von Topor Morawitzky. Die Gemahlin war von angesehenem Adel in München und mit großer Brautausstattung ausgestattet.

Kurfürst Karl Albrecht IV. legte im Jahr 1729 den Ritterorden vom Heiligen Georg neu auf und ernannte Reichsfreiherr Max Emanuel von und zu Sandizell zum Ritter. 1731 beauftragte der Kurfürst, der spätere Kaiser Karl VII., Max Emanuel, mit einer Delegation nach Malta zu reisen und den Georgs-Ritterorden mit dem Malteser-Orden zu vereinen. Vor der Reise legte er in seiner Hofmarkskirche ein Gelübde ab. Sollte er wieder gesund zurückkehren, werde er seine Kirche neu erbauen lassen. Ein Versprechen, das er später einlöste und ab 1735 die Hofmarkskirche neu errichtet.

Der Bau ist weitgehend im Urzustand

Max Emanuel von und zu Sandizell wurde im österreichischen Erbfolgekrieg ein Regiment unterstellt und ab 1760 das Amt des Statthalters der Garnisonstadt Ingolstadt übertragen. Ebenfalls wurde er vom Kurfürsten Maximilian III. Joseph von Bayern als „wirklicher geheimer Rat“ ernannt.

Das Wasserschloss von Sandizell gilt als bedeutender Profanbau, der weitgehend im Urzustand erhalten ist. Mit dem Bau der Kirche St. Peter, heute die Asam-Kirche, hat er eine der bedeutendsten und schönsten spätbarocken Dorfkirchen Altbayerns entstehen lassen.

Gruppenführungen im Wasserschloss und in der Kirche bietet Söllner am 8. Oktober an. Anmeldungen nimmt die Tourist-Info unter (08431) 908330 oder die Schlossverwaltung Sandizell, (08252) 1624, entgegen.

DK