Neuburg
Donhauser fordert Ende der Impfpflicht

Gesundheitsamtsleiter: „Österreich hat die Impfpflicht gecancelt, das würde ich mir bei uns auch wünschen“

30.07.2022 | Stand 22.09.2023, 20:31 Uhr

Die Zahl der positiv Getesteten im Landkreis ist zwar gerade hoch. Doch Johannes Donhauser, den Leiter des Gesundheitsamts, treibt derzeit eher eine andere Sorge um: Er fürchtet negative Auswirkungen durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Betroffene könnten am Ende ihren Beruf aufgeben. Foto: Stark

Von Thorsten Stark

Neuburg/Schrobenhausen – Johannes Donhauser, der Leiter des Gesundheitsamtes des Landkreises, spricht sich für das Ende der einrichtungsbezogenen Impfpflicht aus. Im Pressegespräch rund um das Thema Corona betonte der Mediziner, dass es für die Pflicht angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens keine Grundlage mehr gebe. Trotzdem musste das Landratsamt die betroffenen 372 Nicht-Geimpften im Landkreis anschreiben. Donhauser warnt davor, diese Menschen aus ihrem Beruf zu vergraulen: „Das wäre katastrophal.“

Man habe es in den vergangenen Monaten überall gesehen, sagt Donhauser. „Die Impfung schützt mich vor einer schweren Erkrankung – aber nicht mehr meine Mitmenschen in dem Maße wie bei früheren Virus-Varianten.“ Begründung für die Impfpflicht im Pflegebereich sei aber der Schutz vor Ansteckung der besonders gefährdeten Personen gewesen. Diesen Schutz gebe es bei Omikron aber nicht mehr in der Form. „Österreich hat die Impfpflicht gecancelt, das würde ich mir bei uns auch wünschen“, sagt Donhauser. Das Gesetz sei ja noch unter dem Eindruck der weitaus gefährlicheren Delta-Variante erlassen worden.

372 Briefe vom Landratsamt

Stattdessen musste das Landratsamt Ende Juni 372 Briefe an nicht geimpftes medizinisches und pflegerisches Personal im Landkreis verschicken, verbunden mit der Einladung zum ärztlichen Beratungsgespräch. Die nächste Eskalationsstufe wäre dann ein Bußgeldbescheid über 300 Euro. Wer ein Beratungsgespräch wahrnimmt und sich danach immer noch nicht impfen lassen will, müsste immerhin noch 100 Euro zahlen. Die letzte Eskalationsstufe wäre ein Betretungsverbot. „Aber das wäre ein Aderlass, den sich der Landkreis nicht leisten könnte“, sagt Donhauser. In den Krankenhäusern, Pflegeheimen und bei der ambulanten Pflege sei die personelle Situation ohnehin angespannt. Würde da noch gegen mehrere Beschäftigte eine Art Berufsverbot verhängt, „dann bricht das System zusammen“.

Dennoch hält Donhauser gerade im Pflegebereich Impfungen für absolut sinnvoll. Viele der Geimpften hätten etwa schon vor langer Zeit ihre erste Auffrischungsimpfung erhalten. „Der Immunschutz ist schon soweit abgebaut, dass es notwendig wäre, nachzulegen.“

Generell ist Donhauser mit den Impfquoten im Landkreis unzufrieden. Gerade einmal 66 Prozent aller Landkreisbewohnerinnen und -bewohner haben bis jetzt zwei Impfungen. Rund jeder Zweite hat obendrein die erste Auffrischungsimpfung, die zweite Auffrischung haben gerade einmal 2,75 Prozent erhalten. Seit Wochen stagnieren die Zahlen laut Gesundheitsamt. Wegen dieser geringen Auslastung ist auch die eigentlich festgelegte untere Kapazitätsgrenze von 750 Impfungen pro Woche bis Ende August ausgesetzt.

Doch nach Vorgaben der Staatsregierung sollen die Impfzentren bis Mitte September wieder hochgefahren werden. Das einzige Impfzentrum befindet sich derzeit in Schrobenhausen, die Suche nach einem Standort in Neuburg läuft laut Gesundheitsamt. Um gerade in den Pflegeheimen die Quote zu erhöhen, sollen die Landratsämter in Bayern bis Mitte August sogenannte Impfkümmerer benennen. Ärzte, die regelmäßig in Pflegeheimen vorstellig werden und für die Impfungen werben.

Donhauser rechnet mit Rückkehr der Maskenpflicht

Im Herbst rechnet Donhauser mit einem weiteren Anstieg der Infektionen. Bisher sind die Krankenhäuser anders als vor einem Jahr nicht voller Corona-Patienten, und es gibt viel mehr Immunisierte. Momentan ist eher die Zahl der Ansteckungen auch beim medizinischen und pflegerischen Personal das Problem. „Wenn sich die Situation in den Krankenhäusern verschlechtert, dann wird man Instrumente wie die Ausdehnung der Maskenpflicht in Innenräumen wieder einsetzen“, sagte Donhauser. „Die Rückkehr der Testpflicht wäre dann die nächste Eskalationsstufe.“

Einen erneuten Lockdown hält Donhauser für ausgeschlossen. „Dieses grobe Instrument hat ausgedient.“ Ein Lockdown bedeute schließlich eine enorme Grundrechtseinschränkung. Die Inzidenzen seien zwar deutlich höher als vor einem Jahr und angesichts der niedrigen Testbereitschaft könne man davon ausgehen, dass die Zahl der tatsächlich Infizierten mindestens doppelt so hoch wie bekannt ist. Aber die Immunisierungsquote sei auch viel höher und Omikron weniger gefährlich. Donhauser erklärte, dass er sich aber gleich im November 2020 einen zweiten harten Lockdown gewünscht hätte. „Dieser Lockdown light hat Zehntausende Tote generiert. Das war politisches Versagen.“

DK