Nachhaltigkeitsgespräche
Das Publikum bringt die Würze rein

Bei Teil drei stehen Alternativen zu Kies- und Sandabbau im Fokus

02.06.2022 | Stand 22.09.2023, 22:40 Uhr

Das dritte Nachhaltigkeitsgespräch: Dem Publikum stellten sich unter der Moderation von Bernhard Mahler (von rechts) diesmal Oliver Blask und Hendrik Gründler. Foto: S. Hofmann

Von Sebastian Hofmann

Neuburg – Dass dieses Thema den Menschen unter den Nägeln brennt, wurde durch die Zuhörer so richtig deutlich: Beim dritten Teil der Neuburger Nachhaltigkeitsgespräche standen Alternativen zum Kies- und Sandabbau in der Region im Fokus. Und obwohl wieder hochkarätige Referenten auf dem Podium saßen, war es das Publikum, das die Diskussion erst so richtig in Schwung brachte.

4,4 Milliarden Tonnen Zement werden weltweit jährlich verbaut – und mehr als die Hälfte davon verbraucht mit 2,5 Milliarden Tonnen allein China, Indien landet mit 300 Millionen Tonnen auf Rang zwei. „Da sieht man mal, welches Ungleichgewicht in der Welt herrscht“, stellte Oliver Blask, Professor für Bauchemie und Baustofftechnologie am Neuburger Campus der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI), fest. Der Fachmann nannte weitere Zahlen, die dem Publikum die Augen öffnen sollten: So verbrauche jeder Mensch rechnerisch 18 Kilogramm Sand pro Tag, die Vereinten Nationen führen den Rohstoff deshalb in Bezug auf das Handelsvolumen als zweitwichtigstes Gut weltweit nach Wasser.

Blask verdeutlichte, dass es zunehmend ein Problem sei, wenn es in Ländern mit wenig Ressourcen einen Bauboom gebe, diese würden dann nämlich ihre Nachbarn ausbeuten. Die Nachfrage nach Sand gehe so weit, dass in Indien ein Abbauverbot herrsche, weil Flussbetten ausgebaggert seien. Vielmehr trage man dort bereits Berge ab und breche deren Gestein. „In Deutschland haben wir zum Glück reichlich Ressourcen“, so der Professor. Aber es gebe einen berechtigten Interessenkonflikt um die Flächen. „Wir haben Häuslebauer, Landwirtschaft und die Abbaubetriebe, die alle dieses Land wollen, aber es ist ja nur ein Mal da.“

Welche Folgen diese Interessenskonflikte haben, erklärte Hendrik Gründel, Verantwortlicher für die Qualitätssicherung des Betons bei den Märker-Werken in der Region und Experte für Recycling-Beton. Aus seiner Zeit bei einem früheren Arbeitgeber wusste er zu berichten, dass die Genehmigungsverfahren für neue Abbaugebiete oft Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Unisono sprachen sich die beiden Experten für den vermehrten Einsatz von Recycling-Beton aus, um Ressourcen zu schonen.

Beim sogenannten R-Beton handelt es sich um alten, gebrochenen Beton, der unter anderem als Gründung für den Straßenbau wiederverwendet wird. Nach Ansicht von Blask sollte dieser Rohstoff aber auch vermehrt im Hochbau genutzt werden, was in Deutschland aber nicht der Fall sei. „Wir sind zu sehr durch die Investitionskosten getrieben. Es muss immer nur billig, billig, billig sein“, sagte er, auch Bezug nehmend auf den Nachhaltigkeitsgedanken. Wie Gründel bestätigte, heißt Reclycling-Beton nicht, dass dieser günstiger zu beziehen ist als frischer Beton – im Gegenteil. „Nein, er ist aufwendig aufbereitet und das kostet Geld.“

Moderator Bernhard Mahler versuchte durch seine Fragen immer wieder, die Diskussion auf die Region und die hier herrschenden Probleme und Aufgabenstellung zu leiten. Die Experten blieben größtenteils jedoch sehr allgemein - was alles andere als uninteressant war, dem Titel der Veranstaltung aber nicht unbedingt Rechnung trug. Das änderte sich, als die Zuhörerschaft, in der zahlreiche Unternehmer aus einschlägigen Gewerben vertreten waren, früher als bei den beiden ersten Gesprächsrunden die Diskussion eröffneten, phasenweise sogar an sich rissen.

Vertreter der ansässigen Abbau-Unternehmen Rathei und Schimmer berichteten, dass die Herstellung von Recycling-Beton mit zu ihrem Geschäft gehört, aber gar nicht genug Ausgangsmaterial da sei, um die Nachfrage zu bedienen. Dies bestätigte ein anwesender Bauunternehmer: „Der Wettbewerb zu Straßenbau ist aber da. Es gibt nicht genug Recycling-Beton.“ Immerhin nannte Unternehmer Hans Rathei einen guten Grund, in der Region vermehrt auf den aufbereiteten Rohstoff zu setzen: „Wir sparen uns dadurch den Juraschotter.“

DK